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Yad Vashem ehrt bayerisches Ehepaar für Judenrettung am Kriegsende

Anfang Mai 1945 gewährt ein Ehepaar in Oberbayern zwei flüchtigen Juden Obdach. Der siebenjährige Sohn wird Zeuge der mutigen Tat. 74 Jahre später nimmt er stellvertretend für seine verstorbenen Eltern die israelische Ehrung entgegen.
Bei der Zeremonie waren mehrere Generationen der Nachkommen der Retter sowie eines der Geretteten zugegen – teilweise waren sie aus den USA angereist

SCHNAITSEE (inn) – In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges versteckte ein bayerisches Ehepaar zwei jüdische KZ-Häftlinge vor den Nationalsozialisten. Nun hat die Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem sie posthum mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet. Die Ehrung am Ort des Geschehens im oberbayerischen Schnaitsee nahm Sandra Simovich vom israelischen Generalkonsulat in München vor.

Cäcilia und Michael Köhldorfner seien „als Vorbilder im Gedächtnis unseres Staates verewigt“, sagte Generalkonsulin Simovich bei der Feier am Montag. Sie dankte „für ihre Zivilcourage, menschliche Werte jederzeit hoch zu halten“. Die Diplomatin ergänzte laut Mitteilung des Konsulates: „Gleichgültige Zuschauer waren die Regel, Retter die Ausnahme. Die Gerechten unter den Völkern lehren uns, dass jeder Mensch einen Unterschied machen kann.“

Simovich verwies auch auf die ansteigende Zahl antisemitischer Vorfälle. Gerade in solchen Zeiten „brauchen wir Symbolfiguren wie die Köhldorfners, die uns vorführen, dass es sich lohnt, Zivilcourage zu zeigen. Jeder von uns ist dazu aufgerufen, gegen jede Form von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit ein Zeichen zu setzen“.

Bei den Geretteten handelt es sich um Henrick Gleitmann und Bernhard Hampel. Sie haben jeweils geheiratet, Kinder und Enkelkinder bekommen. „Einige Nachkommen sind heute hier“, fügte Simovich an. „Cäcilia und Michael retteten nicht nur zwei Männern das Leben, sie schenkten Zukunft. Sie schenkten zwei Familien das Leben!“

Von Nazis entdeckt – und doch gerettet

Anfang Mai 1945 befanden sich Gleitmann und Hampel auf einem sogenannten Todesmarsch – vom KZ Flossenbürg nach Dachau. Da die Nazis am Vortag zwölf Mithäftlinge erschossen hatten, nutzten die beiden Juden eine Gelegenheit zur Flucht und versteckten sich in der Scheune der Familie Köhldorfner in Schnaitsee, östlich von Wasserburg am Inn. Das Ehepaar brachte sie in einer Dachkammer unter, obwohl das Verstecken von Juden als schweres Verbrechen galt.

Betten waren schon bereit, weil zuvor SS-Offiziere auf der Durchreise die Unterkunft beschlagnahmt hatten. Doch diese kehrten in der Nacht zurück, weil sie eine Schreibmaschine vergessen hatten – und entdeckten die beiden Häftlinge. „Die hätten die zwei standrechtlich erschießen können und meine Eltern noch dazu“, erzählte der damals siebenjährige Sohn Michael dem Bayerischen Rundfunk. „Aber einer hat nur meinen Vater scharf angeschaut und gesagt: ‚Ich kenn‘ mich aus.‘ Und dann ist er gegangen.“ So waren die Juden gerettet, und wenige Tage später endete der Krieg.

Hampel wanderte nach Frankreich aus, Gleitmann zog in die USA. Bis heute besteht der Kontakt zwischen der Familie Köhldorfner und der Familie Gleitman. Sie besuchen sich gegenseitig in New York und Schnaitsee.

Mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ ehrt Israel seit 1963 Menschen, die ihr Leben riskiert haben, um Juden vor der Vernichtung durch die Nazis zu retten. Insgesamt wurden bis zum Januar dieses Jahres 27.362 Menschen ausgezeichnet, 627 von ihnen aus Deutschland.

Von: eh

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