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Ein Zuhause für Neueinwanderer in Israel

In Haifa eröffnet die Organisation Ebenezer ein Haus für Olim. Geleitet wird es von einer Familie aus Süddeutschland, die selbst gerade nach Israel eingewandert ist. Sie möchte Einwanderern aus aller Welt vor allem eins bieten: ein vorübergehendes Zuhause.
Die Mesusa ist ein Geschenk der Organisation Keren Hayesod, die sich um Einwanderer kümmert

HAIFA (inn) – Auf der Dachterrasse liegen einige Kissen, ein paar Sportgeräte. Vor allem aber hat man von hier oben einen phänomenalen Blick über die israelische Hafenstadt Haifa. Das Haus für Neueinwanderer liegt am Berg, knapp unterhalb des berühmten Bahai-Gartens. Über die ganze Stadt bis zum Meer geht der Blick von dieser Dachterrasse aus.

Foto: Pola Sarah Nathusius

Im Haus darunter liegen neun Zimmer und die Wohnung der Familie Ackermann. In den Zimmern werden in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren sogenannte Olim einziehen. Olim, das sind Einwanderer, Juden aus der ganzen Welt, die nach Israel ziehen. „Alija“ heißt das auf Hebräisch, was so viel wie „Aufstieg“ bedeutet.

Immer für zwei bis drei Wochen können sie, ganz frisch eingereist in Israel, in dem Haus unterkommen. Das bietet ihnen die Möglichkeit, anzukommen, eine eigene Wohnung und Arbeit zu finden. Um die 20 Menschen haben Platz in den Räumen, die sich auf drei Stockwerke erstrecken. Gemeinschaftsküchen und Bäder teilen sich bald die Olim aus aller Welt bald. Noch laufen die Renovierungsarbeiten auf Hochtouren. Das Dach müsse neu abgedichtet werden und an der Elektrik sei auch noch allerhand zu tun, erklärt Markus Ackermann. Der gelernte Elektriker hat selbst Hand angelegt, seit er, seine Frau Rahel und ihre sechs Kinder Anfang Juli nach Haifa gezogen sind.

Sie folgen Gottes Plan

Fremd ist Israel für die Familie aus Metzingen nicht. Rahel und Markus Ackermann haben bereits viele Jahre in einem deutsch-geführten Kibbutz in Israel gelebt. Damals sei ihnen irgendwann klar geworden, dass das vielleicht nicht ganz ihrer Berufung entspricht. „Wenn Du etwas anderes für uns hast, zeig es uns“, das hat das Ehepaar Gott immer wieder gebeten, erinnert sich Markus Ackermann. Und dann wurde dem Ehepaar klar: Es muss erstmal zurück nach Deutschland – zumindest für eine gewisse Zeit. „Wir waren immer so ein bisschen auf dem Sprung“, blickt Rahel Ackermann zurück. „Naja, wir waren offen!“, wirft ihr Mann ein.

In ihrer süddeutschen Heimat Metzingen wurden sie von Ebenezer, wo die Familie schon lange aktiv ist, gebeten, eine Frau zu ihrem Alija-Flug nach Berlin zu bringen. Dort erfuhren sie von dem Plan, das Haus in Haifa ins Leben zu rufen. Kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr war das – und dann ging alles ziemlich schnell.

Container packen und ab nach Haifa

Leicht war das Auswandern nicht: Einen ganzen Haushalt nach Israel verfrachten, ankommen, sofort mit den Renovierungsarbeiten beginnen, damit die Wohnung der Ackermanns in Haifa bewohnbar wird und die langsamen Mühlen israelischer Behörden stoisch durchstehen.

„Das ist nicht wie in Deutschland. Einmal waren wir bei acht Stellen, um eine Sache zu erledigen. Wir wurden immer wieder weitergeschickt und kamen am Ende wieder an der Stelle an, an der wir gestartet waren. Da braucht man schon wirklich einen langen Atem“, erzählt Rahel Ackermann lachend. „Wir haben echt gekämpft“, blickt Markus Ackermann zurück, und ist anzusehen, dass die letzten Wochen erschöpfend waren.

Trotzdem ist die Familie glücklich, jetzt in Haifa zu sein. Bald kommen die jüngeren Kinder in die Schule und müssen dann auch schnell noch Hebräisch lernen. Die drei älteren Kinder wollen alle freiwillig zum israelischen Militär. Keine Entscheidung, die man leichtfertig fällt, doch Mutter Rahel Ackermann sagt: „Wir können da Gott vertrauen. Aber natürlich in dem Bewusstsein, dass es nicht ist wie in anderen Ländern.“ Die Sicherheitslage ist eine andere als in vielen europäischen Ländern.

