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Auf Dein Wohl, Israel!

Es sind die kleinen Gesten, die eine Freundschaft ausmachen: Aus Anlass des 70-jährigen Staatsjubiläums haben der Deutsche Cornelius Faust und der Israeli Ori Sagy gemeinschaftlich ein Bier gebraut. Es ist auch deshalb ein besonderes Getränk, weil die Zutaten aus beiden Ländern stammen.
Cornelius Faust testet das Freundschaftsbier in seiner Brauerei im fränkischen Miltenberg

Die deutsch-israelische Freundschaft mundet fruchtig. Das irritiert für einen kurzen Moment, weil Bier meistens eher herb, würzig oder kernig schmeckt. Danach rinnt es aber herrlich erfrischend die Kehle herunter. „Die fruchtige Note kommt über die Hefe“, erklärt Cornelius Faust. Er ist Mitinhaber und Biersommelier des Brauhauses Faust im fränkischen Miltenberg. Im Mai braute er das Bier gemeinschaftlich mit dem Israeli Ori Sagy in Israel. „Man schmeckt den Rohweizen. So hat es vielleicht sogar einen vollmundigeren Charakter als unser Bier bekommen“, beschreibt es der Kenner. Das Getränk trägt den schlichten Namen „70“ – benannt nach dem 70. Geburtstag des Staates Israel. Die fruchtige Note und der vollmundige Charakter passen zur Feierlichkeit des Datums. Der außergewöhnliche Geschmack unterstreicht aber auch die Besonderheit der deutsch­israelischen Freundschaft.

Die Idee für das Freundschaftsbier hatte die Deutsche Botschaft in Tel Aviv. Deren Kulturabteilung stieß zum 70. Geburtstag des Staates Israel verschiedene Projekte an. Neben einem Workshop für deutsch-israelische Musiker gab es auch den Plan für ein gemeinsam gebrautes Geburtstagsbier. Die Mitarbeiter sprachen den Israeli Sagy von der Alexander-Brauerei in der Emek-Hefer-­Region an. „Er hat auch gleich gesagt, dass er das gerne mit mir machen würde“, erzählt Faust, der Sagy damals noch nicht persönlich kannte und daher von der Anfrage überrascht war.

Die Zusammenarbeit kam über den Geschmack: Beim alljährlichen europäischen Biergipfel konkurrieren Brauereien im internationalen Wettbewerb um Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen. „Das ist der bedeutendste Bier-Wettbewerb auf dem europäischen Kontinent“, erzählt Faust. Eines der Biere, das Sagy eingereicht hatte, gewann einen Preis. Bei der Verleihung verkostete er auch Gewinner-­Biere aus anderen Kategorien. Darunter war ein Bier des Brauhauses Faust. „Sagy war beeindruckt“, erinnert sich Faust.

Cornelius Faust (r.) und Ori Sagy haben sich persönlich erst beim Brauen in Israel kennengelernt Foto: Deutsche Botschaft Tel Aviv/Omri Meron
Cornelius Faust (r.) und Ori Sagy haben sich persönlich erst beim Brauen in Israel kennengelernt

Gottes Gegenwart in Begegnungen

Für Faust war das gemeinsame Brauen eine Horizonterweiterung. Das Land stand auf seiner Reise-Wunschliste, doch bisher war es noch nie zu einem Besuch gekommen. „Es ist etwas ganz Besonderes, wenn man dann mit einem persönlichen Bezug dorthin fahren kann“, sagt Faust. Das gilt auch im Hinblick auf seinen Glauben, wobei er mit Reliquien- und Ortsfrömmigkeit wenig anfangen kann: „Ich erlebe Gottes Gegenwart hauptsächlich in Begegnungen.“ Trotzdem beeindruckte ihn Jerusalem nachhaltig, schon allein um die geografischen Anordnungen biblischer Geschichten nachvollziehen zu können.

„Ich bin überzeugter Christ“, sagt der Bayer, der als katholischer Christ aufwuchs, aber mittlerweile der Evangelischen Kirche angehört. Das hat mit der Liebe zu seiner Ehefrau zu tun, weil Paare letztlich an der konfessionellen Aufspaltung leiden. Er brenne aber nach wie vor für die Ökumene. „Auch hier muss man Gräben überwinden“, sagt Faust. „Glaube soll die Menschen zusammenführen und heil machen und nicht verletzen.“

Im Gegensatz zum Wein wird der braune Gerstensaft in der Bibel stiefmütterlich behandelt. Die Israeliten begannen Bier erst im Babylonischen Exil zu schätzen, als einige jüdische Gelehrte anerkannte Braumeister wurden. Archäologen fanden indes erst in diesem September die älteste Bierbrauerei der Menschheit auf israelischem Boden. In einer Höhle des Karmelgebirges südlich von Haifa hatte die Kultur der Natufien vor 13.000 Jahren Spuren eines Bierbrauprozesses zurückgelassen.

Der israelische Brauer Sagy glaubt an die verbindende Kraft des Bieres Foto: Israelnetz/Michael Müller
Der israelische Brauer Sagy glaubt an die verbindende Kraft des Bieres

„Bier bringt Menschen zusammen“

Faust hatte bereits mit zwei amerikanischen Brauereien gemeinsam gebraut. Da sei es aber hauptsächlich um den Erfahrungsaustausch gegangen. In Israel habe neben dem Austausch die Botschaft der Völkerverständigung im Mittelpunkt gestanden. „Es ist 70 Jahre nach der Scho‘ah keine Selbstverständlichkeit, dass in Israel ein deutscher und ein israelischer Braumeister zusammen brauen“, sagt Faust. Sagy sei da aber ganz offen gewesen. „Auch innerhalb des Landes ist er einer, der die Völker verbinden will und das Bier über Grenzen hinweg als Botschaft versteht.“ Bier sei ein so schönes Produkt, das man genießen könne und das Menschen zusammenbringe.

