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Juden erinnern an vereitelte Vernichtungspläne

An Purim feiern Juden die Abwendung eines Pogroms im persischen Reich. Eine neue Ausgabe des zugrunde liegenden biblischen Buches Esther ist einem Terror-Opfer gewidmet. Eine Schriftrolle aus dem 15. Jahrhundert bereichert den Bestand der Israelischen Nationalbibliothek.
Verkleidungen sind ein wichtiges Element beim Purimfest – auch in Zeiten von Corona

„Sie wollten uns vernichten. Wir haben überlebt. Lasst uns essen.“ So fassen viele Juden spaßeshalber die jüdischen Feste zusammen. Das Purimfest etwa erinnert an die Rettung der persischen Juden vor der Vernichtung, die der Regierungsbeamte Haman plante. Dank der jüdischen Königin Esther misslang das hinterhältige Vorhaben. In diesem Jahr beginnt das Fest am Abend des 25. Februar. Wegen der Corona-Pandemie sind die gewohnten Partys in Israel nicht möglich. Über Nacht gibt es sogar eine Ausgangssperre.

Die zugrunde liegende Geschichte erzählt das biblische Buch Esther: Der Jude Mordechai lebte demnach in der persischen Stadt Susa. Seine Verwandte Esther hatte die verstoßene Ehefrau von König Ahasveros, Waschti, ersetzt. In dieser Position gelang es ihr mit viel Mut, die Pläne des Judenfeindes Haman zu vereiteln: Der Beamte hatte beim König erreicht, dass die Perser möglichst viele Juden vernichten sollten. Doch durch Esthers Einschreiten fiel er in Ungnade, der drohende Pogrom wurde abgewehrt.

Das Buch Esther wird am Fest aus einer Schriftrolle vorgelesen – „Megillat Esther“. Da sie als „die Rolle schlechthin“ gilt, trägt sie oft auch nur die Bezeichnung „Megilla“. Kinder und Erwachsene haben gleichermaßen Freude daran, bei jeder namentlichen Erwähnung des Frevlers Haman möglichst viel Krach zu machen: mit Ratschen, Tuten oder anderen Lärminstrumenten. Im Babylonischen Talmud heißt es in Traktat Megilla (4a): „Frauen sind zum Lesen der Esther-Rolle verpflichtet, denn auch sie waren an diesem Wunder beteiligt.“

Neue Ausgabe erinnert an Terror-Opfer

Eine besondere Ausgabe des Esther-Buches hat die Organisation „The Israel Bible“ unlängst herausgegeben. Sie erinnert an Esther Horgen, die am 20. Dezember in Samaria von einem palästinensischen Terroristen ermordet wurde. Der Rabbiner Tuly Weisz sammelte dafür Spenden von fast 1.000 Juden und christliche Zionisten aus aller Welt, schreibt die Zeitung „Jerusalem Post“.

Bei einem Gespräch mit dem Witwer Benjamin Horgen in der Trauerwoche erfuhr Rabbiner Weisz, dass sich die Ermordete künstlerisch betätigt hatte. Wegen des Vornamens Esther entstand die Idee einer Neuausgabe, die auch ihre Bilder enthalten sollte. Dafür verwendeten die Herausgeber eine neue englische Übersetzung des biblischen Textes von Rabbi Mordechai Gershon. Das Buch enthält auch ein Gedicht, das Esther Horgen einst nach einem Terroranschlag schrieb. Es trägt den Titel „Furcht“. Sie sprach darin über ihren Glauben an Gott. Persönliche Worte von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Reuven Rivlin sind ebenfalls enthalten. Die Einleitung stammt von Benjamin Horgen.

Das Buch ist mit Bildern von Esther Horgen illustriert Foto: The Israel Bible
Das Buch ist mit Bildern von Esther Horgen illustriert

Das Buch ist binnen drei Wochen fertig geworden – und damit rechtzeitig zu Purim. Die Herausgeber empfinden das als Wunder.

