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Yad Vashem ehrt deutsches Ehepaar

Die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat am Mittwoch posthum ein Ehepaar aus Märkisch-Oderland als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. Sowohl der Enkel aus Hamburg als auch eine amerikanische Familie, deren Mutter im Zweiten Weltkrieg gerettet worden war, waren eigens für diese Ehrung nach Israel angereist.
„Gerechte unter den Völkern“: Die Großeltern Arthur Schmidts gehören nun dazu

JERUSALEM (inn) – Vor etwa drei Jahren bekam der Hamburger Arthur Schmidt einen Anruf: Seine verstorbenen Großeltern, Arthur und Paula Schmidt, seien von Israel als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt worden. Es ist die höchste Auszeichnung, die Israel an Nichtjuden verleiht: Der Titel wird an Menschen vergeben, die in der Zeit des Holocaust Juden gerettet haben.

Schmidts Großeltern würden geehrt, weil sie sieben jüdische Kinder vor den Nationalsozialisten versteckt hätten. Erstaunt sei Schmidt gewesen – nie zuvor hatte er von dieser Geschichte gehört: „So viele Gedanken prasselten auf mich ein. Was hätte ich an ihrer Stelle getan? Was haben meine Großeltern damals gedacht?“

„En Mensch“

Der sichtlich gerührte Schmidt sagte in seiner Rede: „Das Band, das uns verbindet und der Grund für den heutigen Anlass ist, dass mein Großvater ‚en Mensch‘ war, wie man im Jiddischen sagt. Menschlich sein und bleiben, Respekt vor dem Leben anderer haben. Helfen, wenn man helfen kann. Seine eigenen Werte vertreten ungeachtet der Konsequenzen. Das ist, was ich über meinen Vater von meinem Großvater mitbekommen habe.“ Es war Schmidts erste Israelreise, doch sicher nicht die letzte. Seine Rede beendete er auf Hebräisch mit den Worten: „Am Israel chai, das Volk Israel lebt.“

Irena Steinfeldt ist Direktorin der Abteilung „Gerechte unter den Völkern“ in Yad Vashem. Im Beisein des deutschen Botschafters Clemens von Goetze sowie einer Lehrergruppe aus Hamburg verlieh sie Arthur Schmidt eine Medaille und das Zertifikat, das die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ beinhaltet.

Der älteste Weber-Sohn Alfons, Professor für Physik, hatte die Auszeichnung im Januar 2014 beantragt. Er wollte seinen Rettern und denen der Geschwister zu Anerkennung zu verhelfen. Seine Bemühungen zahlten sich aus: Am 26. Mai 2015 erkannte Yad Vashem Arthur und Paula Schmidt als „Gerechte unter den Völkern“ an. Damit waren sie die 601. deutsche Familie, die die Auszeichnung bekam.

Tatsächlich ist die Geschichte der Familien Weber und Schmidt filmreif. Steinfeldt erzählt sie nach: Im Jahr 1925 konvertierte Alexander Weber zum Judentum. Ein Jahr später heiratete er die ungarische Jüdin Linda Banda. Später zogen die beiden mit ihren zwei Kindern nach Berlin, wo weitere fünf Kinder zur Welt kamen. Familie Weber wohnte in der Dragonerstraße 48. Im Gebäude mietete Arthur Schmidt einen Laden, um Früchte und Gemüse zu lagern, die er auf seinem Hof im brandenburgischen Worin anbaute und zum Verkauf in die Stadt brachte. Im März 1943 wurde die jüdische Familie verhaftet. Nach der Entlassung im Frühsommer suchte Weber nach einem Versteck. Daraufhin boten Arthur und Paula Schmidt an, die Kinder auf ihren Hof nach Worin zu nehmen und sie dort zu verstecken. Fast zwei Jahre kümmerten sich die Schmidts um die Kinder und teilten ihr knappes Essen mit ihnen. Lediglich der Bürgermeister des Dorfes wusste um die Identität der Kinder.

Linda Weber wurde später deportiert und in Auschwitz ermordet, ihr Mann überlebte. Nach dem Krieg emigrierten die Kinder in die USA, der Vater kam zehn Jahre später nach.

„Wir haben ihm viel zu verdanken“

Die jüngste der sieben Kinder, die 72-jährige Ginger Lane, geborene Bela Weber, war ebenfalls zur Ehrung mit ihrer Familie nach Jerusalem angereist. „Traurig macht mich, dass mein Bruder Alfons heute nicht hier mit uns sein kann.“ Alfons Weber war im Herbst 2016 verstorben. „Ich war damals erst fünf und habe wenige Erinnerungen an die Schmidts. Er hätte viel mehr Geschichten erzählen können. Doch an drei Dinge kann ich mich erinnern: Mir war sehr kalt, ich war sehr hungrig und oft sehr allein. Immer, wenn Schmidt kam, wussten wir, dass da jemand kommt, der es gut mit uns meint.“ Ohne Arthur Schmidt würde es sie, ihre Geschwister und ihre Nachfahren nicht geben. „Wir haben ihm so viel zu verdanken.“

Nach eigenen Angaben hat Yad Vashem bisher mehr als 26.500 Gerechte unter den Völkern aus über 50 Nationen ausgezeichnet. Die Namen der Ausgezeichneten stehen auf der Ehrenwand im Garten der Gerechten in Yad Vashem. Und die Suche nach den „Gerechten“ geht weiter. Steinfeldt sagte: „Im Jahr 2017 sind mehr als 400 neue Menschen dazugekommen“.

Von: mh

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