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Eine Zucker-Sukkah, Tausende Pilger und Missionsangst

Am Mittwochabend beginnt das Laubhüttenfest. In Jerusalem und Ariel hat man sich aus diesem Anlass in diesem Jahr etwas Besonderes einfallen lassen: Eine "Sukkah-ria". Zwei Tonnen Süßigkeiten lässt man in Jerusalem auffahren, um eine 1.000 Quadratmeter große Laubhütte aus Zucker zu bauen. Diese Erfindung soll dann den Namen "Sukka-ria" tragen - ein Wortspiel im Hebräischen, da "Sukkah" "Laubhütte" bedeutet und "Sukkaria" "Bonbon". Traditionell bemüht sich die Stadtverwaltung in Jerusalem auf dem Safra-Platz die größte Laubhütte des Landes zu bauen. Diesmal soll sie besonders "süß" sein und wer sich als Gast dorthin einladen lässt, wird kostenlos mit Süßigkeiten bewirtet.

Das Laubhüttenfest ist eines der drei großen Wallfahrtsfeste der Bibel (vergleiche 2. Mose 34,23-24) und dauert in diesem Jahr vom 27. September bis zum 4. Oktober. Neben Passah und dem Wochenfest ist das Laubhüttenfest im jüdischen Denken das größte, das am meisten ersehnte, das populärste und das fröhlichste Familienfest, kurz gesagt: „das Fest“ überhaupt – und damit der krasse Gegensatz zur ernsten Stille des Jom Kippur.

In Erinnerung an die vierzigjährige Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten soll Israel sieben Tage lang in Laubhütten, „Sukkot“, wohnen. Überall in Israel sind in dieser Zeit auf Balkons, vor den Wohnhäusern, in Gärten, auf Veranden, in Parks und auf Parkplätzen die Sukkot zu sehen, in denen sich das ganze familiäre Leben in dieser Woche abspielen soll. Fromme Juden verbringen sogar die Nacht in ihren Laubhütten.

Nur der erste und der letzte Tag des Laubhüttenfestes sind Feiertage, an denen das öffentliche Leben in Israel ruht. Dazwischen sind viele Geschäfte in Israel geöffnet, wenngleich auf reduzierter Basis, das heißt, die Arbeitszeiten sind verkürzt. Was verschoben werden kann, wird verschoben. Die Kinder haben in dieser Zeit Schulferien und das ganze Land ist während des Laubhüttenfestes voller Ausflügler. An vielen Orten herrscht Volksfeststimmung.

In den Synagogen werden in der Laubhüttenfestwoche spezielle Gebete verrichtet. Am Sabbat wird das gesamte Buch Kohelet (Prediger) verlesen. Besonders auffallend ist, dass gesetzestreue Juden die „vier Arten“ von Pflanzen, einen Palmzweig, eine Zitrusfrucht, einen Myrten- und einen Weidenzweig (3. Mose 23,40), zum Morgengebet mit sich herumtragen. Dieser „Blumenstrauß“ erhält in der Tradition unterschiedliche symbolische Bedeutungen.

Der siebte Tag des Laubhüttenfestes heißt „Hoschana Raba“ und ist ein Tag der Fürbitte für eine gute Ernte im nächsten Jahr, eine Ergänzung zum Großen Versöhnungstag. Deswegen hat sich die Sitte eingebürgert, die ganze Nacht im Gebet und mit Bibellesen zu verbringen.

Der achte Laubhüttenfesttag ist wie der erste ein Ruhetag. An ihm wird in besonderer Weise um Regen gebetet – und nicht selten fällt just zum Ende des Laubhüttenfestes der erste Frühregen in Israel. In diesem Jahr hat es sogar in manchen Teilen des Landes schon einige Tage vor Beginn des Festes geregnet. Die Kombination von altem Sommerstaub und erstem Nieselregen lässt die Straßen spiegelglatt werden.

Zur Zeit des Zweiten Tempels wurde während Sukkot noch eine besondere Trankopferzeremonie durchgeführt, an die vielleicht Jesaja 12,3 erinnert: „Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.“ Wahrscheinlich sind in diesem Zusammenhang die Worte Jesu auf dem Laubhüttenfest im Jerusalemer Tempel zu verstehen: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Johannes 7,37-38).

Im Blick auf das Neue Testament ist das Laubhüttenfest das einzige der drei jüdischen Wallfahrtsfeste, dessen Verheißungen noch ausstehen. Zum Passahfest gedenken Christen der Kreuzigung und Auferstehung Jesu. An Schavuot, dem Pfingstfest, wurde der Heilige Geist ausgegossen. Mit Sukkot dagegen wissen viele Christen nichts anzufangen. Doch der Prophet Sacharja spricht davon, dass einmal alle Nichtjuden jährlich heraufkommen werden, „um das Laubhüttenfest zu halten. Aber über das Geschlecht auf Erden, das nicht heraufziehen wird nach Jerusalem, um anzubeten den König, den Herrn Zebaoth, über das wird’s nicht regnen“ (Sacharja 14,16-17).

Seit Anfang der 80er Jahre gibt es eine christliche Laubhüttenfestfeier, die mittlerweile von drei unterschiedlichen Gruppen durchgeführt wird: Der Internationalen Christlichen Botschaft in Jerusalem (ICEJ), dem Internationalen Christlichen Zionistenzentrum und einer Gruppe messianischer Juden. Die ICEJ erwartet aus diesem Anlass 6.000 Pilger aus 90 Ländern.

Um den traditionellen „Jerusalem-Marsch“, der in diesem Jahr am Nachmittag des 2. Oktober stattfinden wird und bei dem Tausende von Israelis und Touristen durch die Innenstadt von Jerusalem ziehen, hat es im Vorfeld des Festes innerhalb der israelischen Gesellschaft eine Kontroverse gegeben. Das Oberrabbinat in Israel hatte die Teilnahme für Juden am Jerusalem-Marsch untersagt, weil es missionarische Aktivitäten der christlichen Besucher befürchtet. Die Stellungnahme der beiden Oberrabbiner begrüßt zwar den Besuch von Tausenden von Nichtjuden zum Laubhüttenfest, warnt aber die jüdischen Gläubigen: „Wer um seine Seele Sorge trägt, sollte sich distanzieren.“

ICEJ-Direktor Malcolm Hedding äußerte sich enttäuscht über die Verlautbarung des Oberrabbinats. Die ICEJ habe nie Missionsprogramme in Israel durchgeführt und die Festpilger immer dazu angehalten, während ihres Besuchs davon abzusehen. Das nationalreligiöse Knessetmitglied Rabbi Benni Elon meinte: „Ohne ordentliche Überprüfung haben sich bestimmte Rabbiner verführen lassen und verursachen jetzt einen gefährliches Missverständnis zwischen Israel und anderen Ländern.“ Vor vier Monaten hatte das Rabbinat bereits ein ähnliches Teilnahmeverbot an einer christlichen Frauenkonferenz in Jerusalem erlassen.

Bibeltexte zu Sukkot: 3. Mose 23,34-35.39-43; 4. Mose 29,12-39; 5. Mose 16,13-17

(Bild: Johannes Gerloff)

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