Suche
Close this search box.

Einseitigkeit und tendenziöse Analyse

Die Berichterstattung vieler Medien in Deutschland über Israel, über den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis und über den allgemeinen Konflikt zwischen der arabischen Welt und Israel leidet oft unter Einseitigkeit, tendenziöser Analyse der Lage in dieser Region, subjektiven Vorurteilen, Vereinfachung der komplexen Realität und einer fehlenden historischen Vision der Taten.

Oft scheint es, als versuchten große Teile der Deutschen Presse, nicht über die Lage in dieser Region der Welt zu berichten, sondern in der Sache zu entscheiden – wer hat recht, und wer nicht. Journalisten und Redakteure sind nicht mehr objektive Presse-Leute, sondern werden Richter: sie beurteilen, wer schuldig ist und wer nicht, wer verantwortlich ist und wer nicht, und das durch die Wahl ihrer Worte, ihrer Titel, ihrer Fotos und durch die Themen, über die sie schreiben oder berichten. Man kann leider selten von beruflicher Objektivität sprechen. Man engagiert sich, man zeigt sich solidarisch mit einer Seite, man läßt oft seine Emotionen sprechen.

Als Journalist kenne ich sehr gut die Bedingungen, unter denen die Presse funktioniert und funktionieren muß. Zwischen kommerziellem Kalkül, Zeitdruck, politischen Überlegungen und Interessen und der Schwierigkeit, persönliche Ideen und Ethik voneinander zu trennen, müssen wir Journalisten alle manövrieren. Besonders schwierig ist es, wenn man persönlich Teil eines Konflikts ist – wie es für uns, israelische und palästinensische Journalisten, ist.

Aber wenn es um die deutsche Presse geht, dann sollte es nicht zu schwer sein, objektiv und bei den Fakten zu bleiben. Schließlich ist Deutschland keine Partei des Konflikts und sollte nicht versuchen, eine Partei zu werden. Das, glaube ich, vergessen viele deutsche Journalisten, wenn sie über Israel berichten und schreiben. Wie das passiert, werde ich versuchen, Ihnen mit konkreten Beispielen zu zeigen. Warum es so ist, wäre eine andere wichtige Frage.

Angesichts der Proportionen, in denen man in Deutschland über Israel und den Nahost-Konflikt berichtet, sehe ich die Notwendigkeit einer kritischen Analyse der Nahost-Berichterstattung in diesem Land. Die deutsche Presse – wie jede andere Presse – hat eine besondere Verantwortung: sie bildet und formiert die öffentliche Meinung. Gerade deswegen sollte die Presse sich sehr vorsichtig mit einem heiklen und komplexen Thema beschäftigen, wie dies bei der Lage im Nahen Osten der Fall ist. Das ist aber heute meistens leider nicht der Fall. Die Berichterstattung großer Teile der deutschen Medien ist oft bewußt oder unbewußt einseitig, tendenziös, unfair und nicht genügend informativ.

Im Vergleich mit anderen Konflikten in der Welt wird über den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern unverhältnismäßig überberichtet. So hat zum Beispiel die deutsche Presse in den letzten Wochen „Den fast vergessenen Krieg“ im Kongo („Stern“) entdeckt. In den letzten vier Jahren starben dort fast fünf Millionen Menschen. Wie kann man so etwas fast vergessen? Und wie oft hat man in diesem Zeitraum über unseren Konflikt berichtet – in dessen Folge seit 2,5 Jahren etwa 3.500 Menschen starben? Jeder Tote, jedes Opfer sind ein Toter und ein Opfer zu viel. Aber wo liegen die Proportionen? Man verwandelt einen lokalen, nationalen Konflikt in eine globale Bedrohung. Warum?

Und dann kommt die systematische Dämonisierung des Bildes Israels. Um nicht zu negativ zu wirken, teilen viele deutsche Medien Israel so ein: Es gibt das böse Israel, aber auch das gute Israel.

Wer sind die bösen Israelis? Die Rechten, die Likud-Anhänger, die streng Religiösen, die Soldaten und natürlich auch die Siedler. Diese Israelis werden als das absolute Böse gezeigt – aggressiv, kampfsüchtig, radikal, ohne irgendwelchen Versuch, die politische Überzeugungen dieser Leute zu verstehen und den Lesern zu erklären. Diese Überzeugungen werden plakativ als falsch interpretiert und die Anhänger dieser Überzeugungen werden gezeigt als Hindernis für den Frieden in der Region, wenn nicht in der ganzen Welt.

