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Eine Suppenküche für Bedürftige

Durch den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen hat Sderot in den vergangenen Tagen in Israel wieder verstärkte Aufmerksamkeit bekommen. Nur wenige Tage vorher wurde in der Stadt eine Suppenküche eingeweiht. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Wohltätigkeitsverein „Merkas HaChesed“ und den „Sächsischen Israelfreunden“.
Die 16 Deutschen, die sich zur Zeit zu einem Handwerkereinsatz in Israel befinden, freuen sich über die fertiggestellte Suppenküche

REICHENBACH / SDEROT (inn) – Durch seine Handwerkerdienste für Bedürftige ist der deutsche Verein „Sächsische Israelfreunde“ (SIF) in einigen israelischen Städten inzwischen gut bekannt. In Sderot, einer Stadt, die mit vielen Herausforderungen kämpfen muss, hat der Verein nun ein besonderes Projekt fertiggestellt: Für den israelischen Wohltätigkeitsverein „Merkas HaChesed Sderot“ baute er eine Suppenküche.

„Angefangen hatte alles damit, dass mir unsere Bekannten David und Hava aus Sderot vor knapp drei Jahren Avichai Amosi vorstellten“, erzählt Matthias Krones am Sonntag vor einer Gruppe der Sachsen sowie den israelischen Freiwilligen, die zur Eröffnung der neuen Küche gekommen waren. Der Elektriker aus Burkhardtsgrün im Erzgebirge erinnert sich: „Sie erzählten mir von einer Suppenküche in Sderot, die abgebrannt war, und fragten, ob wir helfen könnten, diese wieder aufzubauen.“ Amosi leitet „Merkas HaChesed“ in Sderot.

Die israelischen Mitarbeiter schauen gespannt einen Beitrag über die Arbeit der Sächsischen Israelfreunde an Foto: Israelnetz/mh
Die israelischen Mitarbeiter schauen gespannt einen Beitrag über die Arbeit der Sächsischen Israelfreunde an

Der deutsche Verein sagte seine Hilfe für den Aufbau zu. Seit mehr als 15 Jahren entsendet SIF Gruppen von Handwerkern nach Israel. Sie sanieren und renovieren Wohnungen und Altersheime von Holocaustüberlebenden. Michael Sawitzki, der selbst im Bereich Fliesen und Naturstein arbeitet und ehrenamtlich die Handwerkerdienste in Deutschland koordiniert, betont: „Nicht reparierte Wasserschäden, stark verschimmelte Wände, kaputte sanitäre Anlagen – die Not ist bei vielen groß. In den seltensten Fällen geht es um reine Schönheitskorrekturen.“

Die Suppenküche in Sderot sei eine besondere Herausforderung gewesen: „Eigentlich sollte es auch hier nur darum gehen, ein bestehendes Gebäude zu renovieren“, erzählt Krones. Doch nach ein paar Monaten sei Amosi erneut auf ihn zugekommen. Amosis Verein, dessen Mitarbeiter alle ehrenamtlich arbeiten, betreibt neben einer Suppenküche auch eine Kleiderkammer und lässt bedürftigen Familien Mahlzeiten zukommen. „Er kam und fragte, ob wir nicht einen Anbau vornehmen könnten. Das hieß aber, ein ganz neues Gebäude zu bauen.“

Baubeginn ohne Material

Nach gründlichem Abwägen des Vereins in Deutschland und einer Zusage übernahm Krones die Bauleitung in Sderot. „In diesem Jahr bin ich nun schon zum vierten Mal hier“, erzählt er mit leuchtenden Augen. Immer noch ungläubig ist er, wenn er sich an den Baubeginn erinnert: „Wir hatten eine hoch motivierte Gruppe aus Deutschland vor Ort, aber es war kein Material da. Dann mussten wir improvisieren. Wir mussten mit Gipskarton schalen. Das muss man sich mal vorstellen!“

Eigentlich hätten sie das Fundament gießen wollen, doch auch da hätte das Material nicht gereicht. Schließlich habe das Fundament eine lokale Firma gegossen: „Und dann kamen wir, um mit dem Bau zu beginnen und stellten fest, dass die Bodenplatte von einem zum anderen Ende ein Gefälle von 15 Zentimetern aufwies. Wir haben dann Keile aus Yton geschnitten und dann mit Split aufgeschüttet, um das auszugleichen. Danach konnten wir beginnen.“ Tatkräftige Unterstützung habe es dabei von Soldaten der Armee gegeben, die den Split ranschafften und auffüllten. „Am schnellsten ging der Bau des Daches. Da lief alles wie am Schnürchen.“ Die Erleichterung ist dem sympathischen Sachsen deutlich anzumerken: „Dass wir das heute erleben dürfen, ist ein großer Grund zur Freude. Ich bin dankbar für alle Bewahrung an diesem Ort.“ Wohl mehr als 100 Leute hätten an diesem Bau mitgewirkt.