Gottes Weisheit

Das, was die Familie Ackermann in den vergangenen Wochen erlebt hat, wird ihr helfen bei ihrer Arbeit: Neueinwanderer aus allen Ecken der Welt willkommen zu heißen und ihren Stress, ihre Sorgen und Ängste zu verstehen. „Darin sehen wir Gottes Weisheit“, sagt Rahel Ackermann.

In Zusammenarbeit mit der Jewish Agency unterstützt das Haus die Einwanderer dann auch bei Behördengängen, Wohnungs- und Jobsuche. Um das Ehepaar zu entlasten, werden jeweils ein bis zwei Volontäre für einige Monate im Haus mit anpacken. Für kommenden Frühling haben sich zwei Handwerkergruppen aus der Schweiz angekündigt, die freiwillig bei den Renovierungsarbeiten helfen wollen.

Die Unterkunft in Haifa

Am 25. August ist das Haus aber schon einmal offiziell eröffnet worden. Angeboten bekam es Ebenezer von der Carmel Mission. Johannes Barthel war treibende Kraft hinter dem Haus für Olim, vor gut zwei Jahren hatte er die Idee dazu. Ebenezer bringt am Tag durchschnittlich 20 Menschen zur Alija nach Israel.

An die Volontäre im Haus hat Johannes Barthel hohe Ansprüche – eine besondere Sensibilität im Umgang mit Juden sei ihm sehr wichtig, erzählt er. „Damit es nicht zu Verletzungen kommt.“ Jüdisch-christliche Zusammenarbeit liegt ihm sehr am Herzen, das wird auch bei seiner Rede zur Eröffnung des Hauses deutlich: „Wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern, aber wir können jetzt, heute, jeden Tag Änderung leben.“

Die Olim zahlen einen symbolischen, sehr geringen Betrag Miete und müssen sich selbst versorgen. Die Zimmer sind aber mit allem Notwendigen ausgestattet und jedes Schlafzimmer hat einen kleinen Balkon. Das Haus wurde 1937 gebaut, aus dem so typischen, beige-gelben Stein. Dunkel-türkise Fensterläden schmücken es von außen.

Hier sollen Einwanderer ein vorübergehendes Zuhause finden Foto: Pola Sarah Nathusius
Hier sollen Einwanderer ein vorübergehendes Zuhause finden

Sollten die Stellen, bei denen jüdische Einwanderer normalerweise unterkommen, voll sein, werden die Menschen von der Jewish Agency an das Haus weitergeleitet. Und: Es bietet auch denen eine Unterkunft, die bereits in Israel gelebt haben und jetzt erneut einwandern. Solchen Wieder-Einwanderern bietet der Staat Israel nämlich keine finanzielle und strukturelle Stütze, und so können sie gegebenenfalls auch länger als die vorgesehen zwei bis drei Wochen bleiben. Auch bei sozial schwachen Familien werden Familie Ackermann und Ebenezer eine Ausnahme machen und die Menschen länger beherbergen.

Offizielle Eröffnung

Auch zur Eröffnung sind Gäste aus der ganzen Welt gekommen, unter anderem von Ebenezer und der Jewish Agency. Und so mischt sich Schwyzerdütsch mit Hebräisch und Norwegisch. Es wird gemeinsam gefeiert, gebetet und gesungen. Trotz der sengenden August-Hitze ist die Stimmung sehr fröhlich.

Gäste bei der Eröffnung Foto: Pola Sarah Nathusius
Gäste bei der Eröffnung

Johannes Barthel und Markus Ackermann bringen gemeinsam eine Mesusa am Türrahmen an, ein Geschenk der Jewish Agency zur Eröffnung. Eine Mesusa ist eine jüdische Tradition, ein kleiner, länglicher Behälter, in dessen Mitte sich immer ein Stück Papier mit Schriften aus der Tora befindet. Die Mesusa wird schräg am Türrahmen befestigt und soll das Haus und alle Menschen darin schützen. Der Brauch bezieht sich auf eine Bibelstelle. In 5. Mose 6,9 heißt es mit Bezug auf die Worte Gottes: „Und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore“.

Von: Pola Sarah Nathusius

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