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Entscheidend: Nahost-Politik im US-Wahlkampf

In den USA hat der Wahlkampf begonnen: Der republikanische Präsident George W. Bush kämpft um seine Wiederwahl, der Demokrat John F. Kerry zum ersten Mal um das höchste Amt der USA. Mit entscheidend für das Wahlergebnis wird auch das Wahlverhalten der amerikanischen Juden sein – und somit auch die bisherige oder geplante Nahost-Politik der beiden Kontrahenten.

Von den in den USA lebenden rund 281 Millionen Bürgern sind 5,7 Millionen Juden. Amerikanische Juden machen einen Anteil von zwei Prozent an der Gesamtbevölkerung aus. Doch die Wahlbeteiligung der amerikanischen Juden gilt mit rund 90 Prozent gemeinhin als hoch, ihr Anteil an der Gesamtabstimmung beträgt zwischen drei und vier Prozent und ist so erheblicher als der Anteil weiterer Wählerschichten der amerikanischen Bevölkerung.

Schon seit Jahrzehnten wählt die jüdische Bevölkerung in den USA größtenteils die demokratische Partei. Auch jüdische Politiker sind oder waren meist Demokraten. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Bei den Wahlen zum Kongress oder in den Städten haben jüdische Amerikaner auch durchaus Republikaner bevorzugt, wie im November 1993, als sie den Republikaner Rudolph Giuliani und nicht David Dinkins von den Demokraten zum Bürgermeister von New York City wählten.

Republikaner gelten als konservativ und suspekt

Warum tendieren jüdische Amerikaner aber meist zu den Demokraten? Mit einen Grund für dieses Wahlverhalten sehen Wahlforscher in dem Misstrauen gegenüber dem häufig deutlichen Bekenntnis republikanischer Politiker zum Christentum, das aus verständlichen Gründen mit der Nazi-Herrschaft in Deutschland und Europa verknüpft ist. „Die konservativen Christen haben Israel besonders unterstützt, aber viele amerikanische Juden denken, dass die Mehrheit von der religiösen rechten Seite antisemitisch sei“, schreibt David Twersky in einem Artikel in der „Washington Times“. Auch Umfragen bestätigen diese Meinung. Seit jeher sind Juden aus Europa und anderen Teilen der Welt vertrieben worden und immer wieder war der christliche Glaube mit ein Vorwand dafür.

Republikanische Kandidaten werden – so schreibt die Wochenzeitung „Die Zeit“ – von zahlreichen jüdischen Bürger zudem mit einem „suspekten Club von Ölmillionären mit erzkonservativen gesellschaftlichen Ansichten und guten Beziehungen zu arabischen Potentaten“ verknüpft. Doch gerade bei dem amtierenden Präsidenten George W. Bush zeichnet sich ein Stimmungswechsel unter amerikanischen Juden ab: Obwohl Bush immer noch den kleineren Stimmenanteil jüdischer US-Bürger erhält, hat er nach einer Umfrage elf Prozent mehr der Stimmen amerikanischer Juden erhalten, als noch im Jahr 2000, sodass ihn jetzt insgesamt rund 31 Prozent der Juden in den USA gegenüber seinem demokratischen Herausforderer Kerry bevorzugen („Washington Times“).

Grund für Stimmungswechsel: Bushs Nahost-Politik

Der Grund für diesen Stimmungswechsel ist nicht zuletzt die Nahost-Politik, die Bush insbesondere seit den Attentaten am 11. September 2001 auf die USA verfolgt. Zwar hat Bush als erster Präsident in der Geschichte öffentlich die Gründung eines eigenständigen Palästinenserstaates befürwortet, dies jedoch mit der klaren Ablehnung Jasser Arafats als Verhandlungspartner und Führer des palästinensischen Volkes verknüpft. Mit Arafat als Vorsitzendem der Palästinenserregierung werde es keinen Palästinenserstaat geben, so Bush.

Hinzu kommt die persönliche Freundschaft, die den US-Präsidenten mit Israels Premierminister Ariel Scharon verbindet und aus der weder Bush noch Scharon einen Hehl machen. Beide haben sich auf einer Israel-Reise Bushs im Jahr 1998 kennen gelernt – Scharon begleitete damals Bush auf einem Helikopter-Rundflug über Judäa und Samaria und erläuterte dem damaligen Gouverneur von Texas die politische Situation und die Bedrohungen, unter denen die israelische Bevölkerung zu leiden hat.

Konstante in US-Geschichte: Verbundenheit zu Israel

In der amerikanischen Geschichte ist die Verbundenheit zu Israel eine feste Konstante. Schon Harry S. Truman, demokratischer Präsident in den Jahren 1945-1953, war der tiefen Überzeugung, dass der Staat Israel existieren muss. Obwohl er viel Gegenwind vom seinem Außenminister bekam, stellte er sich intuitiv zur Gründung Israels im Mai 1948. Auch der republikanische Präsident Richard Nixon empfand eine moralische Bindung zu Israel: er ließ Israel im Jom-Kippur-Krieg 1973 Waffen zukommen, um das bedrängte Land zu unterstützen. Der demokratische Präsident Jimmy Carter sah sein Verhältnis zu Israel mehr als Vermittler zwischen Israel und Ägypten. Ergebnis seiner Politik war das ägyptisch-israelische Friedensabkommen im Jahr 1979.

Eine ähnliche Politik der Vermittlung verfolgte Bill Clinton in seiner Amtszeit zwischen 1992 und 2000. Unter seiner achtjährigen Regierung sicherte er sich, wie schon Jimmy Carter, eine große Mehrheit der Stimmen der amerikanischen Juden. Unter Clintons Präsidentschaft kam es am 13. September 1993 zu dem Händedruck zwischen PLO-Chef Arafat und dem damaligen israelischen Premier Jitzhak Rabin, zu Friedensverträgen und Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern. Auch diese Politik ist mit ein Grund dafür, dass 81 Prozent der jüdischen Bürger Amerikas im Jahr 2000 ihre Wählerstimme dem demokratischen Kandidaten Al Gore gaben.

Doch die Zustimmung zur Politik von Amtsinhaber George W. Bush wird immer größer, nur noch 75 Prozent der amerikanischen Juden würden laut Umfragen derzeit Herausforderer Kerry wählen. Das mag insbesondere an der politischen Einstellung Bushs gegenüber PLO-Chef Arafat liegen: Während Arafat von Bill Clinton mehr als 20 Mal ins Weiße Haus eingeladen wurde, gewährte Bush dem Palästinenserführer bislang keine Unterredung. Der amtierende Präsident setzt damit seine in seiner Grundsatzrede vorgestellte Nahost-Politik konsequent um – was George W. Bush viele Sympathien bringt.

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