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Gerichtsurteil empört Ultra-Orthodoxe

Der Streit um die Wehrpflicht für Ultra-Orthodoxe geht weiter. Das Oberste Gericht erklärt einen Gesetzespassus für verfassungswidrig – und gewährt der Regierung ein Jahr Zeit für die Korrektur.
Haredim bei der militärischen Ausbildung

JERUSALEM (inn) – Die Frage nach der Wehrpflicht für ultra-orthodoxe Israelis sorgt weiter für Wirbel. Am Dienstag hat das Oberste Gericht einen Zusatz zum Wehrpflichtsgesetz für verfassungswidrig erklärt, der erst 2015 eingefügt worden war. Darin wurde den Haredim ein längerer Aufschub für ihren Militärdienst gewährt. Die ultra-orthodoxen Parteien reagieren empört auf den neuen Gerichtsentscheid.

Acht von neun Richtern stimmten dem Urteil zu. Nur Noam Solberg wandte ein, das Gesetz sei noch nicht lange genug in Kraft, um dessen Einfluss auf die Rekrutierung zu beurteilen. Deshalb sei noch keine Aussage über die Verfassungsmäßigkeit möglich. Die Regierung hat nun ein Jahr Zeit, um die geforderte Quote von Ultra-Orthodoxen zu erhöhen. Die Oberste Richterin Miriam Naor sagte laut der Tageszeitung „Yediot Aharonot“: „Wir sind verpflichtet, die Angelegenheit an die Knesset zurückzugeben. Auf dieser Stufe, und nach Jahren von Prozess und Irrtum, ist klar, dass es nicht länger ausreicht, mit nicht bindenden und nicht durchsetzbaren Arrangements vorlieb zu nehmen, deren Ausgang unbekannt ist.“

Haredim: Torah-Studium geht weiter

Der Vorsitzende der ultra-orthodoxen Schass-Partei, Innenminister Arieh Deri, kritisierte die Entscheidung: Sie „beweist einmal mehr die tiefe Spaltung zwischen dem Gericht und den Juden, die seit Generationen wissen, dass diejenigen, die Torah studierten, sie gegen Verfolgung aufrechterhalten haben“. Die Jeschiva-Studenten würden ihre Studien selbst nach diesem Urteil fortführen und dadurch das Volk Israel verteidigen. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um das Gesetz in einer Weise zu verbessern, die eine Fortsetzung der aktuellen Regelung ermöglicht“, fügte er an.

Auch der Vorsitzende des Finanzausschusses der Knesset, Mosche Gafni (Vereinigtes Torah-Judentum), äußerte sich kritisch: „Durch die Geschichte des jüdischen Volkes hindurch haben viele versucht, Jeschiva-Studenten vom Studium abzuhalten, sowohl innerhalb als auch außerhalb des jüdischen Volkes. Manche wandten Gewalt an, andere verschiedene Methoden. Keiner hat es je geschafft, das Studium der Torah aufzuhalten, und auch sie werden es nicht schaffen.“ Die Richter hätten „keine Vorstellung davon, was das Studium der Torah bedeutet oder dass unsere gesamte Existenz darauf gegründet ist, dass sie damit weitermachen, ebenso wie die der gesamten Welt“.

Lapid: „Wehrdienst ist nicht nur für Dumme“

Hingegen begrüßte der Vorsitzende der Oppositionspartei „Jesch Atid“, Jair Lapid, die Entscheidung: „Das Hohe Gericht hat heute erlebt, dass Gerechtigkeit geschah. Werte haben gewonnen, der Geist der israelischen Armee hat gewonnen und unsere Soldaten haben gewonnen.“ Als Finanzminister hatte er sich sehr dafür eingesetzt, dass auch Haredim Wehrdienst leisten müssen. Nach den Parlamentswahlen 2015 schied seine Partei jedoch aus der Regierung aus. Die Parteien Schass und Vereinigtes Torah-Judentum machten ihren Koalitionsbeitritt davon abhängig, dass das Gesetz zugunsten der Ultra-Orthodoxen abgeändert würde. „Wehrdienst ist für jeden, nicht nur für Dumme, die zufällig keine Partei in der Koalition haben“, sagte Lapid nach der aktuellen Entscheidung.

„Jesch Atid“ war nach der Gesetzesänderung in Berufung gegangen. Insgesamt reagierte das Oberste Gericht am Dienstag auf vier Beschwerden, wie die Onlinezeitung „Times of Israel“ berichtet. In drei der Anträge wurde eine Diskriminierung von nicht ultra-orthodoxe Juden kritisiert. Der vierte Antragsteller mahnte hingegen an, das Gesetz diskriminiere die Haredim. Denn andere Minderheiten wie israelische Araber müssten nicht dienen.

Von: eh

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