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Ferngelenkter Krieg

Drohnen und Roboter gehören heute zum Waffenarsenal moderner Streitkräfte. Anfangs dienten unbemannte Flugzeuge zur Aufklärung über feindlichem Territorium. Längst können Drohnen mit Raketen zielgenau den Feind treffen, ferngelenkt, per Knopfdruck aus einer Kommandozentrale, Tausende Kilometer vom Schlachtfeld entfernt. Die Israelis waren federführend in ihrer Entwicklung. Sie haben 2003 als Erste bewaffnete Drohnen eingesetzt.

Die deutsche Bundeswehr bediente sich schon vor über 25 Jahren an den in Israel entwickelten unbemannten Systemen. Im März 2010 krachte eine von Israel geleaste Heron I Drohne in Afghanistan in eine parkende Transall, weil ihr "Pilot" beim Probeflug angeblich noch unsicher bei der Bedienung des ferngelenkten Fluggeräts war. Die Amerikaner verloren kürzlich eine hochmoderne unbeschädigte Drohne an den Iran. Immer wieder erfährt man von amerikanischen Drohnen, die Ziele im Jemen oder in Pakistan angreifen. Doch gelegentlich treffen sie auch Hochzeitsgesellschaften und verursachen hohen "Kollateralschaden", die zynische Bezeichnung ziviler Tote in der Militärsprache.

Wie fortgeschritten die Entwicklung "ferngelenkter Waffensysteme" ist, wurde kürzlich in einem kanadischen Film von Leif Kaldor and Leslea Mair vorgestellt. "Killende Roboter gibt es nicht mehr nur in Science-Fiction-Filmen. Sie sind längst Wirklichkeit auf dem Schlachtfeld", heißt es da. Fliegende Roboter und automatisch gesteuerte Jeeps können sehen, angreifen, Menschen erschießen oder retten, ohne das Leben der Soldaten zu gefährden.
Die Produzenten der kanadischen Dokumentation setzten ethische Fragen in den Vordergrund. Was passiert, wenn diese Kampfmaschinen eines Tages "selber denken" und außer Kontrolle geraten? Die UAV (Unbemannte Fluggeräte) könnten in die Hände von Feinden oder gar Terroristen fallen. Sie könnten winzig wie Vögel oder Bienen mit Sprengstoff gefüllt in Schwärmen nach New York fliegen. Dann bräuchte man keine Flugzeuge mehr zu entführen, um einen Terroranschlag wie am 11. September 2001 auszuführen. Und wer trägt die Verantwortung, wenn ein Soldat am anderen Ende des Planeten den Falschen tötet?

Immer mehr Roboter

Die Entwicklung der Roboter steckt noch in den Kinderschuhen. Dennoch bildete 2009 die amerikanische Luftwaffe schon mehr Fernlenker von Drohnen denn Kampfpiloten aus. Unbemannte Kampfflugzeuge werden zur bevorzugten Waffe in 43 Ländern der Welt. Sie gefährden nicht die eigenen Piloten, können bis zu 56 Stunden in der Luft kreisen, sind fast unhörbar und billiger als Kampfjets.

2003 sind die Amerikaner nur "mit einer Handvoll" Drohnen in den Irak einmarschiert. Heute verfügen sie über mehr als 7.000. Damals hatten die USA nicht einen einzigen Roboter für den Einsatz am Boden. Jetzt verfügen sie schon über 12.000, sagt Peter Singer, Autor eines Buches über "Robotiks".

Amerikanische Friedensaktivisten befürchten, dass aus Tausenden Kilometern Entfernung gelenkte Drohnen Unschuldige töten könnten. Doch in letzter Zeit beweisen die Israelis das Gegenteil. Mit ihren Drohnen beobachten sie lange Zeit die Aktivitäten von Terroristen am Boden, etwa wie sie Raketen entladen und in Stellung bringen. Gleichzeitig können sie sehen, ob sich Unbeteiligte in der Nähe befinden. Zielgenau schalten Sie dann die Raketenschützen mit kleinen wirksamen Raketen aus. Bei Attacken im Gazastreifen gab es in den letzten Monaten auffällig geringen "Kollateralschaden". Fast nur Kämpfer wurden getroffen, darunter namhafte hochrangige Offiziere der Hamas oder des Islamischen Dschihad.

Ein Aspekt dieser modernen Kriegsführung sind "asymmetrische Kriege". Heute bekämpfen einander kaum noch stehende Armeen mit Panzern, Flugzeugen und Infanterie. Die Feinde sind Terrorgruppen, die sich in der Bevölkerung verstecken und diese als Schutzschild benutzen. Erfahrungen haben damit Deutsche am Kundus, Amerikaner in Pakistan und Israelis in Libanon und Gaza gesammelt. Sie müssen sich gegen Straßenbomben schützen, die mit Stolperdrähten oder per Fernlenkung mit einem Handy gezündet werden können. "Die Roboter können Sprengsätze entschärfen, ohne dass danach ein Beileidsschreiben an eine Mutter geschickt werden muss", sagt Singer.

Israels Armee hat nach Angaben des Films Roboter entwickelt, die anstelle von Lamas aus Südamerika ihr Gepäck durch unwegsames Gelände schleppen, eigenständig Patrouille entlang dem Grenzzaun zu Gaza fahren, feindliches Gelände erkunden oder sogar einen Feind stellen können.

Die Idee zu einem selbstgesteuerten Jeep erdachten schon vor über 30 Jahren Mitarbeiter des Jerusalemer "Instituts für die Erforschung der Halacha". Weil fromme Juden am Sabbat kein Auto fahren dürfen gemäß dem Prinzip "Du sollst am Sabbat kein Feuer machen", ersannen sie einen Jeep, der vorprogrammiert den Motor startet und selbstständig die Patrouillenstraße eines frommen Kibbutz abfährt. Mitfahren ist frommen Juden erlaubt, solange nur die Maschine "sündigt".

Pioniere aus der Not heraus

Es entspricht der israelischen Mentalität, aus Not eine Tugend zumachen. Deshalb waren sie Pioniere in der Entwicklung von kämpfenden Robotern, unbemannten Aufklärungsmaschinen und Mini-Hubschraubern, die Menschen aus brennenden Hochhäusern evakuieren können. Dahinter steckt die keineswegs selbstverständliche Doktrin, das Leben der eigenen Soldaten um jeden Preis zu schützen. Im Gegensatz dazu wurde gemäß der sowjetischen Kampfdoktrin, 1973 von Ägypten im Jom-Kippur-Krieg angewandt, der Feind mit Tausenden Soldaten überschwemmt, ohne Rücksicht auf eigene Verluste.

Ein weiterer Grund für die Entwicklung der Drohnen dürfte der Versuch der Israelis sein, ihre Feinde möglichst zielgenau zu treffen. Denn hohe zivile Verluste beim Gegner bedeuten im Rahmen des heutigen Propagandakriegs eine schlimmere Niederlage als eine verlorene militärische Schlacht. Flächenbombardements von ganzen Städten, wie noch während des Zweiten Weltkriegs üblich, sind heute fast ausgeschlossen.

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