Für die Sitzung waren Dutzende Aktivisten und Mitglieder des Likud-Zentralkomitees und der Schass-Partei mit dem Bus nach Ramallah gefahren. In der Mukata‘a, dem Amtssitz des palästinensischen Präsidenten, diskutierten die Israelis und Palästinenser über Wege zum Frieden. Das Treffen hatte die Genfer Initiative organisiert, eine inoffizielle israelisch-palästinensische Bewegung.
Scha‘ath bekundete zum Auftakt seine Genesungswünsche für den geistlichen Führer der ultraorthodoxen Schass, Rabbi Ovadja Josef. „Dies ist das erste derartige Treffen nach langer Zeit. Ich glaube nicht, dass man einen Vertrag nur über amerikanische Vermittlung erreichen kann“, sagte er im Hinblick auf die Friedenbemühungen des US-Außenministers John Kerry. „Ich glaube, dass Frieden mit Hilfe einer Zweistaatenlösung möglich ist. Wir haben nicht unsere Hoffnung verloren, ein Abkommen zu erreichen.“ Auch der Generalsekretär des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Jasser Abed Rabbo, war zugegen.
„Ideologie kann die Wirklichkeit nicht besiegen“
Schlomo Madmon vom Likud-Zentralkomitee wies darauf hin, dass er vor etwa zwei Jahren in Ramallah gewesen sei. „Damals war ich der einzige Likudnik“, zitiert die Tageszeitung „Yediot Aharonot“ das Mitglied der Partei von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. „Heute gibt es hier fast 50 Leute vom Likud, und das sagt schon, dass sich etwas getan hat.“
Madmon kritisierte die Ideologie, die ihm in Israel vermittelt worden sei: „Als ich als Flüchtling aus den arabischen Staaten nach Israel kam, lehrte man mich, dass Hebron und Nablus das Land Israel seien, aber wenn man hier lebt, versteht man, dass keine Ideologie die Wirklichkeit besiegen kann.“ Ein weiterer ranghoher Teilnehmer der Gespräche war der Berater der Schass und Vertrauter von Rabbi Josef, David Glass.
Mehrere israelische Besucher ließen sich neben palästinensischen Fahnen und Bildern von Präsident Mahmud Abbas fotografieren. Diese verbreiteten sie anschließend in sozialen Netzwerken.
Trotz der Höflichkeit und gegenseitiger Beifallsbekundungen wurde deutlich, wo unterschiedliche Ansichten zwischen Israelis und Palästinensern bestehen, schreibt „Yediot Aharonot“. Ein Beispiel sei die israelische Forderung nach einem palästinensischen Staat in vorläufigen Grenzen.
Zum Abschluss nahmen die Teilnehmer gemeinsam eine koschere Mahlzeit zu sich und tauschten Visitenkarten aus. Vertreter der Genfer Initiative waren mit dem Treffen zufrieden. Kerry plant am kommenden Wochenende einen weiteren Besuch im Nahen Osten, um Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.
Hintergrund
Die inoffizielle Genfer Initiative sieht die Gründung eines palästinensischen Staates ohne eigene Armee vor, der jedoch einen starken Sicherheitsapparat hat. Gazastreifen und Westjordanland sollen durch einen Korridor miteinander verbunden werden, der unter israelischer Souveränität steht, aber von den Palästinensern kontrolliert wird. Etwa ein Drittel der Siedler soll das Westjordanland verlassen. Die Aufsicht über die Jerusalemer Altstadt sollen sich Israelis und Palästinenser teilen.