Wer sind die guten Israelis? Dies sind die Linken, die Arbeitspartei-Anhänger, Soldaten, die ihren Militärdienst verweigern, ein paar Linksradikale, die immer wieder zwischen dem heutigen Israel und Nazi-Deutschland vergleichen.

Die Tatsache, daß die „Guten“ heute nur eine reduzierte Minderheit sind, beweist für viele, daß das alte, gute, linke Israel nicht mehr existiert, und daß die Israelis plötzlich zu einer faschistoiden, kriegstreibenden Nation geworden sind. Das ist ein Bild, das der Realität natürlich nicht entspricht, aber das von vielen deutschen Medien verbreitet wird. (…)

Die israelische Realität wird dann so einfach dargestellt: es gibt Israelis, die für den Frieden sind, und Israels, die einem Frieden feindlich gegenüberstehen. Die Komplexität des Konflikts erscheint dadurch verschwommen. Und dadurch, daß die Israelis in ihrer großen Mehrheit „anti- friedlich“ sind und eine „friedensfeindliche Regierung“ haben, kommt es zu einer vereinfachten Vorstellung des Konflikts mit den Palästinensern, als gäbe es einerseits „die immer beschuldigten Täter“ – Israel, und anderseits „die Opfer“ – die Palästinenser.

Dieses falsche Bild wird durch die Tatsache geschaffen, daß man nicht mehr zwischen Ursache und Ergebnissen unterscheidet, daß man gezielte palästinensische Terrorakte gegen Zivilisten und gezielte israelische militärische Operationen gegen Terroristen als Gewalt und Gegengewalt präsentiert, daß man über anonyme israelische Terroropfer oft so berichtet, als wären sie legitime Ziele des sogenannten palästinensischen nationalen Kampfes.

Nehmen wir, zum Beispiel, die Entwicklungen der letzten Tage im Nahen Osten: wie haben die Medien in Deutschland über die neue Gewaltwelle der letzten Tagen berichtet?

Zur Erinnerung: nach dem Akaba-Gipfel-Treffen zwischen Bush, Sharon und Abu Mazen, einem Gipfel, der ein neuer Anfang für den Friedenprozeß sein sollte, hat Abu Mazen erklärt, daß alle terroristischen Aktionen gestoppt werden müssen – durch Verhandlungen und nicht mit Gewalt. Hamas, Jihad al-Islami und die Al-Aksa-Brigaden haben solche Verhandlungen sofort abgelehnt. Kaum 24 Stunden nach dem Gipfel wurde ein israelisches Liebespaar – sie war 17, er 27 Jahre alt – von Palästinensern in einem Wald neben Jerusalem kaltblütig mit Äxten erschlagen. Die deutsche Presse berichtet darüber nicht.

Am Tag danach wurden israelische Soldaten das erste Mal Ziel einer koordinierten Attacke von allen drei oben genannten palästinensischen radikalen Organisationen. Dabei starben vier Soldaten. Der Sprecher der Hamas, Abdel Aziz Rantisi erklärte, daß der bewaffnete Kampf gegen die Zionisten nicht aufhören wird. Die Hamas-Führung lehnte den „Fahrplan“ total ab, wie auch die Verhandlungen über eine Feuerpause. Angesichts dieser Taten und Drohungen reagierte Israel mit einem Versuch, Rantisi zu töten. Rantisi überlebte, drei Palästinenser starben, 30 wurden verletzt, und Rantisi droht wieder: „Alle Israelis sind ab jetzt Ziele.“

Wie hat man in Deutschland darüber berichtet? Im ZDF-Abendjournal sagt die Moderatorin: „Es ist ein schwerer Rückschlag für den gerade wieder in Gang gekommenen Nahost- Friedensprozeß.“ Rantisi, sagt sie, überlebte den Angriff, aber „eine Passantin und ihre achtjährige Tochter starben“. In einem Bericht wird Rantisi vom Krankenhausbett aus interviewt, und er sagt: „Das ist ein Krieg, den die Israelis gegen uns führen. Sie wollen uns fertigmachen.“ „Dieser Mordversuch torpediert alle Friedensbemühungen“, berichtet der Korrespondent vor Ort, ohne zu erklären, warum Israel Rantisi töten wollte. Rantisi, ein Radikaler unter Radikalen, wird gezeigt als Opfer der gewalttätigen Anti-Friedenspolitik der israelischen Regierung.

