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Tuvia Grossman trifft Polizist, der ihn rettete

Nach 20 Jahren treffen sich ein Jude und ein Druse, der ihn seinerzeit vor einem palästinensischen Mob in Jerusalem bewahrte. Ein Foto, das mit falschen Angaben Israel in ein schlechtes Licht rückte, wirkt bis heute nach.
Das farbige Bild ist das Original, der das schwarz-weiße Ausschnitt erschien in der „New York Times“ – auch dort ist noch die israelische Zapfsäule zu erkennen

Vor 20 Jahren ging ein Bild durch die Welt, das eine Szene der „Al-Aqsa-Intifada“ zeigte: einen israelischen Polizisten mit einem Gummiknüppel und einen blutüberströmten jungen Mann. Das Besondere an diesem Foto war, dass die Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP) eine falsche Bildunterschrift mitgeliefert hatte. Und so erschien es in mehreren Zeitungen mit unrichtigen Angaben.

Die Bildunterschrift lautete: „Ein israelischer Polizist und ein Palästinenser auf dem Tempelberg“. Doch der angebliche „Palästinenser“ war ein jüdischer Student aus den USA, den der Polizist vor einem palästinensischen Mob gerettet hatte. Nachdem das Bild am 30. September 2000 in der „New York Times“ erschienen war, meldet sich dessen Vater Aaron Grossman in einem Leserbrief an die AP zu Wort: „Der Palästinenser ist in Wahrheit mein Sohn, Tuvia Grossman, ein jüdischer Student aus Chicago. Er, sowie zwei seiner Freunde, wurden während einer Fahrt durch Jerusalem durch eine Horde palästinensischer Araber aus ihrem Taxi gezerrt und unerbittlich geschlagen und schwer verwundet.“

Doch auch die Ortsangabe war falsch, wie der Vater weiter ausführte: „Das Bild kann nicht auf dem Tempelberg aufgenommen worden sein, weil es auf dem Tempelberg keine Tankstelle gibt und schon gar keine mit hebräischen Buchstaben, wie die Zapfsäule, die deutlich hinter dem israelischen Soldaten zu sehen ist, der gerade versucht, meinen Sohn vor dem Mob zu schützen.“

Student wollte an der Klagemauer beten

In der vergangenen Woche haben sich Tuvia Grossman und sein Lebensretter, der Polizist Gideon Zefadi, erneut getroffen. Arrangiert war die Begegnung von der israelischen Zeitung „Yediot Aharonot“. Die beiden tauschten Erinnerungen an den 28. September 2000 aus. Der damals 20-jährige Talmudstudent wollte mit einem Taxi zur Klagemauer fahren, um an seinem Geburtstag dort zu beten. Doch der Angriff machte dieses Vorhaben zunichte. Viele Araber waren in Aufruhr, weil der damalige Oppositionsführer Ariel Scharon den Tempelberg besuchte – in Absprache mit den muslimischen Behörden.

Bei dem Treffen erinnerte sich Grossman laut „Yediot Aharonot“: „Ich dachte, dass ich sterben werde. Ich rief ‚Schma Jisrael‘ (Höre, Israel) und begann mit letzter Kraft, nach oben zu laufen. Eines der letzten Dinge, an die ich mich erinnere, sind die Uniformen von Gideon und seinen Leuten. Da verstand ich, dass es mir gut gehen würde. Dass das der Mann ist, der mich retten wird. Der Held meines Lebens. Sie waren nur fünf, und sie schafften es, die Menge zurückzudrängen.“ Der Jude wurde ohnmächtig, aber die Polizisten brachten ihn in Sicherheit.

„Der erste Fall von BDS“

Der Grenzpolizist Zefadi erzählte 20 Jahre später: „Ich sagte meinen Leuten, dass wir die Kontrolle über die Rockefellerkreuzung übernehmen müssen. Als ich dorthin kam, stieß ich auf den Lynchversuch. Ich wusste nicht einmal, ob es ein Araber oder ein Jude war. Ich hob ihn in das Fahrzeug, vergewisserte mich, dass er in Ordnung war, und er kam ins Krankenhaus. Tausende strömten zum Tempelberg, aber wir bekamen die Sache in den Griff.“

Über die falsche Bildunterschrift hat sich der Druse geärgert: „Man hat mich als israelischen Polizisten dargestellt, der kaltblütig auf dem Tempelberg einen jungen Palästinenser umbringt. Dieses Bild wurde in Frankreich auf einem zwölfstöckigen Gebäude veröffentlicht, gegen den Staat Israel. Der erste Fall von BDS.“ Damit bezog sich Zefadi auf die anti-israelische Boykottbewegung, deren Abkürzung für „Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen“ steht.

