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Erdogan: „Heute sind Palästinenser die Opfer“

ANKARA (inn) – Die Israelis gehen mit den Palästinensern so um, wie die Spanier während der Inquisition die Juden behandelt haben. Diese Auffassung vertrat der türkische Premierminister Tayyip Erdogan im Gespräch mit der Tageszeitung „Ha´aretz“.

Nach Erdogans Ansicht sind die Beziehungen zwischen dem türkischen und dem israelischen Volk in Ordnung. Das Problem liege vielmehr auf politischer Ebene. „Wir sind dafür, dass der Friedensprozess wieder aufgenommen wird, und die israelische Regierung hat nichts zu unseren entsprechenden Bemühungen beigetragen“, so der Premier. „Ich hätte mir gewünscht, dass eine Regierung, ein Kabinett, nicht beschließt, einen Menschen gezielt zu töten, weil Regierungen niemals das Gesetz außen vor lassen sollten.“

Auf die Frage, ob Israel seiner Meinung nach eine Form des „Staatsterrors“ praktiziere, antwortete Erdogan: „Ich werde sehr aufrichtig sein und Ihnen meine Beobachtungen offen mitteilen. Wenn man die Struktur der Ereignisse betrachtet, wie kann man es sonst deuten?“

Trotz der gegenwärtigen Differenzen ist der Premierminister zuversichtlich: „Die Beziehungen sind stark genug, um die Schwierigkeiten zu überwinden. Wir sollten das nie vergessen. Unsere Vorfahren haben in ihrer stärksten Epoche im Laufe der Geschichte ihre Herzen für die Juden geöffnet, die während der Inquisition aus Spanien vertrieben worden waren. Sie haben Herzen und Häuser für die Juden geöffnet. Damals waren Juden die Opfer.“

Dies habe sich inzwischen geändert. „Heute sind die Palästinenser die Opfer, und leider behandelt das Volk Israel die Palästinenser so, wie es vor 500 Jahren behandelt wurde“, sagte Erdogan. „Sie feuern von Hubschraubern Bomben auf Menschen – Zivilisten – ab, töten Menschen rücksichtslos – Kinder, Frauen, Alte – und zerstören ihre Häuser mit Bulldozern.“

Aufgrund der geographischen Lage und der Geschichte in den Beziehungen der beiden Länder müssten Israel und die Türkei ehrlich miteinander umgehen und über ihre Angelegenheiten sprechen. Nach dem Anschlag in Istanbul am 15. November habe er mit den wichtigsten Ministern den türkischen Oberrabbiner besucht – „so wie ich alle verwundeten jüdischen Bürger meines Landes nacheinander an ihren Krankenhausbetten besuchte. Denn ich hätte sie nicht diskriminieren können. Sie sind alle meine Staatsbürger, die Moslems und die Juden und jeder andere. Ich bin der Premier von allen, nicht nur von den Moslems. Ich war der erste Premierminister in der Geschichte, der den Oberrabbiner besucht hat.“

Terror ist nach Erdogans Ansicht nicht das Problem eines einzelnen Landes, wie Israel, sondern ein internationales Phänomen. „Wir müssen einen gemeinsamen Plan fassen, um den Terror zu bekämpfen. Die Nachrichtendienste verschiedener Länder müssten wirklich zusammenarbeiten. Wenn eine gemeinsame Plattform für den Kampf gegen den Terror eingerichtet werden kann, können wir Ergebnisse erzielen.“

Wichtig sei jedoch: „Während wir das tun, dürfen wir eins nicht vergessen: Wir müssen diese Herausforderung annehmen und diesen Kampf austragen im Rahmen der Menschenrechte und der Vormacht des Gesetzes. Zu sagen: ‚Ich bin der Stärkere, deshalb kann ich jeden, den ich will, als Terroristen oder Verbrecher bezeichnen und sie einfach töten und gehen‘ – diese Geisteshaltung ist falsch.“

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