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Fünfzig Jahre Nachkriegsgeschichte

In den Morgenstunden des 5. Juni 1967 begann mit einem Präventivschlag der israelischen Luftwaffe jener Krieg, der als Sechs-Tage-Krieg Geschichte schrieb. Den Konflikt hat er nicht gelöst, neue Krisen und Kriege folgten. Es bleibt die Frage: Was hat dieser legendäre Krieg gebracht? Wir schauen zurück – fünfzig Jahre danach.
Israelische Truppen ziehen über das Löwentor in die Jerusalemer Altstadt ein

Avigdor Lieberman, Israels Verteidigungsminister, sieht die Zukunft in der Trennung der Bevölkerungsgruppen und fordert „einen jüdischen Staat“ Israel. Nur so lasse sich das schwierige Erbe des Sechs-Tage-Krieges ordnen. Der Tageszeitung „Welt“ erklärte er Ende Februar: „Die Zwei-Staaten-Lösung, die zuletzt verhandelt wurde, würde einen seltsamen Zustand schaffen: einerseits einen homogenen palästinensischen Staat, in dem so gut wie keine Juden leben. Israel dagegen bliebe ein binationaler Staat mit einer arabischen Minderheit von mehr als 20 Prozent. Das ist der falsche Ansatz, um eine friedliche Lösung zu finden. Das Prinzip Land für Frieden funktioniert nicht. Wir müssen stattdessen Land und Bevölkerungen austauschen.“

Dem Einwand, dass damit Deportationen unausweichlich würden, entgegnet er: „Man würde nicht Menschen verschieben, sondern Grenzen. Die Araber, die heute in Israel leben, könnten in ihren Dörfern, in ihren Häusern bleiben. Das würde viel mehr Sinn ergeben, als zu den Grenzen von vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 zurückzukehren.“

Der Plan: Israels Ende

Die umliegenden arabischen Länder rüsteten 1967 zu einem Endkampf gegen Israel. „Wir schneiden den Juden die Hälse durch“, tönte es in der arabischen Welt. Der damalige ägyptische Staatspräsident Gamal Abdel Nasser erklärte im Parlament: „Das Problem, das die arabischen Staaten jetzt lösen müssen, ist nicht, ob oder wie der Hafen von Eilat zu blockieren ist, sondern wie der Staat Israel ein für alle Mal ausgelöscht werden wird.“ Am 16. Mai 1967 tönte „Radio Kairo“: „Die Existenz Israels währt bereits viel zu lange. Der Tag der Schlacht, in der wir Israel vernichten werden, ist gekommen.“

Es kam anders: Israel eröffnete am 5. Juni 1967 mit einem wuchtigen Präventivschlag die Kampfhandlungen. Der Krieg begann mit israelischen Luftangriffen auf die ägyptischen Militärbasen. Innerhalb von sechs Tagen hatte sich die Lage im Nahen Osten grundlegend geändert. Ägypten, Jordanien und Syrien waren empfindlich geschlagen worden. Die Golan­höhen, das Westjordanland, die Altstadt von Jerusalem und die gesamte Sinai-Halbinsel wurden erobert. Die Israelis waren selber überrascht. Ein so schnelles Ende des Krieges und ein solch militärischer Erfolg ihrer Streitkräfte verblüffte die ganze Welt. Der Kriegsausgang stellte die israelische Regierung vor die Frage: Wie geht man mit diesem großen militärischen Sieg um?

Die Idee: Land für Frieden

Eine alte Frage nach dem Ende kriegerischer Konflikte: Was wird nach dem Sieg? Als Preußen im Juli 1866 bei Königgrätz die Österreicher geschlagen hatte, drängte der preußische König Wilhelm auf den Weitermarsch nach Wien. Otto von Bismarck bremste. „Im Gegensatz zu nachfolgenden Reichskanzlern beharrte Bismarck auf dem Primat der Politik und Staatsräson: Er setzte einen frühen und vor allem maßvollen Frieden durch, der Österreich das Gesicht wahren ließ und Frankreich die Chance nahm, den eigennützigen Makler zu spielen“, schreibt der „Welt“-Journalist Berthold Seewald. Die Gegner schlossen im August 1866 im Frieden von Prag eine Basis für ein ehrenvolles Weiterleben. Israel wählte ebenso einen Weg, den Gegnern nicht das Gesicht zu nehmen. Die Formel „Land für Frieden“ schien die Lösung zu sein. Israel gibt den Arabern Land und damit ihre Hoheit zurück, und erhält im Gegenzug Frieden und damit die Garantie der fortwährenden Existenz des jüdischen Staates. Doch bereits im September 1967 erklärten die arabischen Staaten auf der Konferenz in Khartum ein „dreifaches Nein“: Nein zum Frieden mit Israel. Nein zur Anerkennung des Staates Israel. Nein zu Verhandlungen mit Israel. Zugegen war auch der erste Chef der 1964 gegründeten „Palästinensischen Befreiungsorganisation“ PLO, Ahmad Schukairi. Er forderte umgehend einen neuen Krieg gegen Israel. Dieser Krieg kam im Oktober 1973 und ging als „Jom-Kippur-Krieg“ in die Geschichte ein.

