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Ex-Häftling: „Palästinensische Aufseher waren unhöflicher als israelische“

HEBRON (inn) - Palästinensische Gefängnisse sind für Palästinenser mitunter schwerer zu ertragen als israelische. Das ergab eine Reihe von Interviews der Nachrichtenagentur Reuters unter Arabern aus Hebron. Offenbar hat die Zahl der palästinensischen Beschwerden infolge der Streitigkeiten zwischen Hamas und Fatah zugenommen.

Reuters stellt einen namentlich nicht genannten Palästinenser vor. Vor ein paar Jahren wollte ihn die Hamas für ein Selbstmordattentat rekrutieren. Er lehnte ab, doch vermutet er, dass er aufgrund dieses Kontaktes für mehrere Jahre in ein israelisches Gefängnis kam. Schließlich wurde er freigelassen.

In diesem Herbst nahmen ihn palästinensische Geheimdienstmitarbeiter mitten in der Nacht zu Hause fest. Im Vergleich zu deren Verhalten seien die israelischen Aufseher bei den Verhören geradezu höflich mit ihm umgegangen, berichtet der junge Fabrikarbeiter. Die Palästinenser hätten ihn geschlagen, während er in bei Folter üblichen „Stress-Positionen“ stand oder hing. Sie hätten ihn wiederholt aufgefordert, seine Mitgliedschaft in der Hamas zuzugeben. „Ich sagte ihnen, dass mich die Israelis hatten laufen lassen.“ Dies wäre nicht geschehen, wenn er tatsächlich Mitglied der radikal-islamischen Gruppierung gewesen wäre.

Der ehemalige Häftling bezeichnet sich selbst als Muslim: „Ich bin religiös, aber ich gehöre nicht zur Hamas.“ Seine Peiniger würde er nicht wiedererkennen, weil sie ihm die Augen verbunden hätten. Aus ihrem Akzent zu schließen, stammten sie nicht aus der Gegend von Hebron. Möglicherweise seien sie mit den palästinensischen Sicherheitskräften in die Stadt gekommen, die im Oktober in Hebron stationiert wurden.

Nach drei Tagen der Misshandlung im Militärgefängnis wurde der Palästinenser ohne weitere Vorkommnisse noch eine Woche lang festgehalten. Prellungen sind an seinem Körper nicht mehr zu sehen. Aber er habe zweimal wegen seiner Schmerzen in den Muskeln einen Arzt aufgesucht. Er fügt hinzu: „Sie sagten mir, dass ich beim Arzt nicht erzählen dürfe, wie ich verletzt wurde.“

Zahnarzt ohne Angabe von Gründen inhaftiert

Ein weiterer Häftling ist der 34 Jahre alte Zahnarzt Amdschad al-Hammuri. Er wurde Mitte Oktober in seiner Praxis von etwa einem Dutzend Männern verschleppt. Vor einem Monat ordnete das Oberste Gericht der Palästinenser seine Freilassung an. Dennoch bleibt er in Haft, erzählt sein Vater. Der Sohn hat wegen seiner islamistischen Vergangenheit zwischen 2002 und 2004 zweieinhalb Jahre in israelischen Gefängnissen verbracht. Im Jahr 2006 trat er bei den Parlamentswahlen für die Hamas an, erhielt aber trotz des Wahlsieges kein Mandat.

Seit seiner Festnahme hatte Al-Hammuri mehrfach Besuch von Verwandten. Doch niemand habe der Familie eine Begründung für die Haft geliefert. Es gebe auch keine Anklage. „Was kann ich tun, wenn sie selbst das Oberste Gericht ignorieren?“, fragt der Vater. „Niemand weiß, was passiert.“

Techniker wegen angeblichen Waffenbesitzes gefoltert

Der 18-jährige Techniker Abu Esnaina, der nur mit seinem Familiennamen genannt werden möchte, wurde an einem Samstagabend von bewaffneten Männern zu Hause überrascht und gefragt: „Wo haben Sie Ihre Kalaschnikow und Ihre Pistole versteckt?“ Die Männer gehören dem Geheimdienst von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) an. Abu Esnaina sagte während seines Verhörs, er habe keine derartigen Waffen.

Nach seinen Angaben musste er bis zur Erschöpfung Liegestützen machen und in die Hocke gehen. Die Wärter hätten ihm den Kopf bedeckt, Arme und Beine an einem Stuhl festgebunden und ihn mit einem Kabel geschlagen. Sie hätten ihm Jacke und T-Shirt abgenommen und seine Arme hinter den Rücken gebunden. Er habe die kalte Nacht im Freien verbringen müssen. Auch sei er erneut geschlagen worden. Abu Esnaina gehört zu einem der mächtigsten Clans in der Stadt.

Als der Jugendliche nach Hause zurückkehrte, konnte er nicht mehr gehen. Reuters führte das Gespräch mit ihm daher im Hauptkrankenhaus von Hebron.

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