Dagegen kann die ARD berichten, daß „Israel (die Tat) damit gerechtfertigt hat, daß (Rantisi) für den Angriff auf die vier Soldaten“ verantwortlich war, die bei dem Überfall vor ein paar Tagen ermordet wurden.

Im ZDF-Nachtjournal am selben Tag sagt der Moderator: „Abdel Aziz Rantisi ist kein Mann des Friedens, jedenfalls nicht des Friedens, den sich der amerikanische Präsident, der israelische und sein eigener – der palästinensische Premier – vorstellen“. (Welche andere Idee des Friedens Rantisi hat, erklärt uns der Moderator aber nicht). Der moderiert weiter: „Vor zehn Tagen hat Rantisi in einem Interview mit uns erklärt, seine Organisation – die Hamas – werde den Friedensfahrplan bekämpfen. Heute sollte Rantissi sterben. Der israelische Helikopter schoß ein paar Sekunden zu spät. Der Mann der Hamas entkam. An seiner Stelle starben eine unschuldige Passantin und ihre kleine Tochter. Und wenn es so weiter geht, stirbt auch der gerade begonnene neue Friedensprozeß“.

Wie berichten die Zeitungen über die Entwicklungen? Die „Süddeutsche Zeitung“ titelt am Tag nach der mißlungenen militärischen Aktion auf ihrer ersten Seite: „Angriffe Israels bedrohen Friedensplan“. Die „taz“ veröffentlicht ein Bild von einem israelischen Mädchen, dessen Familie in den Gebieten lebt. Das Mädchen hat einen Stein in den Händen, denn es wollte eine Mauer bauen, um israelische Soldaten daran zu hindern, illegale Außenposten zu räumen. Dieses Mädchen hat den Stein auf niemanden geworfen, im Gegensatz zu anderen Kindern in der Region. Trotzdem lautet die schriftliche Beschreibung dieses Bildes: „Gewalt von Kindesbeinen an: jüdische Siedlerin in Ofra“. Dasselbe Bild erscheint in „Der Welt“ neben einen Bericht über die „Jungen radikalen Siedler“. (Ich werde zu diesem Bild später zurückkommen, um zu zeigen, wie man das Thema „Kinder“ in der Presse manipuliert.)

Zunächst aber zurück zur Aktualität: die „FAZ“ schreibt am selben Tag über Rantisi: „Der gelernte Arzt ist Mitglied der politischen Führung der Organisation und hatte mit den versteckt operierenden Terrorzellen nichts zu tun“. Diese Entschuldigung widerspricht allen öffentlichen und bekannten Informationen über Rantisi, der in verschiedenen Interviews selbst dazu aufgerufen hat, Israel zu zerstören. Aber für die „FAZ“ ist Rantisi unschuldig.

Am Tag danach verübt die Hamas ein Selbstmordattentat in einem Bus in Jerusalem – 17 Menschen sterben, fast alle Zivilsten. Mehr als hundert werden verletzt – Passanten und Passagiere.

Ist das laut deutschen Medien auch eine Bedrohung für den Friedenprozeß?
Das ZDF erklärt im Abendjournal: „Es begann gestern, obwohl es immer so schwierig zu sagen ist, wenn Gewalt und Vergeltung so schnell auf einander folgen, aber es war ein neuer Schritt der Eskalation, als gestern Abdel Aziz Rantisi von den Israelis mit einem Helikopter angegriffen wurde. Ein Mann, den die Israelis seit Monaten jeden Tag hätten erschießen können, wurde ausgerechnet gestern quasi hingerichtet“. Israel ist schuldig.

Und was schreibt die „Süddeutsche Zeitung“? „Gewalt im Nahen Osten eskaliert – einen Tag nach dem israelischen Mordanschlag auf einen Hamas-Führer ist die Gewalt im Nahen Osten eskaliert“. Wer ist dann jetzt für die Gewalt verantwortlich?

