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Ex-Botschafter Stein: Zeit für zwei Staaten noch nicht gekommen

BERLIN (inn) - Weder Israelis noch Palästinenser sind zum jetzigen Zeitpunkt reif für eine Zweistaatenlösung. Diese Ansicht vertritt der frühere israelische Botschafter in Berlin, Shimon Stein, in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine".

Stein verweist in seinem Artikel auf die Baugenehmigung für neue Wohneinheiten im Jerusalemer Stadtteil Gilo, die Bundeskanzlerin Angela Merkel als "Provokation" kritisiert hatte. In der Pressemitteilung nach einem diesbezüglichen Telefonat mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu habe die Kanzlerin ihre Erwartung "klar und unmissverständlich" zum Ausdruck gebracht: dass Israel "von provokativen Handlungen Abstand nehmen" möge. "Es solle aber kein Zweifel gehegt werden am israelischen Interesse, die Verhandlungen auf der Grundlage der Erklärung des Nahost-Quartetts wiederaufzunehmen. Wie wir wissen, betrachten die israelische Regierung und mit ihr breite Teile der israelischen Gesellschaft – sowie des jüdischen Volkes – das vereinigte Jerusalem als Hauptstadt Israels. Insofern werden weitere Bautätigkeiten in Jerusalem als normaler Vorgang und nicht als eine Provokation angesehen. Daran wird sich nichts ändern."

In dieser Situation rät Stein einer israelischen Regierung, "die ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert hat, die Verhandlungen auf der Basis der Quartett-Erklärung aufzunehmen", die Genehmigung für neue Bauplanungen (auch in Jerusalem) auszusetzen. "Denn es gilt: Sei klug und nicht gerecht." Der Autor fügt hinzu: "Aber einmal angenommen, die israelische ‚Provokation‘ hätte nicht stattgefunden: Würden umgekehrt die Palästinenser ihre Bedingungen für die Wiederaufnahme der Verhandlungen aufheben, geschweige denn, ihre einseitige UNO-Initiative für diese Zeit aussetzen? Das ist nur schwer vorstellbar."

Die Ansprachen von Netanjahu und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas vor der UN-Generalversammlung zeigen nach Steins Ansicht, "wie tief die Kluft zwischen den Parteien derzeit ist. Und so bleibt die bittere Wahrheit: Die beiden Gesellschaften haben noch längst nicht die erforderliche Reife, die sie für die historischen Entscheidungen bräuchten, um die Idee von zwei Staaten für zwei Völker in Palästina zu realisieren".

Unrealistische Ziele führten zu allzu hohen Erwartungen, die nicht erfüllt werden könnten, meint der Senior Fellow am Institut für nationale Sicherheitsstudien an der Universität Tel Aviv. "Diese wiederum bedingen Enttäuschungen mit unvorhersehbaren Folgen. Das letzte Beispiel dafür lieferte das Quartett, das in seiner Erklärung Zeiträume für einen umfassenden Frieden gesetzt hat, die unrealistisch sind. Es stellt sich die Frage, wem solche Erklärungen dienen. Den beteiligten Parteien jedenfalls nicht."

In dem Artikel "Auf dem Boden bleiben" zählt Stein Vorfälle auf, die in der Vergangenheit zu Spannungen zwischen Israel und Deutschland geführt haben. Dazu gehören die offizielle deutsche Neutralität im Jom-Kippur-Krieg von 1973 und die Hilfe deutscher Firmen beim Aufbau des chemischen Waffenarsenals im Irak Anfang der 90er Jahre. Auslöser sei hier immer das Verhalten der Bundesrepublik gewesen, "das eine negative Reaktion in Israel auslöste und wiederum zur Verschlechterung der Beziehungen führte, also letztlich zu einer Enttäuschung der gegenseitigen politischen Erwartungen". Doch in dem erwähnten Fall habe die israelische Regierung "durch eine Entscheidung im Bereich Siedlungsbau und den für die Bekanntgabe gewählten Zeitpunkt zur Enttäuschung der Erwartung und infolgedessen zu Vertrauensverlust geführt".

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