Zuvor kam jedoch im November 1967 jene UN-Resolution 242 des Sicherheitsrates, die bis heute eine Diskussionsgrundlage von Friedensansätzen darstellt. Im Kern wurde notiert: Freie Schifffahrt in der Region, eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems, die territoriale Unverletzlichkeit und politische Unabhängigkeit eines jeden Staates und der Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Gebieten, die während des jüngsten Konflikts besetzt wurden. Die Forderung nach dem Rückzug „aus Gebieten“ sorgt für Gesprächsstoff, denn es heißt nicht: Rückzug aus „den“ Gebieten. Ebenso wird nicht die Rückkehr aller arabischen Flüchtlinge gefordert, sondern eine „gerechte Regelung“, was auch Entschädigungen bedeuten kann.

Das Erbe: Frieden mit Nachbarn

Vor dem Frieden kam noch der Krieg von 1973. Er zeigte der arabischen Seite erneut die Tatsache, dass der Staat Israel nicht von der Landkarte verschwinden wird. Der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat ergriff die Initiative und bot Frieden an. Im März 1979 wurde dieser Frieden Wirklichkeit, ein „kalter“ Frieden, wie Beobachter oft betonen. Aber ein Frieden, der selbst die Umbrüche in Ägypten überstand. Übrigens, es war ein Frieden, der auf der Grundlage „Land für Frieden“ geschlossen wurde. Bis 1982 zog sich Israel aus dem Sinai zurück, übergab die Öl-Anlagen und räumte die Stadt Jamit. Den bis 1967 von Ägypten besetzten Gazastreifen wollte Kairo allerdings nicht zurück und so wurde Israel zum Besatzer.

Beim Frieden mit Jordanien ging es weniger um Land, eher noch um den Ausgleich in Wasserfragen. Im Oktober 1994 wurde der Frieden feierlich unterzeichnet, Jordaniens König Hussein und Israels Premier Jitzhak Rabin reichten sich die Hände. Ostjerusalem und das Westjordanland blieben unter israelischer Verwaltung. In den folgenden Jahren ließen sich dort Juden nieder, gründeten Ortschaften und schufen damit einen Stein des Anstoßes für die Welt: Siedlungen. Dabei waren es vor allem linksgerichtete Regierungen, die den Bau und Ausbau förderten.

Die Folge: Palästinenser und Terror

Mit einem großen Krieg war Israel nicht auszulöschen. Würde es der Kleinkrieg schaffen? Eine Welle des Terrors gegen Israel und Juden weltweit rollte nach 1967 rings um den Globus. Jeder Fluggast spürt bis heute, was damals mit großen Anschlägen und Flugzeugentführungen begann. 1968 entführten Aktivisten der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) eine „El-Al“-­Maschine nach Algier. 1969 wurde eine Maschine nach Damaskus entführt und gesprengt. Eine lange Terrorliste reicht bis 1976 nach Entebbe und 1977 nach Mogadischu: Entführung der Lufthansa-­Maschine „Landshut“, übrigens in enger Abstimmung mit der RAF in Deutschland. Linker Juden- und arabischer Israelhass reichten sich die Hände. 1972 kam der Horror während der Olympischen Spiele nach München.

Inzwischen hatte dieser Terror der Welt ein neues „Volk“ in den Atlas gebombt: Die Palästinenser. Befeuert von der PLO unter Jasser Arafat wuchs das arabisch-­palästinensische Nationalbewusstsein. Die Völkergemeinschaft in Gestalt der UNO honorierte dieses Auftreten und erklärte 1974 die PLO zum legitimen „Repräsentanten des palästinensischen Volkes“. Eine Randnotiz: 1967 rückte der Ostblock endgültig von Israel ab. Allen voran die Ostberliner SED-Genossen. Sie wandten sich in aller Schärfe gegen die „zionistische Speerspitze des Imperialismus“ und unterstützten mit Waffen und Ausbildungslagern den Terror gegen Israel.

Die Hoffnung: Frieden in Nahost

Seit Jahren diskutiert die Welt eine Zwei-Staaten-Regelung mit einer Rückkehr zu den „Grenzen von 1967“. Gemeint sind jene Linien, die vor dem Krieg als Waffenstillstandslinien die Gebiete im Nachgang des ersten Nahostkrieges von 1948 markierten. Das wird nicht möglich sein. Uhren gehen niemals rückwärts. Und wie die Ostpreußen mit ihren Nachkommen nie wieder allesamt in die alte Heimat zurückkehren, so wird das auch für die Palästinenser nicht gehen. Der „Oslo-Friedensprozess“ und die „Roadmap“ erwiesen sich bislang als von außen gesteuerte Irrwege. Eine Lösung im Nebeneinander von zwei Staaten müss­te derzeit mit drei Staaten rechnen: Israel, „Hamastan“ in Gaza und „Abbastan“ rings um Ramallah. Bleibt der Eindruck, mit der Lage jetzt haben sich alle Seiten arrangiert und können damit leben.

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 2/2017 des Israelnetz Magazins, die sich mit dem Sechs-Tage-Krieg befasst. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915152, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online unter www.israelnetz.com.

Von: Egmond Prill

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