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Geschichte einer Schlagzeile: „Israel droht Iran mit Angriff“

„Israel droht Iran mit Angriff auf Atomanlagen.“ Mit dieser reißerischen Schlagzeile, die schnell um die Welt ging, veröffentlichte der online-Dienst der Zeitschrift „Focus“ Auszüge aus einem Interview des aus Iran stammenden Journalisten Amir Taheri mit dem israelischen Premierminister Ehud Olmert.

1.000 Tomahawk-Marschflugkörper

Auf die Frage, ob Olmert Militäraktionen meine, falls Iran die UNO-Resolutionen nicht befolge, soll der Premier geantwortet haben: „Niemand schließt das aus. Vielleicht ist es nicht möglich, das gesamte Nuklearprogramm zu zerstören, aber es ist möglich, es so zu beschädigen, dass es um Jahre zurückgeworfen wird. Das ist technisch machbar. Es würde zehn Tage dauern und den Einsatz von tausend Tomahawk-Marschflugkörpern erfordern.“

Neue Überschrift

Eine Nachfrage bei Focus, ob denn aus dem Interview klar hervorgehe, dass Israel und nicht etwa die Amerikaner einen Militärschlag durchführen könnten, ergab zunächst einmal eine Änderung der Schlagzeile. Nun hieß es nur noch: „Israel verschärft Ton gegenüber Iran.“ Eine kurze Recherche ergab, dass Israel im Jahr 2000 von den Amerikanern Tomahawk-Marschflugkörper erwerben wollte. Doch der damalige Präsident Bill Clinton verweigerte den Israelis dieses Waffensystem. Und seitdem wurde nicht bekannt, dass Israel Raketen dieses Typs geliefert bekommen hätte. Allein deshalb ist unwahrscheinlich, dass Olmert von einem israelischen Angriff gesprochen habe. Eine weitere Anfrage bei „Focus“ ergab: „Wenn man das Interview im Wortlaut liest, sieht es tatsächlich so aus, als spreche Olmert nicht ausdrücklich von einem israelischen Angriff, sondern allgemein von einem Angriff, ohne den Angreifer konkret zu nennen.“ Das komplette Interview ist in der aktuellen gedruckten Ausgabe erschienen.

„Hintergrundgespräch, nicht zum Zitieren“

Während die Äußerungen Olmerts in Israel zur größten Schlagzeile der elektronischen Medien am Sabbat wurden, meldete sich eine Sprecherin des Ministerpräsidentenamts zu Wort. Olmert habe mit dem „Focus“-Reporter zwar ein „Hintergrundgespräch, nicht zum Zitieren“ geführt, doch die bei „Focus“ zitierten Sätze seien „nicht gefallen und niemals von Olmert gesagt worden“. Der Armee-Rundfunk meldete bereits, dass nach einer Absprache zwischen dem israelischen Ministerpräsidentenamt und Focus-online das problematische Interview wieder zurückgezogen worden sei. Doch der Text war immer noch vorhanden und die Redaktion erklärte: „Niemand hat mit uns gesprochen. Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Interview stattgefunden hat und dass Olmert diese Dinge so gesagt hat. Wir haben nicht die Absicht, den Text zu streichen.“

Keine Notizen

Miri Eisin, die Sprecherin Olmerts, klang im Telefonat mit diesem Korrespondenten wütend, bestürzt und sogar verängstigt. Voller Emotionen, die sehr untypisch für diese stromlinienförmige Sprecherin sind, sprach sich von einer „Chuzpe“, die Armin Taheri sich „erlaubt habe“. Der gebürtige Iraner habe sich an den ehemaligen Teheran-Botschafter Israels, Uri Lubrani, gewandt und der habe Olmert empfohlen, sich mit Taheri zu „unterhalten“. Der freie Journalist wurde als „Experte“ vorgestellt und durfte vor einer Woche 30 Minuten lang mit dem Premier reden. Taheri habe eine „militärische These“ zu Iran aufgestellt, woraufhin Olmert mehrmals betont habe, dass allein internationale diplomatische Bemühungen das Problem der atomaren Bestrebungen Irans lösen könnten. Eisin behauptete, dass Taheri „weder Notizen gemacht, noch das Gespräch mitgeschnitten“ habe. Es sei deshalb „unvorstellbar“, wie er daraus ein Frage-und-Antwort-Interview verfassen konnte. „Wir prüfen, ob wir Taheri wegen Betrugs verklagen sollten“, sagte Eisin. Sie redete von einem schweren Affront gegen den angesehenen Uri Lubrani und „befürchtet das Schlimmste“, weil Taheri außerdem „nicht zur Veröffentlichung bestimmte Hintergrundgespräche“ mit hochrangigen israelischen Sicherheitsexperten vermittelt bekommen habe.

Mitschnitt existiert – Text gelöscht

Eisin sagte abschließend, dass ein Mitschnitt von Olmerts Gespräch mit Taheri existiere, dass sie diesen aber noch prüfen müsse.

Amir Taheri sagte am Telefon aus England, dass er hunderte Interviews in seinem Leben geführt habe, aber niemals mitschneide. „Vielleicht hat Miri Eisin es nicht gemerkt, aber ich habe mir Notizen gemacht, während des Gesprächs und nachher.“ Weiter behauptete er, dass er als Journalist bekannt sei und dass Olmert nicht darum gebeten habe, das Gespräch „vertraulich“ zu behandeln. „Was soll ein Gespräch mit Olmert, wenn ich es nicht verwenden kann“, fragte Taheri. Dagegen sei sein Gespräch mit der Außenministerin Livni als „Hintergrund“ deklariert worden: „Deshalb kann ich es nicht verwenden.“ Auf Bitten von Taheri sei der Text bei Focus-Online gelöscht worden, „weil die Dinge da aus dem Kontext gerissen worden sind“.

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