CHAN JUNIS (inn) – Palästinensische Sicherheitskräfte haben am Sonntag im südlichen Gazastreifen mit Gewalt eine italienische Geisel befreit. Der Mann war am frühen Morgen entführt worden – die Verantwortung übernahm eine Untergruppe der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden.
Die Geisel, Alessandro Bernardini, gehörte zu einer 18-köpfigen italienischen Delegation, die im Vorfeld der Parlamentswahlen den Gazastreifen besuchte. Die Gruppe war in einem Minibus in der Autonomiestadt Chan Junis unterwegs. Nach einem Aufenthalt in einem Büro kehrten die Italiener zu dem Fahrzeug zurück.
Bernardini verließ das Gebäude als Letzter. Plötzlich hielt ein Wagen neben ihm. Bewaffnete Palästinenser „feuerten dreimal in die Luft, zwangen den Mann in ihr Auto und rasten weg“, berichtete ein palästinensischer Augenzeuge. Die Drahtzieher der Entführung verlangten eine vollständige Untersuchung der Umstände, die zum Tod von Palästinenserführer Jasser Arafat geführt hatten. Zudem forderten sie, für eine Freilassung müssten korrupte Führer aus der Fatah-Bewegung entfernt werden.
Wenige Stunden später stürmten Sicherheitskräfte ein Gebäude, in dem der Italiener festgehalten wurde. Nach einem Schusswechsel konnten sie ihn befreien, wie die Zeitung „Ha´aretz“ berichtet.
Britische Familie wieder frei
Bereits am Mittwoch hatten Palästinenser in Rafah im südlichen Gazastreifen drei britische Staatsbürger entführt. Es handelt sich um die 25-jährige Kate Burton und ihre Eltern Hugh und Helen. Diese hatten ihre Tochter besucht, die für ein Hilfswerk im Gazastreifen arbeitet. Die Entführer gehören einer bis dahin unbekannten Gruppierung an, die sich „Mudschahedin-Brigaden, Jerusalemer Zweig“ nennt.
Am späten Freitagabend kam die Familie nach einer langen Suche durch palästinensische Sicherheitskräfte wieder frei. Kate Burton sagte anschließend gegenüber dem britischen Sender BBC, die Entführer hätten sie gut behandelt und sie immer gefragt, ob sie etwas bräuchten. Sie hoffe, dass sie ihre Menschenrechtsarbeit im Gazastreifen fortführen könne.
Die Gruppierung drohte mit weiteren Entführungen, falls Israel die Zone am Rande des Gazastreifens nicht abschaffe, die seit Mittwoch für Palästinenser verboten ist. Sie habe die Geiseln als „Geste des guten Willens“ freigelassen. Zuvor hätten die Europäische Union und Großbritannien zugesichert, sie würden ein Ende der Pufferzone anstreben. Britische Diplomaten dementierten hingegen jeglichen Kontakt mit den Entführern.