Und wer sind die israelischen Opfer? Hier ist eine Liste, die man in der deutschen Presse nicht finden kann: Elza Kohen, 70 Jahre alt, Holocaustüberlebende; Mirjam Levi, 74 Jahre alt; Martin Tita, 73 Jahre alt; Alexander Kazaris, 77 Jahre alt; Malka Sultan, 67 Jahre alt; usw., usw. In der deutschen Presse spricht man nur von einer Zahl anonymer Opfer – 16, danach 17 – ohne jedes Detail. Wenn es um israelische Opfer geht, sind die meisten nur Zahlen, mit denen man sich nicht identifizieren kann. Man sieht auch im Fernsehen oder in den Zeitungen kein Bild von gestorbenen oder verletzten. Viele davon sind Kinder.

Aber am Tag danach – als Israel mit einem Angriff auf zwei andere Hamas-Führer reagiert und auch Passanten dabei getroffen werden, zeigt man alle möglichen Details und Bilder. Und das ZDF kommentiert im „heute journal“: „Es muß in Israel Verantwortliche geben, die diese Nachricht für einen Erfolg halten: Israelische Kampfhubschrauber feuerten heute sechs Raketen auf das Auto eines führenden Hamas-Mitglieds ab. Der Mann, seine Frau und seine dreijährige Tochter wurden getötet. Mehr als 40 Menschen wurden verletzt“.

Über welchen Erfolg sollten sich Verantwortliche in Israel freuen? Über den Tod der Dreijährigen? Das läßt sich offensichtlich interpretieren.

SAT1 berichtet am selben Abend: „Nach dem palästinensischen Selbstmordanschlag auf einen Bus in Jerusalem hat Israel blutige Vergeltung geübt. Bei einem Raketenangriff auf Gaza starben sieben Palästinenser, darunter ein dreijähriges Kind“.

Nur auf RTL hört man: „Der Selbstmordanschlag gestern abend auf einen Bus in Jerusalem mit 16 Toten und über 100 Verletzten hat den Friedensprozeß im Nahen Osten zum Stillstand gebracht“.

In der Meinungsformierung sind Bilder oft wichtiger als Worte. Wie kann man durch Bilder einen falschen Eindruck erwecken? Zum Beispiel, wenn Fotos und Texte inhaltlich nicht wirklich zueinander passen.

So berichtet die „Berliner Morgenpost“: „Israel bereitet Rückzug vor“. Eine positive Entwicklung, nicht? Aber welches Bild erscheint neben den Bericht? „Ein israelischer Soldat zielt an einem Checkpoint in der West Bank auf einen sich nähernden Mann“.

„Die Welt“ berichtet: „EU-Gelder für Arafat stehen in der Kritik, ein Untersuchungs-Ausschuß soll klären, ob die EU mit ihren monatlichen Zahlungen in Höhe von zehn Millionen Euro an Arafats Palästinenser-Behörde indirekt palästinensischen Terror gegen Israel unterstützt“. Welches Bild findet man über dem Bericht? Vielleicht ein Bild von israelischen Opfern palästinensischen Terrorismus? Nein, von „Aufgebrachten Palästinensern nach dem Tod eines Dschihad-Aktivisten“. Aktivist, und nicht Terrorist, wohlgemerkt.

Am 13. Januar 2003 berichtet die „FAZ“: „Hamas setzt Raketen ein“. Seit Monaten wurden mehr als 60 Kassam-Raketen über israelische Dörfer und Städte neben dem Gaza-Streifen abgeschossen. Menschen werden verletzt, Häuser werden zerstört. In Deutschland schreibt man kaum darüber. Zeigt uns die „FAZ“ ein Bild von einem zerstörten israelischen Haus? Nein, dafür aber ein Bild von spielenden palästinensischen Kindern zwischen Ruinen eines Hauses im Gaza-Streifen nach einer “ israelischen Militäraktion“. Es gibt Leid, und es gibt Leid.

