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Mit Ultra-Orthodoxen den Seelenpartner finden

In Israel findet die deutsche Moderatorin Charlotte Roche auf der Suche nach „Liebesritualen“ den Glauben der Ultra-Orthodoxen an den Seelenpartner. Gerade bei den Haredim sieht sie interessante Anregungen für deutsche Beziehungen. Eine Rezension von Michael Müller
Charlotte Roche spricht in der Arte-Dokumentation „Love Rituals“ auch mit dem ultra-orthodoxen YouTuber Melech Silberschlag

Auf ihrer Reise um die Welt hat die deutsche Moderatorin und Bestseller-Autorin Charlotte Roche („Feuchtgebiete“, „Schoßgebete“) für den Sender Arte Liebesrituale und Beziehungsmodelle in Israel beobachtet. Wer angesichts ihrer freizügigen Skandalbücher Schlüpfrigkeiten befürchtet, wird angenehm überrascht: Ein Großteil der 44-minütigen Episode der Reihe „Love Rituals“ (Liebesrituale), die am 28. August läuft, widmet Roche nämlich dem jüdischen Glauben an den „Baschert“, also den Seelenpartner.

Schon als sie mit ihrem israelischen Begleiter Janai Himmelfarb eine Dating-App ausprobiert, ist die erste Angabe bei der Anmeldung nicht der Beziehungsstatus, sondern die Religion. Israelis tragen ein, ob sie orthodox sind oder Bereitschaft zeigen zu konvertieren. Der ultra-orthodoxe YouTuber Melech Silberschlag führt Roche in das Dating-System der Haredim ein. Er erklärt ihr, dass „Baschert“ das Wort für eine geglückte Verkupplung sei. Dann zitiert er seine Mutter: „Überall auf der Welt heiraten die Menschen, weil sie sich lieben. Nur die Orthodoxen lieben sich, weil sie geheiratet haben.“

„Ich glaube daran, dass es etwas Göttliches gibt, was die Menschen zusammenführt. So steht das auch in unseren Schriften“, erzählt eine Kupplerin für Ultra-Orthodoxe. Ob der Gedanke des von Gott vorherbestimmten Seelenpartners das moderne Israel beeinflusst, lässt Roche auch mit einem einsamen Klezmer-Spieler, einer säkular lebenden Israelin mit streng religiösen Eltern und einer Mutter und einem Vater reden, die zwar ein gemeinsames Kind haben, aber kein Paar sind.

„Baschert“ würde Deutschland auch gut tun

Roche zeigt sich vor allem von der Religiosität der Israelis beeindruckt. Zur Kupplerin sagt sie: „Da wo ich herkomme, glauben wir an diese Dinge nicht.“ Roche sagt das mit einem Bedauern und sieht die Oberflächlichkeit ihres deutschen Umfelds. Gerade der Glaube an den „Baschert“ rührt sie an; so etwas fehle ihr in Deutschland. Etwas naiv klingt wiederum ihre Beobachtung, dass es ein Alleinstellungsmerkmal des Judentums sei, dass Beten Dinge verändern und bewegen kann. Das würde sie auch in einer heimischen Kirchengemeinde finden. Umso leidenschaftlicher beschreibt Roche aber die rhythmischen Betbewegungen der Gläubigen an der Klagemauer wie eine „flackernde Flamme einer Kerze, die das Herz erleuchtet“.

Beten für den eigenen Seelenpartner am Grab des Rabbiners Jonathan Ben Usiel in Amuka Foto: Florianfilm
Beten für den eigenen Seelenpartner am Grab des Rabbiners Jonathan Ben Usiel in Amuka

Sehenswert ist die Episode „Love Rituals“ auch wegen Roches Besuch in Amuka, einem kleinen Ort im Norden des jüdischen Staates. Jedes Jahr pilgern am Feiertag TU BeAv Hunderte heiratswillige Juden hier her. Dort befindet sich das Grab des Rabbiners Jonathan Ben Usiel, der lebenslang Junggeselle blieb. Vor seinem Tod bereute er aber die Entscheidung, sein Leben nur mit Gott und nicht auch mit einer Frau geteilt zu haben. Die Reue brachte ihn zum Versprechen, dass jeder Pilger, der zu seinem Grab kommt, seinen Seelenpartner finden wird.

Allein, um diese Geschichte einmal zu hören und die Menschen dort beten und über ihr Schicksal reden zu sehen, lohnt schon der Blick in den Beitrag. Die Episode funktioniert auch so gut, weil sich Roche als Persönlichkeit dabei angenehm zurücknimmt und einfach interessante Menschen von ihrem Leben erzählen lässt. In den weiteren Folgen bereist sie Japan, Kenia, die USA und Schottland.

„Love Rituals“, 44 Minuten, Arte, 28. August 2019 um 22.25 Uhr; anschließend in der Arte-Mediathek zeitlich begrenzt verfügbar.

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