Avichai Amosi, der Leiter der Suppenküche, nimmt als Geschenk der Deutschen eine Menora entgegen Foto: Israelnetz/mh
Avichai Amosi, der Leiter der Suppenküche, nimmt als Geschenk der Deutschen eine Menora entgegen

„Der Einsatz hat sich gelohnt“, sind sich die Israelis und die Deutschen einig. Und das Ergebnis gibt ihnen recht: Den Besucher begrüßt ein großer, heller, freundlicher Raum. Der Boden ist hellgrau gefliest, die Wände sind über dem Boden mit hellem Marmor ausgekleidet, darüber weiß gestrichen. An einer Wand steht in hebräischen Lettern das Logo des „Merkas HaChesed Sderot“, direkt daneben prankt groß, in grüner und blauer Schrift, auf Deutsch das Logo der „Sächsischen Israelfreunde“. Für die Einweihung sind Tische und Stühle gestellt, ein Buffet ist aufgebaut, die Handwerkergruppe, die zur Zeit aus Deutschland da ist, ist von den verschiedenen Einsatzorten des Landes hierher gekommen und auch einige der israelischen Volontäre sind da.

„Hier ist etwas gewachsen“, stimmt Amosi den Deutschen zu. „Ihr seid zu meiner Familie geworden. Wir haben hier viel zusammen erlebt und das berührt das Herz.“ Sawitzki erinnert auch an nicht so einfache Zeiten: „Es gab Situationen, da wollten unsere Helfer nicht weitermachen. Als hier Raketen fielen, wollten unsere Freiwilligen lieber nach Jerusalem. Auch das ist Teil der Geschichte dieses Ortes.“

Bürgermeister erinnert an Tora-Abschnitt

Dass die Lage in Sderot nicht einfach ist, bekräftigt auch Bürgermeister Alon Davidi: „Unsere Stadt hat knapp 30.000 Einwohner. Fast die Hälfte von ihnen sind aus der ehemaligen Sowjetunion eingewandert. In unserer Stadt wohnen auch viele Holocaustüberlebende. Viele von ihnen sind arm und einsam. Und natürlich belastet uns die Sicherheitslage hier sehr. Wir sind häufig bedroht. Die Welt schaut auf Jerusalem und Sderot.“

An die Deutschen gewandt, sagt er: „Danke, dass ihr diese Begegnungsstätte gebaut habt. Menschen kommen hierher, bekommen etwas zu essen und dürfen Gemeinschaft haben. Vor allem für die Schwachen der Gesellschaft benötigen wir solche Angebote, sodass auch die Stadt diesen Bau mit unterstützt hat.“ Der religiöse Mann erinnert an den aktuellen Wochenabschnitt: „An diesem Schabbat haben wir Lech Lecha gelesen, 1. Mose 12-17. Da geht es um Abraham, um den Weg der Väter. Abraham war ein ‚Mann der Chesed, der Gnade, der Wohltätigkeit‘, wie sie eben auch hier, an diesem Ort, gelebt wird. Chesed ist die Grundlage für das Volk Israel.“

Der Bürgermeister von Sderot und sein Stellvertreter, die Sächsischen Israelfreunde und der Leiter der israelischen Suppenküche freuen sich über die angebrachte Mesusa Foto: Israelnetz/mh
Der Bürgermeister von Sderot und sein Stellvertreter, die Sächsischen Israelfreunde und der Leiter der israelischen Suppenküche freuen sich über die angebrachte Mesusa

Sawitzki liest aus seiner Bibel den Vers vor, der für diesen Tag die Losung darstellt. In Psalm 127,1 heißt es: „Wenn der Herr das Haus nicht baut, so arbeiten vergeblich, die daran bauen; wenn der Herr die Stadt nicht bewacht, so wacht der Wächter vergeblich.“ Die israelischen Volontäre tun ihre Zustimmung mit einem lautstarken „Amen!“ kund. Kati, die fast seit Beginn tatkräftig in der Suppenküche mithilft, ist begeistert: „Was unsere deutschen Freunde hier geleistet haben, ist ein Geschenk. Es war nicht immer leicht auf der Baustelle, doch es hat Freude gemacht, dieses Projekt gemeinsam zu stemmen. Oft konnten wir uns nicht verständigen, weil wir keine gemeinsame Sprache hatten. Doch ich habe gespürt, dass sie ein gutes Herz haben. Das hat gereicht.“

Zum Einzug schenken die Deutschen der Suppenküche eine Menora, die in Sachsen vom Kunstguss Döhler angefertigt wurde. Sawitzki erklärt: „Am Fuße der Menora ist ein Bibelvers eingraviert. Und welcher Vers könnte besser für Sderot, das so häufig durch Raketen bedroht ist, stehen als Sacharja 4: ‚Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth’?“

Von: mh

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