JERUSALEM (inn) – In der ganzen Welt äußern politische Führer rasche Genesungswünsche für den kranken Premierminister Ariel Scharon. Radikale Palästinenser und Islamisten sehen in Scharons Schlaganfall hingegen ein „Geschenk Gottes“.
US-Präsident George W. Bush sagte, er und seine Frau Laura beteten für Scharon. Das Ehepaar teile „die Sorge des israelischen Volkes“, so Bush. Er nannte den Premier „einen Mann des Mutes und des Friedens“. US-Außenministerin Condoleezza Rice äußerte sich ähnlich und wünschte Scharon gute Besserung.
Der französische Präsident Jacques Chirac übersandte Scharon am Donnerstagmorgen ebenfalls Genesungswünsche und nannte ihn einen „couragierten Führer“, der sich für Frieden einsetze.
Ägyptens Präsident Hosni Mubarak und der jordanische König Abdullah II. drückten gegenüber Scharons Beratern ihre Sorge um Scharons Gesundheitszustand aus. Der EU-Vertreter für Außenpolitik, Javier Solana, wünschte dem Premier ebenfalls schnelles Genesen.
Scharons Krankheit ein „Geschenk Gottes“
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte gegenüber der Internet-Ausgabe der Tageszeitung „Ma´ariv“, er habe den Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, über die Lage Scharons informiert. Abbas habe eine Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts anberaumt, so Erekat. „Abbas versteht, dass Scharons Zustand eine dramatische Auswirkung auf die Palästinenser hat“, sagte Erekat. „Abbas wünscht ihm gute Besserung und eine schnelle Genesung. Wenn Scharon bei den nächsten Wahlen nicht antreten kann, würde das alles verändern.“ Die israelischen Parlamentswahlen sind für den 28. März vorgesehen. Ob Scharons Krankheit auch Auswirkung auf die palästinensischen Wahlen am 25. Januar habe, wisse er nicht, so Erekat.
Ahmed Dschibril, Anführer der „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP), zeigte sich hingegen erfreut über Scharons Zustand: „Wir sagen frei heraus, dass Allah groß ist und eine passende Rache für diesen Schlächter bereit hält. Wir danken Allah für dieses Geschenk, das er uns in diesem neuen Jahr gibt.“
Im Libanon erklärte der Führer des „Islamischen Dschihad“, Anwar Abu Taha: „Uns tut die Krankheit Scharons nicht leid. Lasst ihn zur Hölle fahren, ob er lebt oder nicht. Wir vom Islamischen Dschihad werden unseren heiligen Krieg fortführen, bis wir unsere Rechte haben.“
Ein palästinensischer Kommentator der saudischen Tageszeitung „Al-Arabija“ lobte Scharon indes auf unerwartete Weise als „den ersten israelischen Führer, der den Anspruch Israels auf alles palästinensische Land beendet hat“. Er spielte damit auf den Rückzug aus Gaza und vier Siedlungen im Westjordanland an, den Scharon veranlasst hatte. „Ein lebender Scharon ist jetzt besser für die Palästinenser, trotz all der Verbrechen, die er uns zugefügt hat“, schrieb Ghasi al-Saadi.
Der arabische Knesset-Abgeordnete Ahmed Tibi sagte, Scharon sei zwar sein politischer Gegner, aber er wünsche ihm jedoch „als Mensch und nicht als Arzt“ volle Genesung.
Der stellvertretende Premierminister der PA, Nabil Scha´ath, erklärte, „auf einer rein menschlichen Ebene“ teile das palästinensische Volk die Sorge um Ariel Scharon. Politisch gesehen habe Scharons Zustand großen Einfluss auf die politische Stabilität der Region.
Die Arbeitspartei schrieb in einer Erklärung: „Die Arbeitspartei betet gemeinsam mit dem israelischen Volk für die Genesung von Ariel Scharon.“
Der Vorsitzende der religiösen Schas-Partei, Eli Jischai teilte mit, auch Rabbi Ovadia Josef, der geistliche Führer der Schas, dränge alle Juden dazu, für Scharon zu beten.
Der Knesset-Abgeordnete der Meretz-Jachad-Partei, Jossi Sarid, sagte: „Ich bin nicht sicher, ob ich an Gebete glauben soll, aber ich hoffe, dass Scharon die Operation gut übersteht und zu seinen Aufgaben zurückkehren kann.“
Auch der Rabbiner der Region Gaza, Josef Elnekaveh, sagte gegenüber dem israelischen Rundfunk, trotz der Schmerzen des Rückzuges anerkenne er die Arbeit, die Scharon für Israel geleistet habe. „Er ist ein Bruder“, und das jüdische Volk sollte für Scharon beten, so Elnekaveh. Die meisten Siedler von Gusch Katif würden für Scharons Genesung beten, war sich der Rabbi sicher.
Der japanische Premierminister Junichiro Koizumi wird seine für kommende Woche geplante Israel-Reise offenbar absagen. Ein Treffen mit Scharons sei wegen dessen Gesundheitszustand unwahrscheinlich, hieß es aus Tokio.