Hafenstadt Dor: Antikes Handelszentrum im heutigen Israel

Die Ladungen dreier Schiffswracks geben Aufschluss auf den Handelsverkehr einer Hafenstadt in der Eisenzeit. Ausgerechnet unter israelitischer Herrschaft ging dieser nieder.
Von Israelnetz

TEL DOR (inn) – Der antike Stadtstaat Dor an der Küste des Karmelgebirges diente in der Eisenzeit als Handelszentrum. Das geht aus den Ladungen von drei Schiffswracks hervor, die in der dortigen Lagune entdeckt wurden. Archäologen haben sie untersucht. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten Wissenschaftler der Universität Haifa mit Kollegen aus Tel Aviv, dem zyprischen Nikosia und San Diego im US-Bundesstaat Kalifornien in dem Fachmagazin „Antiquity“.

Die Forschungsergebnisse beziehen sich auf die Zeit vom 11. bis 7. Jahrhundert vor Christus. Die Untersuchungen zeigen einen Wechsel zwischen einer Blütezeit, einem Niedergang und einem neuerlichen Aufschwung. Der Niedergang ereignete sich während der Zeit des israelitischen Königreiches.

Vor der untersuchten Epoche, in der Spätbronzezeit, war der Handel in der Stadt südlich von Haifa zusammengebrochen. Um das Jahr 1200 erholte er sich wieder. Handelsnetze zwischen Ägypten, Zypern und der Levante wurden ausgeweitet bis zu zentral- und westlichen Mittelmeergebieten.

Foto: Marko Runjajić
Der Fundort liegt südlich von Haifa in der Tantura-Lagune

Die drei Wracks wurden in der Lagune der einstigen Hafenstadt Dor entdeckt, die auch als Tantura-Lagune bekannt ist. Dass die Gegenstände auf dem Hafenboden angehäuft waren, deutet für die Archäologen darauf hin, dass es sich jeweils um Teile einer bestimmten Schiffsladung handelt.

Hinzu kommt, dass viele vollständig erhaltene und wiederherstellbare Gefäße entdeckt wurden. Das spricht gegen die Annahme, sie könnten im Hafenbecken entsorgt worden sein. Die Ladungen aus drei Epochen beziehungsweise Teile davon bezeichnen die Archäologen als Dor M, Dor L1 und Dor L2.

Neue Handelsbeziehungen

Die älteste Teilladung aus der Lagune ist Dor M. Sie wurde in den 1980er Jahren gefunden und durch zwei vollständige und zwei teilweise erhaltene Vorratskrüge identifiziert. Anfangs maßen Archäologen den Fund der Spätbronzezeit zu. Doch mittlerweile wird er in die Eisenzeit I datiert. Denn an dem Fundort häufte sich Keramik von einem seltenen Typ dieser Epoche. Das erhöht nach Einschätzung der Wissenschaftler sehr die Wahrscheinlichkeit, dass die Schiffsladung der Eisenzeit zuzuordnen ist.

Im 11. Jahrhundert knüpfte Dor neue Handelsbeziehungen mit Ägypten und Zypern. Darauf deuten zahlreiche ägyptische Gefäße hin, die bei einer Ausgrabung an Land auf dem Tel Dor gefunden wurden. Der altägyptische Reisebericht von Wenamun erwähnt den Heldenmut der sikulischen, also von Sizilien stammenden Bewohner der antiken Hafenstadt. Er nennt Dor als wichtigen Punkt der Handelsroute zwischen Ägypten und dem phönizischen Kernland.

Der Wohlstand wirkte sich archäologischen Erkenntnissen zufolge auf die Bautätigkeit aus: Monumentale Strukturen entstanden an der Südbucht von Dor.

Niedergang unter israelitischer Herrschaft

Die zweite untersuchte Ladung, Dor L1, datieren die Forscher ins späte 9. oder frühe 8. Jahrhundert – also in die Eisenzeit IIB. Zu ihr gehören drei komplett und mindestens zehn teilweise erhaltene Krüge im phönizischen Stil. Wissenschaftler unterzogen einen Traubenkern der Radiokarbonmethode. Damit konnten sie den Zeitraum auf die Jahre zwischen 810 und 775 bestimmen.

In der betreffenden Zeit war Dor vom Königreich Israel beherrscht. Ausgrabungen an Land brachten Zeichen für den schon erwähnten Niedergang hervor. So gab es einen Baustopp bei der monumentalen Architektur. Zudem gingen die Importe aus Ägypten und Zypern stark zurück. Doch der Seehandel kam nicht völlig zum Erliegen. Die Frage, warum sich der Niedergang ausgerechnet in dieser Zeit ereignete, erörtern die Archäologen indes nicht.

Assyrisch regulierter Aufschwung

Die dritte Ladung, Dor L2, datierten Wissenschaftler ursprünglich in die persische Zeit (etwa 540–330). Ausschlag dafür gaben für diese Epoche typische Amphoren mit Korbhenkeln. Doch neuere Ausgrabungen ergaben, dass sich zwei Sätze von Ladungen aus unterschiedlichen Epochen teilweise überlappten.

Mittlerweile ordnen Archäologen Dor L2 den Imperien der Assyrer und möglicherweise auch der Babylonier zu – und damit in die Eisenzeit IIC. Der Stadtstaat fiel 733 vor der Zeitrechnung unter assyrische Herrschaft. Vermutlich ging er nach dem Jahr 605 in babylonische Kontrolle über.

Unter assyrischer Verwaltung erlangte Dor den Wohlstand und den Status als Handelsstadt wieder. Die Herrscher bemühten sich bewusst, Beziehungen zu anderen Ländern mittels Seepolitik zu regulieren. Ein Beispiel dafür ist der Handel mit Ägypten unter Sargon II. im 8. Jahrhundert.

Die Stadt wurde in dieser Zeit befestigt, offenbar wurde neue Bevölkerung dort angesiedelt. Ein neues Fluttor mit Bauelementen im assyrischen Stil sowie Keramikfunde zeugen davon.

Foto: Universität Haifa
Die antike Stadt Dor

Bislang haben Archäologen nur die oberste Schicht der Überreste von drei Schiffsladungen untersucht. Sie rechnen mit weiteren Erkenntnissen zu Handel und Außenbeziehungen der Stadt Dor in der Eisenzeit. (eh)

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Eine Antwort

  1. Der Gund der drei historischen Schiffe und die dazugehörige Ladung sind sehr gut, weil sie Zeugen der Vergangenheit sind.

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