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Nach Verbrennung Neuer Testamente: Christen um Entschuldigung gebeten

OR JEHUDA (inn) - Ultra-orthodoxe Studenten haben in Or Jehuda Dutzende Neue Testamente verbrannt. Damit protestierten sie gegen die aus ihrer Sicht aufdringliche Missionstätigkeit messianischer Juden in der Stadt bei Tel Aviv. Der stellvertretende Bürgermeister Usi Aharon von der Schas-Partei bat später Christen in aller Welt um Entschuldigung.

Laut einem Bericht der Zeitung „Ma´ariv“ vom Dienstag fand die Protestaktion am vergangenen Donnerstag statt. Zuvor hatten messianische (jesusgläubige) Juden im Viertel Neveh Rabin Neue Testamente und Traktate an aus Äthiopien stammende Bewohner verteilt. Daraufhin forderte Aharon Schüler der Talmud-Schule „Michtav M´Eliahu“ („Brief von Elia“) auf, die Schriften einzusammeln. Denn Gott habe das Volk Israel aufgefordert, das „Böse aus seiner Mitte wegzutun“, wie es im Fünften Buch Mose heißt.

Mit einem Lautsprecherwagen fuhr der Vizebürgermeister durch das Viertel und gab bekannt: „Liebe Mitbürger, von der Mission sind Neue Testamente und Broschüren an Sie verteilt worden, die das Judentum missbilligen. Schüler werden von Haus zu Haus gehen. Wir bitten Sie, die Bücher abzugeben, damit sie der Vernichtung zugeführt werden können.“ In dieser Zeit sammelten die Schüler das christliche Material ein.

Anschließend verbrannten die jungen Israelis Hunderte Neue Testamente auf einem Platz neben einer Synagoge. Das hebräische Wort, das in dem zitierten Vers verwendet wird, kann neben „entfernen“ auch die Bedeutung „verbrennen“ haben. Allerdings findet sich dies nicht in den gängigen Übersetzungen.

Aharon: Verbrennung war spontane Aktion

Aharon war nach eigenen Angaben nicht zugegen und hatte die Verbrennung der Schriften auch nicht geplant. „Sie begannen mit dem Verbrennen, bevor ich dorthin kam“, sagte er gegenüber der „Jerusalem Post“. „Als ich ankam, konnte ich nur noch eine Bibel aus dem Feuer ziehen. Ich steckte sie in eine Tüte. Sie ist jetzt in meinem Auto. Es tut mir wirklich Leid mit der Buchverbrennung, aber ich habe sie nicht organisiert, es war eine spontane Aktion der Jeschiva-Studenten.“

Der Schas-Politiker fügte hinzu: „Wir respektieren alle Religionen, aber wir erwarten auch, dass andere die unsrige respektieren. Es tut mir sehr Leid, dass das Neue Testament verbrannt wurde. Wir möchten niemandem schaden. Es tut mir Leid, dass wir die Gefühle anderer verletzt haben.“

Allerdings dürfe Israel nicht zulassen, dass messianische Juden „in unsere Häuser kommen und gegen unsere Religion hetzen und unsere Kinder vom Judentum abwenden. Das ist gegen das Gesetz“. Bewohner von Or Jehuda hätten sich bei ihm über die christlichen Schriften beschwert. „Sie riefen mich an, weil sie wissen, dass ich seit Jahren gegen Missionare kämpfe.“

„Wir müssen religiöse Schriften respektieren“

Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Israel, Ephraim Suroff, räumte ein, dass die Verbrennung negative Assoziationen hervorrufe: „Man hätte sicherlich einen viel würdigeren und angemesseneren Weg finden können, um diese Literatur loszuwerden, aber das zentrale Problem ist die missionarische Tätigkeit selbst. Wir müssen die heiligen Schriften des Christentums und des Islam respektieren, aber wir dürfen keine Missionstätigkeit innerhalb unserer Jugend in Israel ermöglichen.“

Victor Kalischer, Direktor der Bibelgesellschaft in Israel, sagte, er wisse nicht, wer die Neuen Testamente in Or Jehuda verteilt habe. Doch es gebe in vielen Stadtteilen eine Nachfrage nach dem Buch. „Die Bibeln werden niemandem aufgezwungen und nicht zwangsweise in Häuser gebracht. Das Buch hat nie jemandem geschadet, man kann sich dafür oder dagegen entscheiden, es zu lesen.“

Der Anwalt Calev Myers, der messianische Juden in Israel vertritt, wies darauf hin, dass messianische Juden „Juden wie alle anderen“ seien. „Sie sind beim Innenministerium als Juden registriert. Also sind sie ebenso wie jeder andere berechtigt, Broschüren zu verteilen, solange sie von Erwachsenen an Erwachsene und nicht an Minderjährige weitergegeben werden. Seit der Gründung des Staates Israel 1948 hat es nie einen Fall gegeben, in dem eine nachgewiesene Missionstätigkeit zu einer Anklage geführt hätte.“

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