„Die Freundschaft unter Deutschen und Israelis ist bekannt. Das ist keine wirkliche Nachricht. Ich will nach vorne schauen und daran glauben, dass auch die Freundschaft in dieser Region schneller entstünde, wenn die Menschen im Nahen Osten mehr Bier trinken würden“, befand Sagy laut der Online-Zeitung „Times of Israel“ beim Anstich des Bieres im Juni in der Residenz des deutschen Botschafters in Herzlia. Die Eltern des ehemaligen Piloten der Luftwaffe stammen ursprünglich aus der Gegend von Georgien. Sagy beschäftigt sich schon seit über 30 Jahren mit dem Gerstensaft: Lange Zeit war es für ihn ein leidenschaftliches Hobby. Im Jahr 2008 lernte er dann offiziell das Handwerk des Braumeisters.

Auf touristischen Bestenlisten der lohnenswertesten Bierbetriebe in Israel ist die Alexander-Brauerei in der Nähe von Netanja häufig vorne dabei. Das kleine Brauhaus, das als Logo eine geflügelte Schildkröte besitzt, ist nach dem 32 Kilometer langen Fluss benannt, der sich von den Bergen in Nablus durch die Emek-Hefer­Region schlängelt. Die Schildkröte steht für die Zeit, die sich die Braumeister bei der Arbeit nehmen. Im Windschatten der beiden jahrzehntelang dominierenden Großbrauereien Tempo und Israel-Bier hat sich eine lebhafte Bierszene mit kleineren Betrieben entwickelt.

Das geflügelte Schildkröten-Emblem der Alexander-Brauerei steht für die Zeit, die sich die Braumeister bei der Arbeit nehmen Foto: Israelnetz/Michael Müller
Das geflügelte Schildkröten-Emblem der Alexander-Brauerei steht für die Zeit, die sich die Braumeister bei der Arbeit nehmen

Israelische Zutaten: Weizen und Wasser

Über das Internet spielten sich Faust und Sagy die Ideen für das Freundschaftsbier zu. Es sollte kein Getränk sein, das in das normale Sortiment wandert. Die Alexander-Brauerei stellt hauptsächlich relativ leichte Ales nach britischer Brauweise her. Deutschland assoziierte Sagy stark mit den Lager- und Fest­bieren, wie es sie auf dem Oktoberfest gibt. „Israel hat selbst keinen Braugerstenanteil, keine Mälzereien und auch keinen Hopfen“, sagt Faust. Deswegen werden die Zutaten für gewöhnlich importiert. Beim Freundschaftsbier sind das Malz und der Hopfen aus Deutschland geliefert worden. Da das Bier nicht dem deutschen Reinheitsgebot entsprechen musste, haben die beiden Braumeister auch einen gewissen Anteil israelischen Weizens hinzugegeben.

Auch das Wasser stammte aus Israel. „Wasser ist in Israel ein ganz besonderes Gut und muss letztlich erst einmal komplett aufbereitet werden“, sagt Faust. Auf diese Weise sei das 70-jährige Staatsjubiläum in die Produkte eingeflossen. Für den Brauprozess flog Faust im Mai nach Israel. Morgens um 9 Uhr begutachteten beide Braumeister die Rohstoffe noch einmal genau. „So ein Sud dauert, bis er dann abends abgekühlt ist und in die Gärung übergeht“, sagt Faust. „Da muss man schon mit acht Stunden rechnen.“

In der Alexander-Brauerei in der Nähe von Netanja haben Faust (l.) und Ori Sagy zusammengearbeitet Foto: Deutsche Botschaft Tel Aviv/Omri Meron
In der Alexander-Brauerei in der Nähe von Netanja haben Faust (l.) und Ori Sagy zusammengearbeitet

Die fruchtige Note des Freundschaftsbieres ist auf einen kritischen Aspekt des Prozesses zurückzuführen. Sagy besitzt kein Labor, um Hefe selbst kultivieren zu können. „Wir haben hier mit einer Trockenhefe gearbeitet. Da gibt es eigentlich auch hervorragende Produkte“, erklärt Faust. Trockenhefe besitze allerdings ein anderes Aromaprofil. Es war der einzige Kompromiss, mit dem er aufgrund der zur Verfügung stehenden Zeit nicht ganz zufrieden war. Letztlich ist es aber gerade diese Lösung, die den besonderen Geschmack des Bieres ausmacht.

Nach dem feierlichen Anstich in Israel produzierte Sagy noch zwei weitere Sude mit dem Freundschaftsbier. Ein Sud umfasst ungefähr 2.000 Liter, also 6.000 Flaschen. Das spricht für die Nachfrage dieses speziellen Bieres. Bis Ende 2018 sollen die bescheidenen Vorräte in der Alexander-Brauerei noch reichen. Online kann es nur innerhalb Israels bestellt werden.

Mit dem Freundschaftsbier ist Faust hochzufrieden. Natürlich sei es inzwischen schon einige Monate alt. „Bier soll frisch getrunken werden“, weiß Faust. Es sei aber ein markantes Festbier geworden, das richtig gut mit den sonstigen Produkten seiner Brauerei mithalten könne. Für Faust steht fest: Das nächste Mal möchte er seine Ehefrau mit nach Israel nehmen. Und Sagy sieht er schon im November wieder – auf der Brau-Beviale, einer Biermesse in Nürnberg.

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 6/2018 des Israelnetz Magazins. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/5667752, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online.

Von: Michael Müller

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