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Film über Selbstmordattentäter „bringt zum Lachen“ – und erhält Publikumspreis

BERLIN (inn) – Der Film „Paradise Now“ über zwei palästinensische Selbstmordattentäter hat bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin den Publikumspreis gewonnen. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) und die Leser der Zeitung „Berliner Morgenpost“ wählten den Streifen als ihren Lieblingsfilm.

„Paradise Now“ begleitet 90 Minuten lang zwei palästinensische Selbstmordattentäter. Sie wollen sich in Tel Aviv in die Luft sprengen und Juden töten. Doch an einem israelischen Grenzübergang werden sie voneinander getrennt. Der eine von ihnen beschließt, seine Mission abzubrechen, den anderen begleitet die Kamera auf seiner Bus-Fahrt zum Anschlagort.

Die Kinozuschauer der 55. Berlinale wählten den Film des palästinensischen Regisseurs Hany Abu-Assad als den besten. Ebenso war die Menschenrechtsorganisation AI von dem Film begeistert und wählte ihn zum Sieger des mit 2.500 Euro dotierten Amnesty-International-Filmpreises.

Auch die 25-köpfige Leserjury der „Berliner Morgenpost“ wählte „Paradise Now“ als besten Film. „Dem klugen Film gelingt die schwierige Gratwanderung, weder die Israelis noch die Palästinenser zu kritisieren“, heißt es in der Begründung der Jury. Auf Platz zwei wählten die Leser „Sophie Scholl – Die Letzten Tage“, auf Platz drei „Sometimes in April“, ein Film über den Völkermord in Ruanda.

Doch „Paradise Now“ ist nicht unumstritten. Der Regisseur Abu Assad zeige nicht die Israelis und die Opfer des Attentats, kritisierte etwa die österreichische Zeitung „Die Jüdische“. „Während des gesamten Films sind die Israelis unsichtbar“, schreibt Tobias Ebbrecht in der Zeitung, „man kann sie nur von ferne sehen, als Figuren, und nicht als Menschen“. Die französisch-niedeländisch-deutsche Produktion zeige lediglich die Perspektive der Selbstmordattentäter. Diese „erscheinen in ‚Paradise Now‘ nicht als Täter, sondern als Opfer, wohingegen die Israelis als Täter und nicht als Opfer erscheinen“.

Amir Harel von der Produktionsfirma Lama sagte gegenüber der „Jerusalem Post“, der Film verherrliche nicht die Selbstmordattentäter. „Er hilft dabei, die große Tragödie der Besatzung zu portraitieren“, so Harel.

„Wenn man einen Film über Selbstmordattentäter dreht, dann muss man diese Menschen mit Respekt behandeln“, meinte Regisseur Abu Assad in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der Regisseur, der sich als Pazifist versteht, erklärte: „Jeder vernünftige Mensch auf der Welt weiß, dass es keinen Frieden geben kann, wenn fünf Millionen Palästinenser unter israelischer Besatzung leben und weitere zwei Millionen auf ihrem Recht auf Rückkehr bestehen“

Zu der Szene, in der beim Aufzeichnen der Abschiedsbotschaft der Attentäter mehrmals die Videokamera versagt, sagte Abu Assad in einem Fernseh-Interview lachend: „Glauben Sie mir, in der Realität ist das noch viel witziger“. Er wolle in seinem Film „das Töten nicht in eine so böse Ecke stellen“, sagt er in „Kulturzeit“ auf 3sat. „Um überleben zu können“ töteten die Menschen „seit Tausenden von Jahren“. Den Selbstmordattentätern müsse „Respekt“ gezollt werden, denn auch „das Üble ist ein Bedürfnis“.

Einer der Hauptdarsteller, der Palästinenser Kais Naschef, hofft: „Vielleicht können die Menschen die Lage der Palästinenser so besser nachvollziehen. Für mich ist es schon gut, wenn der Film die Menschen zum Lächeln bringt. Denn wenn sie lächeln, zeigt es mir, dass sie etwas verstanden haben.“ Für seinen Kollegen, den Schauspieler Ali Suliman, sei es wichtig, „bei dieser Thematik den menschlichen Aspekt zu betonen. Wir wollen zeigen, was die Besatzung aus den Leuten macht, die unter diesen Bedingungen leben.“

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