GENF (inn) – Palästinensische und israelische Politiker haben am Montagnachmittag in Genf die „Genfer Initiative“ unterzeichnet. Der Vertrag ist sowohl bei israelischen Regierungsvertretern als auch bei Palästinensergruppen umstritten.
An der Zeremonie nahmen unter anderen mehrere Friedensnobelpreisträger teil, darunter der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, Lech Walesa und – per Videoübertragung – Nelson Mandela. Der palästinensische Verhandlungsführer, Jasser Abed Rabbo, sagte bei dem Treffen: „Ich bin zuversichtlich, daß der heutige Tag einen Neuanfang in Richtung eines historischen Kompromisses markiert.“ Der Außenpolitische Beauftragte der EU, Javier Solana, bezeichnete die Friedensbemühungen als „sehr mutige Initiative“, die zu einem endgültigen Friedensabkommen beitragen könne.
Die Tageszeitung „Ha´aretz“ hatte 876 Israelis zum inoffiziellen Friedensplan „Genfer Initiative“ befragt. Demnach lehnen 38 Prozent die „Genfer Initiative“ ab. 31 Prozent hingegen akzeptieren das Konzept als möglichen Weg zum Frieden. Etwa 20 Prozent äußerten keine Meinung.
Die Umfrage ergab außerdem, daß 13 Prozent der Likud-Wähler der Initiative positiv gegenüber eingestellt sind. Der Likud-Vorsitzende und Premierminister Ariel Scharon hatte die „Genfer Initiative“ zuvor strikt als Alternative zur „Roadmap“ abgelehnt. Sein Medienberater sagte am Montag: „Das Genfer Dokument ist ein schweizerisches Goldenes Kalb für Israels Linke. Es käme Israels Selbstmord gleich.“
Jossi Beilin, der israelische Verhandlungsführer der Initiative, die mit Unterstützung des schweizerischen Außenministeriums ausgehandelt wurde, ist harter Kritik von seiten der israelischen Regierung ausgesetzt. Scharon hatte betont, nur seine Regierung sei zu Verhandlungen mit den Palästinensern berechtigt. Der stellvertretende Premier Israels, Ehud Olmert, warf den Unterhändlern vor, ein Abkommen ausgehandelt zu haben, das „in direktem Widerspruch zur Regierungspolitik steht“.
Nachdem der US-Außenminister, Colin Powell, die Architekten des Plans, Rabbo und Beilin, zu Gesprächen nach Washington einlud, kritisierte ihn die israelische Regierung. Olmert sagte gegenüber dem israelischen Rundfunk: „Powell macht einen Fehler. Ich glaube nicht, daß er damit den diplomatischen Entwicklungen nützt.“
Sowohl Palästinenserpräsident Jasser Arafat als auch der palästinensische Premierminister Ahmed Qrea betonten, daß es sich bei der Initiative nicht um eine offizielle Initiative der palästinensischen Regierung handele.
Friedensaktivisten aus der ganzen Welt, die zu der Unterzeichnung des Friedensplans eingeladen waren, applaudierten. Unterdessen machten Demonstranten während der Zeremonie vor dem Gebäude Lärm.
Am Sonntag hatten militante Palästinenser aus Protest gegen die Friedensbemühungen auf das Haus Rabbos gefeuert. Die Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden bezeichneten die gesamte Genfer Delegation als Kollaborateure. Auch Arafats Fatah kündigte ihren Widerstand gegen die Initiative an. Nach dem Treffen in Genf rief die palästinensische Vereinigung der religiösen Gelehrten ein Dekret („Fatwa“) aus, welches jedem Moslem verbietet, Verträge abzuschließen, wenn dabei auf das Rückkehrrecht der Flüchtlinge verzichtet wird.
Mehr zur „Genfer Initiative“ lesen Sie im Hintergrundbericht „Neuer (inoffizieller) Friedensplan: Die ‚Genfer Initiative'“ von Johannes Gerloff.