Alte Esther-Rolle an Bibliothek übergeben

Eine besonders alte Megilla hat ein Privatmann kurz vor dem Fest an die Israelische Nationalbibliothek gespendet. Sie entstand vermutlich 1465 auf der Iberischen Halbinsel. Damit handelt es sich um eine der ältesten bekannten Esther-Rollen der Welt. Geschrieben wurde sie mit brauner Tinte auf Leder. Die Schrift ist typisch für sephardische Juden. Das Museum hat die Megilla online zugänglich gemacht.

Die alte Schriftrolle ist gut erhalten Foto: Israelische Nationalbibliothek
Die alte Schriftrolle ist gut erhalten

Zusätzlich zum biblischen Text enthält das historische Dokument traditionelle Segenssprüche, die vor und nach der Lesung gesprochen werden. Dies „bestätigt die rituelle Verwendung dieser Rolle in einer iberischen jüdischen Gemeinde vor der Vertreibung“, sagte der Kurator der Judaica-Sammlung in der Bibliothek, Joel Finkelman, der Nachrichtenseite „Times of Israel“. Im Jahr 1492, also wenige Jahrzehnte nach der Entstehung der Schriftrolle, wurden Juden, die sich nicht taufen ließen, aus Spanien vertrieben. In Portugal gab es vier Jahre später einen ähnlichen Erlass.

Haman warf das Los

Einen Tag vor Purim fasten viele Juden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Königin Esther hatte nämlich, bevor sie mit ihrem Anliegen vor den persischen König trat, mit ihren Gefährtinnen gefastet und gebetet. Dadurch wollte sie sich auf ihre schwere Aufgabe vorbereiten.

Der Name „Purim“ indes lässt sich auf das hebräische Wort „pur“ zurückführen, das „Los“ bedeutet. Denn den für das Gemetzel bestimmten Tag hatte Haman durch das Los ermittelt. Dieses fiel auf den 13. Tag des Monats Adar. Durch einen neuen Erlass des Königs wurden die Juden ermächtigt, sich gegen ihre Angreifer zu wehren. In Erinnerung an diese Errettung vor der Vernichtung feiern Juden bis heute am 14. Adar das Purimfest.

In Israel wie in der Diaspora zogen und ziehen Juden an Purim immer auch aktuelle Vergleiche zur Verfolgung während der Nazizeit oder zu Pogromen. Aus der biblischen Darstellung schöpfen sie die Hoffnung, Gott möge sie in der heutigen Zeit vor Unheil bewahren. Vor bald 75 Jahren, im Oktober 1946, nahm der Herausgeber der NS-Propagandazeitung „Der Stürmer“, Julius Streicher, Bezug auf den Tod Hamans und seiner Söhne. Kurz vor seiner Hinrichtung im Rahmen der Nürnberger Prozesse sagte er: „Dies ist mein Purimfest 1946“. Die Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem zeigt in einer Onlineausstellung, wie Juden vor, während und nach der Scho’ah Purim begingen.

Verkleidungen gehören zu Purim

Eine wichtige Rolle beim Fest spielt das Verkleiden. Aus diesem Grund erinnert Purim ein wenig an Karneval oder Fasching. Viele Mädchen wählen dafür Esther, aber es gibt neben biblischen Gestalten auch Polizisten, Fantasiefiguren der Kinderliteratur oder Skelette.

Bei den Verkleidungen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt Foto: Israelnetz/mh
Bei den Verkleidungen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt

Zu den Purim-Bräuchen gehört es vor allem in ultra-orthodoxen Kreisen, möglichst viel Wein zu trinken. Der Feiernde solle nicht mehr unterscheiden können zwischen „Gesegnet sei Mordechai“ und „Verflucht sei Haman“. Eine beliebte Süßspeise sind die sogenannten „Hamantaschen“ oder „Hamansohren“. Das dreieckige Gebäck besteht aus Mürbeteig. Es kann unterschiedliche Füllungen enthalten, etwa aus Mohn, Datteln, Pflaumenmus oder Schokolade.

Von: Elisabeth Hausen

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