Am 7. Januar 2003, zwei Tage nach einem doppelten Selbstmordanschlag in Tel Aviv, der 22 Menschen aus dem Leben gerissen hat, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“: „Israel verbietet Palästinensern politische Gespräche“. Zwei Bilder begleiten den Bericht: das kleine zeigt zwei Israelis, im Schock, nach dem Anschlag; das Große zeigt Gretta Duisenberg, Frau des Chefs der Europäischen Zentralbank, die zu Yasser Arafat gereist war – Gott weiß, warum. Auf dem Bild inspiziert sie ein Haus im Gaza-Streifen, das von der israelischen Armee zerstört wurde. Die Anschläge waren in Tel Aviv, nicht in Gaza. Egal. Die „Süddeutsche“ berichtet am selben Tag nicht darüber, daß die verehrte Frau Duisenberg während ihres Besuchs gesagt hat: „Mit Ausnahme des Holocaust ist die Besetzung der palästinensischen Gebiete schlimmer als die Besatzung der Niederlande durch die Nazis“, und „Die Israelis würden die Häuser der Familien von Selbstmordattentätern in die Luft sprengen, das hätten nicht einmal die Nazis in den Niederlanden getan.“

Die Macht der Bilder kann sehr groß sein: Erinnern Sie sich bitte an die junge „radikale Siedlerin“ mit dem Stein, und denken Sie an dieses Bild: hier geht es nicht um Gewalt von Kindesbeinen an, sondern um brave „junge Palästinenser, die mit selbst gebauten Katapulten israelische Panzer in Beit Hanun beschießen“.

Bilder von palästinensischen Kindern werden ständig gebracht, um das Leid der palästinensischen Bevölkerung zu demonstrieren und die Brutalität des Konflikts zu zeigen. Als gäbe es keine israelischen Kinder, die leiden, die sterben, die ihre Eltern durch den Konflikt verlieren.

Die Berichte über die Wahlen in Israel vom Januar 2003 waren fast ausnahmslos mit Fotos von orthodoxen Juden bebildert. So wird eine automatische Verbindung zwischen Israel und den orthodoxen Juden hergestellt, was die Realität überhaupt nicht reflektiert. Und wenn wirklich fast alle Zeitungen, egal wie sie zu Israel stehen, eine solche Verbindung herstellen, dann gibt es ein Problem. Ohne Klischees geht es offenbar nicht. Ich sage nicht, daß die Orthodoxen in Israel nicht existieren, aber sie sind nur ein Element der israelischen Gesellschaft. Und so zu tun, als bestünde Israel nur aus Orthodoxen, bedeutet nicht nur den Versuch, Israel politisch zu bewerten, sondern auch die Gefahr, es „rassisch“ zu definieren.

Ein weiteres Bild, das auch mit orthodoxen Juden zu tun hat, kommt aus den USA. Am 4. Juni 2003 berichtet der „Tagesspiegel“ über die Vorbereitungen des amerikanischen Präsidenten Bush auf den Akaba-Gipfel mit Sharon und Abu Mazen. Neben dem Bericht wird Bush gezeigt, umzingelt von orthodoxen Rabbinern. Das Bild wurde ein Jahr vorher aufgenommen. Warum hat man es jetzt aus dem Archiv geholt? Wenn man bedenkt, daß viele in Deutschland und Europa heute glauben, daß Bush und seine Administration von der jüdischen Lobby in Amerika manipuliert werden – um den Irak zu besetzen, zum Beispiel -, frage ich mich mit aller Ernsthaftigkeit, warum man gerade dieses Bild ausgewählt hat.

Ich habe versucht, Ihnen die Problematik zu zeigen, die ich in der Berichterstattung in Deutschland über Israel sehe. Sicher meine ich nicht, daß die gesamte deutsche Presse israel-feindlich ist. Aber die Behauptung, daß die deutsche Presse israel-freundlich ist oder nicht israel-kritisch sein darf, ist falsch. Ganz im Gegenteil: Große Teile der deutschen Presse berichten über Israel bewußt negativ. Warum? Diese Frage möchte ich erst mal im Raum stehen lassen.

Der Artikel basiert auf einem Vortrag von Eldad Beck, den der Deutschland-Korrespondent der israelischen Tageszeitung „Yediot Ahronot“ auf dem Symposium „Antisemitismus, deutsche Medien und der Nahost-Konflikt“ am 26. Juni 2003 im Paul-Löbe-Haus in Berlin gehalten hat.

Hinweis von Israelnetz: Am Donnerstag dokumentieren wir an gleicher Stelle den Beitrag des Geschäftsführenden Vorsitzenden des Wissenschaftsforums Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Staatssekretär a.D. Klaus Faber.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen