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Glosse: Was Fußball und israelische Politik verbindet

Fußballfans kennen das Prinzip: In bestimmten Phasen der Saison stehen die Spieler für den Transfer frei, dann brodelt die Gerüchteküche, und die Vereine greifen zu. Ein ähnliches Wechsel-Phänomen ist in Israel vor Neuwahlen zu beobachten – nur dass die Parteien die Politiker nicht kaufen.
Eigentor oder Volltreffer? Die Wahlen im März werden es zeigen.

Kaum hatte die Knesset in der vergangenen Woche ihre Selbstauflösung beschlossen, da wurde aus manch wilder Spekulation Wirklichkeit. Die Parteien „Avoda“ und „HaTnuah“ verbünden sich, die Vorsitzenden Jitzhak Herzog und Zippi Livni wollen sich das Premierministeramt gar nach einem Rotationsprinzip teilen. Ob sie dabei bedacht haben, dass sich in Israel die Spielzeit – Entschuldigung, die Legislaturperiode natürlich – durch vorgezogene Neuwahlen zu verkürzen pflegt?
Andere Politiker scheinen nur darauf gewartet zu haben, ihre Partei wechseln zu können. Der Siedlerführer Dani Dajan verlässt nach vielen Jahren den Likud von Regierungschef Benjamin Netanjahu und schließt sich der Partei „HaBeit HaJehudi“ (Jüdisches Haus) von Wirtschaftsminister Naftali Bennett an. Auch dieses Phänomen ist nicht neu: Livni folgte Ende 2005 dem ehemaligen Likud-Chef Ariel Scharon in dessen neugegründete Rückzugspartei „Kadima“ (vorwärts). Als diese entgegen ihrem Namen nicht mehr vorankam und abzusteigen drohte, gründete die ehemalige Außenministerin vor zwei Jahren, vor den Neuwahlen, „HaTnuah“ (Die Bewegung), mit der sie sich bis vor kurzem an Netanjahus Koalition beteiligte.
Somit gibt es einen großen Unterschied zwischen israelischer Politik und Fußball: Die sportlichen Aktivisten geben sich in der Regel mit den bestehenden Vereinen zufrieden. Ganz neu im politischen Geschäft war vor zwei Jahren der Fernsehmoderator Jair Lapid. Auch er begnügte sich für seinen Einstand nicht mit den vorhandenen Gruppen, sondern gründete die Partei „Jesch Atid“ (Es gibt eine Zukunft). Die kam prompt auf den zweiten Tabellenplatz. Allerdings büßte er als Finanzminister die zunächst sehr große Sympathie der israelischen Bevölkerung teilweise ein. Sein größtes Vorhaben, die Steuerbefreiung für Wohnungen, konnte er nicht im Netz unterbringen – sein eigener Kapitän Netanjahu blockte den Schuss und gab ihm dazu noch die Rote Karte.
Für die Knessetwahlen 2015 gibt es bereits wieder zwei neue Parteien in der israelischen Politikliga: Der frühere Likud-Wohlfahrtsminister Mosche Kahlon hat sich nach zweijähriger politischer Erhohlungspause zurückgemeldet – mit der Fraktion „Kulanu“ (wir alle). Auch der ehemalige Vorsitzende der ultra-orthodoxen Schass, Eli Jischai, hat eine Kandidatur mit einer neuen Liste angekündigt: Sie soll „Maran“ heißen, später aber möglicherweise den Namen „Jahad“ (gemeinsam) erhalten – unter anderem, falls sich Wohnungsbauminister Uri Ariel zum Beitritt entschließt. Derzeit vertritt er die „Tekumah“-Fraktion der Partei „HaBeit HaJehudi“.
So dürfen wir gespannt sein, wer am 17. März mit wem für welche Partei kandidieren wird – oder wer die Politikerschuhe an den Nagel hängt, wie Benjamin Ben-Elieser und die frühere Ministerin Limor Livnat. Die Kandidaten müssen sich jedenfalls anstrengen, um die von Journalisten und Bevölkerung geforderte Leistung zu erbringen. Wenn ihnen das nicht gelingt, schreiben sie bald negative Schlagzeilen oder versinken – noch schlimmer – völlig in der Vergessenheit. Dieses Schicksal teilen sie dann wieder mit den Fußballspielern.
Wie bereits vor zwei Jahren stellt sich zudem die Frage, ob die vorgezogenen Neuwahlen für Netanjahu nicht zum Eigentor werden. Auch das wird erst nach dem 17. März beantwortet.

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