JERUSALEM (inn) – Erstmals in der Geschichte Israels übersteigt die Zahl der Schulanfänger an jüdisch-religiösen Schulen die der Erstklässler an säkular ausgerichteten Schulen um mehrere tausend. Das geht aus Zahlen des Bildungsministeriums hervor, über die die Nachrichtenseite „Times of Israel“ anlässlich des Schuljahresbeginns am Montag berichtet.
Demnach feierten rund 177.000 Kinder ihren Schulanfang:
>> 66.185 an säkularen Staatsschulen (37 Prozent)
>> 42.751 an ultra-orthodoxen Schulen (24 Prozent)
>> 29.470 an staatlich-religiösen Schulen (17 Prozent)
>> 11.418 an beduinischen Schulen (6 Prozent)
>> 26.975 an arabischen Schulen (15 Prozent)
Die Zahl der Erstklässler an orthodoxen Schulen übertrifft die der Erstklässler an säkularen Staatsschulen damit um 6.000; das ergibt ein Verhältnis von 52 zu 48 Prozent. Im Jahr 2000 lag das Verhältnis noch bei 39 zu 61 Prozent, 2015 bei 45 zu 55 Prozent.
„Dramatische Entwicklung“
Die Entwicklung beschreibt der Demograf Sergio DellaPergola gegenüber der „Times of Israel“ als „dramatisch“: „Wir erleben einen Wandel in der Struktur des Landes.“ Für die zurückliegenden Jahre vermutet er Auswanderung infolge der Justizreform als Hauptursache dieser Entwicklung; festlegen wollte er sich dabei jedoch noch nicht.
Als besondere Herausforderung für die Gesellschaft sieht er die wachsende Zahl an Ultra-Orthodoxen. Der Staat stelle zwar Mittel für deren Erziehung zur Verfügung, bekomme im Vergleich aber wenig zurück, da viele Männer in dieser Gruppe keiner Arbeit nachgehen und den Armeedienst verweigern.
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Bildungsmisere als Sicherheitsgefahr
Der Wirtschaftsforscher Dan Ben-David beklagt, dass Israel ohnehin schon bei den PISA-Tests schlecht abschneide. Für den Zeitraum 2006 bis 2022 komme das Land nur auf Platz 31 von 36 OECD-Ländern. Würde man nur die säkularen Schulen heranziehen, läge Israel auf Platz 22, bei den staatlich-religiösen Schulen auf Platz 29.
Ultra-Orthodoxe kämen in der Auflistung überhaupt nicht vor, weil dort die gefragten Fächer wie Mathe und Naturwissenschaften zum Teil gar nicht unterrichtet würden. Das Niveau in arabischen Schulen sieht Ben-David unterhalb der Entwicklungsländer.
Der Wissenschaftler der Universität Tel Aviv fordert daher eine Bildungsreform. Andernfalls könne Israel in Zukunft nicht mit anderen Ländern mithalten. „Wir stehen vor einer nationalen Sicherheitskatastrophe.“ (df)
2 Antworten
Verstehe ich das richtig, dass die ultra-orthodoxen Kinder nicht in Mathematik und in keinen naturwissenschaftlichen Fächern unterrichtet werden? Das Einmaleins ist doch eine Grundlage und Basiswissen für das ganze Leben! Aber wieviele Kinder sie in die Welt setzen, wissen sie schon? Werden diese Kinder nicht irgendwann Probleme bekommen? Ich meine, warum verwehrt man seinen Kindern Wissen zu vermitteln? Und trotzdem sind die Juden so ein unglaublich kluges Volk. Entschuldigung, ich will niemandem zu nahe treten, ich bin sicher nicht so gut darin informiert. Ich würde dem israelischen Volk Schulen wünschen, in denen eine Kombination aus religiösen und säkularen Inhalten gelehrt wird.
Beunruhigend, um es ganz zurückhaltend zu formulieren.