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Purim: Kein schlimmerer Feind als Amalek

Die Parallelen zwischen Haman, dem Amalekiter, und Adolf Hitler sind unübersehbar. Beide wollten die Juden ausmerzen. Aber die Versöhnung zwischen den „Nachkommen Amaleks“ und dem jüdischen Volk ist längst gestiftet. Eine Beobachtung von Johannes Gerloff
Eine Ester-Rolle aus dem 18. Jahrhundert. Bereits damals gab es die Ansicht, Deutschland sei „Amalek“.
Die Geschichte um die Königin Ester, die im 5. Jahrhundert vor Christus ihr Volk vor der Vernichtung bewahrt, erzählt nicht nur Vergangenes. Sie genießt hohe Aktualität, denn das Existenz- und Selbstbestimmungsrecht des Volkes Israel wird auch heute oft bestritten. Persönlich sehr betroffen hat mich die Entdeckung, dass orthodoxe Juden dem Buch Ester einen prophetischen Charakter zuschreiben. Haman, der Sohn Hammedatas, war „Agagiter“ (Ester 3,1), ein Nachfahre des letzten Amalekiterkönigs Agag (1. Samuel 15,32f.). Israel hatte keinen schlimmeren Feind als Amalek. Bei keinem anderen Volk verlangt Gott, dass ein Name ausgelöscht werde (vergleiche 5. Mose 25,19; 2. Mose 17,14.16). Die Parallelen zwischen Haman und Adolf Hitler sind unübersehbar. Gegen Ende der Geschichte bittet Königin Ester: „Die zehn Söhne Hamans soll man an den Galgen hängen“ (Ester 9,13) – eine eigenartige Bitte, stellen jüdische Bibelleser fest, weil sie doch schon tot waren (Ester 9,7-10). Deshalb, so meinen orthodoxe Juden, habe Ester für die Zukunft gebeten.

Bedeutungsvolle Schreibweisen

Die herausgehobene typographische Gestaltung der geschriebenen Namen der Söhne Hamans unterstreicht diese Bewertung. Seit alter Zeit wird die Auflistung der Namen der zehn Söhne Hamans, die gehenkt wurden, in einer besonderen Weise geschrieben. In Ester 9,7-10 sind die Namen nicht einfach so hintereinander aufgelistet. Im traditionellen hebräischen Text der Aufzählung der Hamanssöhne in Ester 9,6-10 sind seit Jahrhunderten eigenartigerweise drei Buchstaben höher gestellt. Vielmehr stehen sie untereinander in einer Spalte – im Bild rechts, da Hebräisch von rechts nach links geschrieben wird. In der linken Spalte steht zehn Mal das Wort „ve’et“ (und). Manch ein Bibelleser hat in dieser grafischen Darstellung schon den Galgen gesehen, den Haman für Mordechai errichtet hatte, und an dem er dann selbst hing. Auffallend ist außerdem, dass die jüdischen Schreiber im traditionellen hebräischen Text drei Buchstaben in der Aufzählung der Söhne höher gestellt haben. Warum dies so sein muss, wissen sie selbst nicht genau, weshalb Ausleger nur spekulieren können. Allerdings stehen die Buchstaben des hebräischen Alphabets immer auch für eine Zahl. Wenn man die höher gestellten Buchstaben Tav, Schin und Sain nebeneinander stellt, sieht jeder hebräisch denkende Mensch sofort die Jahreszahl 5707, das jüdische Jahr, das dem Jahr 1946 im gregorianischen Kalender entspricht. Der 16. Oktober 1946 war nach jüdischer Zeitrechnung der letzte Tag des Laubhüttenfestes „Hoschana Raba“, an dem nach jüdischer Tradition der Urteilsspruch Gottes besiegelt wird. An diesem Tag wurden in Nürnberg zehn führende Nazis als Kriegsverbrecher gehenkt. Die „New York Herald Tribune“ zitiert die letzten Worte des „Stürmer“-Herausgebers Julius Streicher: „Heil Hitler! – Und jetzt geht’s zu Gott! – Purimfest 1946!“ Streicher kannte die jüdische Tradition, hatte er sie doch oft genug benutzt, um das Volk der Juden zu verunglimpfen.

Aus „Hamanssöhnen“ werden Söhne des lebendigen Gottes

Es ist einige Jahre her, dass ich mit einem Rabbiner den Talmud studierte. Irgendwie erwähnte er in einem Nebensatz, dass Rabbi Elijah Ben Salomon Salman (1720 – 1797), der als „Gaon von Wilna“ weltberühmt wurde, schon im 18. Jahrhundert erklärt hatte, Deutschland sei „Amalek“. Peinlich stand die Aussage zwischen uns, als meinem jüdischen Lehrer plötzlich klar wurde, dass er dann ja mit einem „Hamanssohn“ am Tisch saß. Normalerweise kommt so etwas in deutsch-israelischen oder jüdisch-christlichen Begegnungen nicht auf den Tisch! Mit einer Handbewegung, als wolle er ein Gespenst vom Tisch wischen, meinte mein Rabbi: „Aber du gehörst zu uns!“ – „Tut mir leid“, musste ich ihm erklären, „ich bin rein arisch! Bei mir lässt sich absolut keine jüdische Großmutter im Stammbaum ausgraben, nicht einmal ein jüdischer Großvater.“ Ohne große Erklärung erschien aus der peinlichen Situation plötzlich das unfassbare Wunder zwischen uns, das der Gott Israels gewirkt hat: Ein „Nachkomme von Amalek“ studiert mit einem „Israeliten“ die Bibel. Hätte ich das Ausweichmanöver des Rabbiners mitmachen und eine jüdische Großmutter vorweisen können, wären wir der Schuld meines Volkes ausgewichen. Weil aber die Schuld wie eine unüberwindbare Mauer vor uns stand, leuchtete die Gnade umso heller. Es gibt einen, der aus Hamanssöhnen Söhne des lebendigen Gottes macht: Der Messias Israels! Sogar der Babylonische Talmud erzählt, dass der Heilige, gelobt sei er, einmal die Söhne Hamans unter die Schwingen der Schechinah – das heißt in die Gegenwart des lebendigen Gottes – bringen wird (Traktat Sanhedrin 96 b). Aber das habe ich erst sehr viel später entdeckt.

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