„New York Times“: Richtigstellung in zwei Schritten

Infolge des Leserbriefes indes veröffentlichte die „New York Times“ am 4. Oktober 2000 eine Richtigstellung. Doch auch sie enthielt noch nicht die ganze Wahrheit. Tuvia Grossman war darin als „amerikanischer Student in Israel“ dargestellt, aber nicht als ein Jude, der von Arabern geschlagen wurde. Die Ortsangabe stimmte noch nicht, der Vorfall wurde weiterhin in die Altstadt verlegt.

In der Entschuldigung hieß es: „Eine Bildunterschrift am Samstag über Kämpfe zwischen Israelis und Palästinensern in Jerusalem enthielt eine fehlerhafte Identifizierung von ‚The Associated Press‘ für einen verwundeten Mann, der mit einem israelischen Polizisten abgebildet ist. Er war Tuvia Grossman aus Chicago, ein amerikanischer Student in Israel, und kein nicht identifizierter Palästinenser. In manchen Ausgaben identifizierte die Bildunterschrift auch die Stätte, an der Herr Grossman verwundet wurde, falsch. Es war in der Jerusalemer Altstadt, aber nicht auf dem Tempelberg.“

Drei Tage später veröffentlichte die amerikanische Tageszeitung eine weitere Richtigstellung, diesmal mit einem längeren Artikel. Nun war Grossman „ein Amerikaner, der an einem jüdischen Seminar in Jerusalem studiert“. Weiter schrieb die Zeitung: „Der Vorfall ereignete sich in einem arabischen Viertel von Jerusalem, nicht auf dem Tempelberg oder anderswo in der Altstadt. Eine Korrektur am Mittwoch hat die Irrtümer unvollständig zitiert und eine Erklärung der Szene versäumt. Der Beamte schwenkte einen Gummiknüppel gegen Palästinenser und forderte sie auf, sich von Herrn Grossman fernzuhalten. Er schlug Herrn Grossman nicht.“

Im April 2002 verurteilte ein Bezirksgericht in Paris die französische Tageszeitung „Libération“ und die Nachrichtenagentur AP wegen der Falschdarstellung. Sie mussten 4.500 Euro an Grossman zahlen. Das Bild wurde zudem bei pro-palästinensischen Demonstrationen eingesetzt – unter anderem in Brasilien –, um angebliche „israelische Brutalität“ gegenüber Palästinensern zu „dokumentieren“.

„Der Schaden war bereits entstanden“

Bereits vor zehn Jahren gab es ein Treffen zwischen dem ehemaligen Talmudschüler und seinem Retter. Grossman äußerte sich damals gegenüber der Zeitung „Jerusalem Post“ zu der falschen Darstellung in den Medien und der Richtigstellung: „Es war schon zu spät, der Schaden war bereits entstanden.“ Auf die Frage, wie er sich angesichts des Fotos fühle, antwortete er: „Ärgerlich und wütend sind nicht die Worte, mit denen ich es beschreiben würde. Es ist eher Frustration darüber, dass, obwohl man im Zentrum eines Bildes steht, über das jeder spricht, das Foto eindeutig falsch ist. Aber niemand kümmert sich darum und man kann es nicht ändern.“

Tuvia Grossman ist vor 15 Jahren nach Israel eingewandert. Der Vater von zwei Kindern lebt in Modi’in und arbeitet als Rechtsberater. Gideon Tzefardi wohnt in Kfar Sumei in Nordgaliläa. Er leitet in seinem Bezirk das Dezernat für den Kampf gegen Drogen und Alkohol und hat fünf Kinder.

Von: Elisabeth Hausen

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