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Der Stiefel, der Israel eroberte

Ein australischer Stiefel schreibt Erfolgsgeschichte in Israel. Sein gutes Design und die Alltagstauglichkeit machen ihn zum meist getragenen Modeartikel im jüdischen Staat. Es wirkt schon fast so, als sei er allgegenwärtig.
Benutzte Blundstones: Ein stylischer Alltagsgegenstand, der selbst im „Used-Look“ noch gut aussieht.

Die Firma Blundstone wurde 1870 auf der zu Australien gehörenden Insel Tasmanien gegründet. Seitdem befinden sich der Hauptsitz und die Produktionsstätte der Firma dort. Der Stiefel wurde ursprünglich für Farmarbeiter, Fabrikarbeiter und andere körperlich tätige Arbeitsgruppen entwickelt. Heutzutage tragen ihn über modebewusste Jugendliche bis hin zu Büroarbeitern fast alle in Israel. Sogar der Geschäftsführer von Blundstone, Steve Gunn, ist überrascht, wenn er darüber nachdenkt, dass so ein kleines Land mit nur neun Millionen Einwohnern einer der Hauptmärkte für seine Marke geworden ist.

Es war der israelische DVD-Händler Amos Horowitz, der sich 1999 nach einem neuen Geschäftsfeld umsah und dabei auf die knöchelhohen Lederstiefel mit den elastischen Gummizügen an den Seiten stieß. Nachdem er seinen Nachbarn diese Stiefel tragen sah, entschied er, die Chance zu nutzen und diese zu importieren. Er reiste nach Australien, um sich dort die Fabrik anzusehen und den Geschäftsführer kennen zu lernen.

Aller Anfang ist schwer

Nach einem erfolgreichen Gespräch begann Horowitz, die Schuhe in Israel zu vertreiben. Die Abstellkammer seines Familienhauses diente zunächst als Verkaufsladen und Schuhlager. „Amos“, erklärte sein Bruder Michael Horowitz in einem Interview der Journalistin Jessica Steinberg, „ist ein sehr leidenschaftlicher Mensch. Er hat zwar noch nie Schuhe verkauft, aber er sagte, dass er damit erfolgreich sein wird. Also wird er damit erfolgreich sein.“ Am Anfang gab es nur eine kleine Gemeinschaft von Blundstone-Trägern. Hauptsächlich wurden die Stiefel an Kunden aus dem Kibbutz oder dem Moschav verkauft. Sie erkannten, wie praktisch und bequem die Schuhe für die Arbeit auf dem matschigen Feld oder im Kuhstall sind. Dasselbe galt für die Jerusalemer, die im Winter über regenüberflutete Straßen und rutschige Gehwege laufen mussten.

Der erste Expansionsschritt von Horowitz’ Schuhgeschäft führte in Baugeschäfte, welche die Stiefel neben Wandfarbe, Pinsel und Werkzeug ins Schaufenster stellten. Von da an weitete sich der Verkauf schnell auf Garten-, Camping- und Uniformgeschäfte im Einzelhandel aus, und in der Folge auch auf normale Schuhgeschäfte. Als der Geschäftsführer Gunn im Jahr 2002 Israel besuchte, fand er einen soliden Kundenstamm vor. Horowitz verkaufte zu diesem Zeitpunkt rund 10.000 Paar Stiefel pro Jahr.

Im Jahr 2015 explodierten die Verkaufszahlen förmlich. Besonders unter Männern und Kindern stiegen sie enorm an. Jeder fünfzehnte Israeli kaufte in diesem Jahr ein Paar Blundstones. Gunn sagte zu Jessica Steinberg in einem Telefoninterview über einen Israelbesuch: „Ich kippte fast aus den Latschen, weil ich so viele Blundstones an den Füßen der Menschen sah. Was mich begeisterte, waren die Altersunterschiede und die Verwendung. Sogar Touristen, die sich die Stiefel offensichtlich eben erst gekauft hatten, trugen sie.“ Und der Jerusalemer Schuh-Designer Adi Kilav gab zum Aufschwung der Verkaufszahlen folgende Erklärung: „Es ist eben sexy, Blundstones und ein T-Shirt oder Jeans zu tragen.“

Auch Frauen stehen auf den Stiefel

Nach einer Israelnetz-Anfrage teilte der Pressebereich von „Blundstone Israel“ mit, dass im Land seit 2015 jährlich mehrere hunderttausend Paar Schuhe verkauft worden sind. Konkretere Zahlen wollte die Firma aufgrund von Vertraulichkeit nicht preisgeben. Dennoch gab sie über einige interessante Zusammenhänge Auskunft. Die meisten Blundstones werden in der kalten Jahreszeit, von November bis Januar, gekauft und sind ein Winter-Bestseller. Die Verkaufszahlen sinken somit in den Sommermonaten von Mai bis Juli.

Das meistgekaufte Blundstone-Modell „Style 585“ Foto: Stephan Mannl
Das meistgekaufte Blundstone-Modell „Style 585“

Das Alter der Kunden ist sehr unterschiedlich, da die Schuhe sowohl bei Kindern und Teenagern als auch bei Berufstätigen sehr beliebt sind. Doch meist kaufen Leute im Alter von 15 bis 30 Jahren die Schuhe. Bei den Geschlechtern ist die Verteilung relativ ausgeglichen. Eine Studie ergab, dass die Markenbekanntheit in der israelischen Bevölkerung bei 90 Prozent liegt. Rund 60 bis 65 Prozent der Stiefelträger sind Männer. Sowohl bei den Nationalreligiösen als auch bei den Liberalen ist der Schuh sehr beliebt und wird im Schnitt drei bis fünf Jahre getragen. Das auf dem Foto zu sehende Modell „Style 585“ ist das meistgekaufte.

Die wichtigste Frage, die sich jedoch stellt, ist, warum der Stiefel in Israel so erfolgreich ist. Die Antwort darauf fällt der Presseabteilung nicht schwer: „Die Schuhe sind sehr komfortabel und schützen den Fuß sehr gut. Sie sehen in jedem Zustand sehr gut aus – neu oder benutzt. Sie passen zu Jeans und vielen anderen Outfits. Sie wollen die Wahrheit wissen? Wir denken, dass sie die Jeans unter den Schuhen sind!“

Von: Stephan Mannl

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