Der Deal steht. Israel bekommt die Leichname der drei Soldaten Adi Avitan, Benny Avraham und Omar Sawajed und den zwielichtigen Geschäftsmann Elhanan Tennenbaum. Die israelischen Soldaten waren im Oktober 2000 an Israels Nordgrenze von der radikal-islamischen Hisbolla entführt worden. Kurze Zeit später konnte Hisbolla-Generalsekretär Scheich Hassan Nasralla (Foto) verkünden, dass auch ein israelischer Oberst d.R. Gefangener seiner Organisation sei. Wie Tennenbaum in die Hände der Islamisten geriet, werden in den nächsten Tagen wohl die Fragen israelischer Ermittler ans Licht bringen.
Die Hisbolla andererseits hat einen Sieg errungen, der weit über die Freilassung von fast 500 arabischen Terroristen und die Rückführung von 59 toten Arabern in ihre Heimat hinaus geht. Nasralla kann sich leisten, was kein arabischer Staat wagt: Er stellt Forderungen an den Judenstaat – die Freilassung von Hunderten arabischer Häftlinge, darunter der ehemalige Hisbollachef Scheich Abdel Karim Obeid und der Anführer der schi’itischen Amal-Miliz Mustafa Dirani. Und diese Forderungen treffen auf offene Ohren, obwohl die Hisbolla zeitgleich am Hermon die israelische Armee beschießt und lauthals mit weiteren Entführungen droht.
Die Regierung Scharon hatte einst laut getönt, sie werde nicht unter Feuer verhandeln. Heute beschließt sie zähneknirschend Eingeständnisse an den unversöhnlichsten Feind Israels und stochert dabei im Schlamm. „Nur Einschätzungen, keine Fakten“, ist aus Regierungskreisen zu hören, liegen als Entscheidungsgrundlage vor. Die Einschätzungen des Generalstabschefs, des Leiters des militärischen Nachrichtendienstes und die der Chefs der Geheimdienste „Mossad“ und „Schabak“ liegen weit auseinander, widersprechen sich teilweise sogar.
Im Mai 2000 war es der Hisbolla gelungen, die bis dato unbesiegbare Armee der Zionisten aus dem Südlibanon zu vertreiben, ohne Verhandlungen und ohne Zugeständnisse. So sieht man das zumindest in der arabischen Welt. Möglicherweise war dieser Rückzug der Regierung Barak der eigentliche Auslöser der al-Aqsa-Intifada, nicht Scharons Tempelbergbesuch. Der Erfolg der libanesischen Schi’iten hat den palästinensischen Sunniten Mut gemacht, in Israel libanesische Verhältnisse herauf zu beschwören.
Jetzt kann Nasralla den Palästinensern einen, in der Bevölkerung deutlich spürbaren Erfolg auf dem Silberteller servieren: Hunderte von Söhnen und Familienvätern dürfen aus israelischen Gefängnissen heimkehren. Wieder einmal hat der schwarzbärtige Scheich die Zionisten gefügig gemacht.
Die palästinensische Regierung um Abu Ala stammelte in ihrer Anfangszeit noch etwas von Friedensverhandlungen, erflehte einen Waffenstillstand von den Extremisten in den eigenen Reihen, ist mittlerweile ganz verstummt – kann auf jeden Fall keinerlei greifbare Errungenschaften vorweisen. Als Fazit bleibt für die palästinensische Straße: Der bewaffnete Kampf lohnt sich. Und der Einfluss der libanesischen Hisbolla in Ramalla und Nablus, Dschenin und Hebron nimmt weiter zu.