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Der Weg deutscher Marken nach Israel

Der jüdische Staat ist für deutsche Firmen kein Markt wie jeder andere – doch mittlerweile sind Marken aus Deutschland dort sehr erfolgreich. Wie es dazu kam, zeigt die Ausstellung „Made in Germany – Deutsche Marken in Israel“, die derzeit in Bergisch Gladbach zu sehen ist.
1981 werden 1.100 Mercedes-Busse im Hafen von Haifa in Empfang genommen

BERGISCH GLADBACH (inn) – Dass deutsche Marken und Produkte heute in Israel reichlich vertreten sind, ist aufgrund der Geschichte nicht selbstverständlich. Bis es soweit war, vergingen Jahrzehnte. Der Prozess reichte von schroffer Ablehnung über Duldung bis zur letztlichen Akzeptanz.

Eine Ausstellung in Bergisch Gladbach widmet sich derzeit diesem Thema. Unter dem Motto „Made in Germany – Deutsche Marken in Israel“ zeigt sie die einzigartige Erfolgsgeschichte der deutsch-israelischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen am Beispiel bekannter Marken und Unternehmen. Dabei informiert sie die Besucher in vier Abschnitten: Anfänge, Gemischte Gefühle, Akzeptanz und Partnerschaft. Die Anfänge reichen zurück bis zur Präsenz deutscher Marken im damaligen Osmanischen Reich und späteren britischen Mandatsgebiet Palästina vor der Machtergreifung Hitlers. Text- und Bildtafeln werden durch historisches Filmmaterial ergänzt.

„Es ist eine Geschichte von kaufmännischem Geschick und gefühlsgeladener Spannung, von Empathie und Missverständnis, vom dauernden Navigieren zwischen wirtschaftlichem Kalkül, politischem Druck und menschlichen Emotionen“, schreiben die Präsidentin der Deutsch-Israelischen Wirtschaftsvereinigung Hildegard Müller und der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hellmuth Königshaus in einer Infobroschüre zur Ausstellung.

Führte durch die Ausstellung: Grischa Alroi-Arloser, Geschäftsführer der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer Foto: Israelnetz/Dana Nowak
Führte durch die Ausstellung: Grischa Alroi-Arloser, Geschäftsführer der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer

Eröffnet wurde die Ausstellung am Mittwoch unter anderem vom Geschäftsführer der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, Grischa Alroi-Arloser. Er erinnerte anhand von Beispielen daran, dass Israel nach dem Holocaust zunächst nichts mehr mit Deutschland zu tun haben wollte. So habe in den ersten israelischen Pässen gestanden, „dieser Pass ist gültig für alle Länder dieser Welt mit Ausnahme Deutschlands“. Als Erich Kästners Buch „Pünktchen und Anton“ ins Hebräische übersetzt wurde, sei die Handlung von Berlin nach Bern verlegt worden, „weil man seinen Kindern in Israel nichts über Berlin vorlesen wollte“, sagte Alroi-Arloser.

Heute sei das anders. Auf dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv prangten große Werbeplakate des Sonnenbrillenlabels „Carolina Lemke Berlin“. Doch den Hersteller gibt es in Deutschland nicht. Es ist ein israelisches Unternehmen, das mit Berlin wirbt, weil die Stadt mittlerweile so beliebt bei Israelis sei. Diesen Weg, von absoluter Ablehnung bis hin zu Etikettenschwindel durch Werbung mit deutschen Namen, versuche die Ausstellung nachzuzeichnen.

FDP-Chef Lindner: Produkte belegen gelungene Aufarbeitung

Unter den Rednern war zudem FDP-Chef Christian Lindner. Er verwies darauf, dass sowohl Adolf Hitler also auch Reichsführer SS Heinrich Himmler Mercedes fuhren und der Volkswagen von Hitler selbst in Auftrag gegeben worden war. Dass deutsche Marken auf einem israelischen Markt Erfolge erzielt haben, sage viel mehr aus als nur, dass gute Produkteigenschaften zu diesem Erfolg führten, sagte Lindner. „Es sagt auch nichts aus über vertrieblerische Fähigkeiten, sondern das ist ein Beleg dafür, dass das israelische Volk willens und in der Lage war, über Jahrzehnte dem Volk der Täter, der Todfeinde und Mörder wieder die Hand zu reichen.“

Während in den 1960er und 70er Jahren die deutsche Herkunft von Marken verschwiegen und als europäisch angegeben wurde, sei in den 80er und 90er Jahren offener mit deutschen Produkteigenschaften und Werten geworben worden. Dies sei „nicht nur ein Zeichen für die Bereitschaft unserer israelischen Partner, zu Kooperation zurückzufinden, sondern es ist auch ein Beleg dafür, dass im Deutschland nach 1949 die Aufarbeitung unserer Geschichte und die Übernahme von Verantwortung für diese Geschichte gelungen ist“.

Er sei in diesem Jahr zum ersten Mal in Israel gewesen, erzählte Lindner. Besonders Tel Aviv mit seiner kulturellen Vielfalt und dem vibrierenden Innovationsgeist habe ihn fasziniert. Seiner Ansicht nach könne Deutschland von Israel mindestens zwei Dinge lernen: Zum einen die Bereitschaft, unternehmerische Wagnisse einzugehen. Der FDP-Politiker zitierte dazu den früheren israelischen Präsidenten Schimon Peres: „Wir haben keine Ressourcen, also müssen wir uns unseres Verstandes bedienen und etwas wagen.“ Diese Worte könnten auch ein Ansporn für Deutschland sein, das in eine gewisse Wohlstandsstagnation geraten sei.

War in diesem Jahr zum ersten Mal in Israel: FDP-Chef Christian Lindner Foto: Israelnetz/Dana Nowak
War in diesem Jahr zum ersten Mal in Israel: FDP-Chef Christian Lindner

„Israelische Lebensfreude nach Deutschland holen“

Beeindruckt habe ihn in Israel die „komprimierte Lebensfreude“, in einem Staat mit dieser Geschichte, mit durchaus auch ökonomischem Problemen, mit Bedrohung durch Terror und Krieg. Deutschland lebe umzingelt von Freunden, sei ein hochentwickelter Sozialstaat mit enorm viel Kapital, und „trotzdem ist die Stimmung bei uns immer moll“. „Lasst uns ein bisschen von der israelischen Lebensfreude nach Deutschland holen“, appellierte Lindner.

Die Ausstellung wird im Rahmen der „Deutsch-Israelischen Kulturtage Bergisch Gladbach 2018“ gezeigt. Sie ist noch bis zum 25. November im Bocker Saal, Wirtshaus am Bock, Bergisch-Gladbach zu sehen. Veranstalter sind die Deutsch-Israelische Gesellschaft und die Deutsch-Israelische Wirtschaftsvereinigung.

Wanderausstellung zur Geschichte Israels

Parallel ist eine zweite Ausstellung zur jüdischen Geschichte im Land Israel zu sehen. Auf bebilderten Infotafeln und anhand von Landkarten wird die Geschichte Israels erklärt: Von Abraham bis zur Gegenwart, von der Entwicklung des jungen Staates als Pioniergesellschaft zur Start-up-Nation. Themen sind unter anderem der UN-Teilungsplan, die arabischen und jüdischen Flüchtlinge und „40 Jahre Friedensprozess“ mit Auszügen aus Reden des damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat und des israelischen Premiers Menachem Begin. Zudem werden „Meilensteine aus 70 Jahren Staat Israel“ aufgezeigt. Herausgeber der Wanderausstellung ist die Israelische Botschaft in Berlin.

Von: Dana Nowak

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