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Tote Juden im Zeichen des Kreuzes

BERLIN (inn) – Christen versehen Sterbedaten mit einem Kreuz, Juden hingegen mit einem Davidstern und Muslime mit einem Halbmond. Darauf nimmt auch das Internetlexikon Wikipedia Rücksicht – allerdings nicht in jeder Sprache.
Die deutsche Wikipedia-Ausgabe versieht Scharons Todesdatum mit einem Kreuz.

Allein die deutsche Wikipedia besteht darauf, bei Juden wie Muslimen, bei Ariel Scharon wie bei Jasser Arafat, das Todesdatum mit einem Kreuzzeichen zu versehen. Aus Diskussionen bei Wikipedia geht hervor, dass dieses ein übliches „genealogisches Zeichen“ sei, um das Todesdatum zu kennzeichnen, während das Geburtsdatum mit einem Sternchen gekennzeichnet wird. Bei Wikipedia in anderen Sprachen, darunter Spanisch oder Italienisch, werden neutrale Abkürzungen ohne jegliche religiösen Assoziationen verwendet: geb. und gest.
Michael Kühntopf, Erfinder und Betreiber des jüdischen Wikipedia in deutscher Sprache, „Jewiki.net“, läuft gegen diese „Unsitte“ Sturm.
Er hat eine Umfrage unter Rabbinern und prominenten Juden vor allem in Deutschland gestartet. In den Antworten wird das Kreuz als typisches christliches Symbol bezeichnet. Das verursache bei vielen Juden Zorn, Frustration und Abscheu, wenn es im Nachruf oder der Darstellung des Lebens einer jüdischen Persönlichkeit verwendet werde. „Bei uns hinterlässt so etwas einen bitteren Geschmack. Es ist, als ob man jemanden mit dieser Symbolik posthum ‚taufen‘ möchte”, schrieb Arieh Folger, Oberrabbiner von München.

Erneute Diskussion nach Scharons Tod

Die Diskussion um das Kreuzzeichen bei Artikeln über Juden in der deutschsprachigen Wikipedia läuft schon seit mindestens acht Jahren. Doch die Wikipedia-Community weigert sich, auf die Argumente einzugehen, und hat schon mehrere Teilnehmer der Diskussion gesperrt oder auf “nur Lesen” geschaltet. Die Diskussion entfachte sich erneut nach dem Tod des israelischen Politikers Ariel Scharon, der nun ebenfalls für die deutschen Benutzer von Wikipedia “im Zeichen des Kreuzes” gestorben ist. In einer Diskussion zu dem “Kreuz mit dem Kreuz” unter dem Scharon-Artikel heißt es: “Das ist der aktuell hier gültige Konsens.“ Andere beklagen sich darüber, dass mit einem Mehrheitsbeschluss die Rechte von Minderheiten übergangen würden.

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