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Schaul Ladany: Dem Tod zweimal davongelaufen

Das Gehen ist seine große Leidenschaft – und doch hat das Leben von Schaul Ladany so viel mehr zu erzählen. In der NDR-Dokumentation „Der Lauf seines Lebens“ berichtet der 84-jährige Israeli vom Holocaust, dem Olympiaattentat 1972 in München und dem Glück, das ihn nie im Stich ließ. Eine Filmkritik von Martin Schlorke
Läuft auch im Alter von 84 Jahren noch Marathons: Schaul Ladany

„Um im Holocaust zu überleben, braucht man nicht nur einmal Glück. Man braucht es andauernd.“ So eine „sehr lange Glücksträhne“ hatte Schaul Ladany, wie er selbst sagt. Die NDR-Dokumentation „Der Lauf seines Lebens – wie Schaul Ladany zweimal dem Tod entging“ zeichnet das Leben des Spitzensportlers nach. Ein Leben, das mehr als nur einmal auf der Kippe stand.

Im April 1936 geboren, erlebte Ladany früh in seiner Kindheit die Schrecken des Nationalsozialismus. Nach einem Bombenangriff auf seine Heimatstadt Belgrad floh die Familie Ladany nach Budapest. Doch der Krieg erreichte auch die heutige Hauptstadt Ungarns sehr bald. Die gesamte Familie wurde in das Konzentrationslager Bergen-Belsen bei Celle deportiert. Im Alter von acht Jahren habe er das erste Mal in seinem Leben Glück gehabt, sagt Ladany in der Dokumentation. Er entkam, anders als 28 seiner Familienangehörigen, „der Hölle“.

Seine Leidenschaft, das Gehen, brachte Ladany zum zweiten Mal in seinem Leben in Gefahr. Was in seiner Kindheit als „Spiel“ gegen andere begann, führte ihn über viele tausend Trainingsstunden und -kilometer zu den Olympischen Spielen – erst 1968 nach Mexiko und vier Jahre später nach München. Dort stand er als mehrmaliger Sieger von 50-Meilen-Rennen und als Weltmeister der Geher über 100 Kilometer an der Startlinie. Anders als elf israelische Sportler überlebte er die Geiselnahme der palästinensischen Terroristen.

„Sieger geben nicht auf“

Der NDR begleitet Ladany an mehrere Stationen seines Lebens. Für die Dokumentation kehrt er ins Olympiastadion und ins olympische Dorf nach München zurück oder erzählt auf einer Zugfahrt nach Hannover vom Konzentrationslager. Es mache ihm nichts aus, über München und den Holocaust zu sprechen, sagt er. Anders als viele andere könne er das, auch wenn er es nicht sonderlich mag. Viel lieber erzählt er von seinen mehr als 2.000 Medaillen und 800 Pokalen. An die meisten Wettkämpfe könne er sich noch erinnern – und wo das Gedächtnis Lücken habe, wüssten seine Beine Bescheid.

Aufgeben war für Ladany nie eine Option. „Sieger geben nicht auf. Wer aufgibt, kann nicht gewinnen“, sagt er mit einem Lächeln. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er parallel zu den Dreharbeiten den Tel-Aviv-Marathon läuft – natürlich über die volle Distanz.

Den Filmemachern gelingt es, die schrecklichen Erlebnisse eines Holocaust- und Attentatsüberlebenden eindrucksvoll nachzuerzählen. „Der Lauf seines Lebens – wie Schaul Ladany zweimal dem Tod entging“ ist eine wertvolle Dokumentation der Erinnerung. Daneben zeigt der Film auf anschauliche Weise auf, wie Ladany für das Überleben steht. Er selbst sagte dieses Jahr bei einer Gedenkveranstaltung im niedersächsischen Landtag: „Ich stehe hier nicht für die sechs Millionen Toten. Ich stehe hier für die 12 Millionen Lebenden. Ich kann Ihnen nur die Geschichte der Überlebenden erzählen. Die grausamen Geschichten sind die der Opfer.“ Und so trainiert Schaul Ladany nahezu jeden Tag und jeder einzelne Schritt ist ein Sieg über seine Feinde.

Zu sehen ist die Dokumentation in der NDR-Mediathek.

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