Eine diplomatische Breitseite

Vor 50 Jahren behauptete die UN-Generalversammlung, Zionismus sei eine Form des Rassismus. Damit konterkarierte sie den Auftrag, den sich die Vereinten Nationen gegeben haben.
Von Israelnetz
Blick auf das Sekretariatsgebäude der Vereinten Nationen in New York

Die Vereinten Nationen sind aus den Schrecken des Zweiten Weltkrieges heraus entstanden. Die Organisation sollte der Verständigung unter den Nationen dienen, damit es zu Gräueln wie der Schoa nicht mehr kommt. Es gelte, „freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln“, heißt es in Artikel 1 der UN-Charta. Die UN sollen dabei als „Mittelpunkt“ dieser Bemühungen dienen.

Mit der Zeit sind die Vereinten Nationen jedoch ein Mittelpunkt für das Eindreschen auf Israel geworden. Zwischen 2006 und 2023 richteten sich 297 von 761 UN-Resolutionen gegen den jüdischen Staat – rund 39 Prozent. Gewaltsame Regime wie das syrische von Baschar al-Assad oder Teheran erhielten in diesem Zeitraum weit weniger Resolutionen, 54 (7 Prozent) und 23 (3 Prozent).

Auch in anderen Abteilungen stößt Israel auf Abneigung. Diese reicht so weit, dass UN-Vertreter Terror schönreden. Der UN-Nothilfe-Koordinator Martin Griffiths betonte etwa im Februar 2024, die UN sähen die Hamas nicht als Terrorgruppe, sondern als politische Bewegung. Dazu passt, dass der einstige Chef des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) Pierre Krähenbühl bei einem Treffen mit Hamas-Führern im Februar 2017 in Beirut betonte: „Wir sind vereint und niemand kann uns trennen.“

Israel am Pranger

Die anti-israelische Grundhaltung hat sich nicht erst in den vergangenen Jahren herausgebildet, sondern hat Tradition. Deren Höhepunkt bildete vor 50 Jahren eine Resolution, in der die Generalversammlung Zionismus mit Rassismus gleichsetzte.

Der Kernsatz der Resolution 3379 vom 10. November 1975 lautet: „Die UN-Generalversammlung … stellt fest, dass Zionismus eine Form von Rassismus und Rassendiskriminierung ist.“ Sie erzielte den Zuspruch von 71 Ländern (51,8 Prozent), stieß bei 35 Ländern auf Ablehnung (25,2 Prozent), während sich 32 enthielten (23,0 Prozent).

Wie bei anderen anti-israelischen Initiativen hatten die Sowjets hier ihre Hände im Spiel. Schon unter Staatschef Josef Stalin (1878–1953) dienten antisemitische Narrative dem Machterhalt, etwa die „Ärzteverschwörung“ Anfang der 1950er Jahre, der zufolge jüdische Ärzte vorhatten, Regierungsmitglieder zu vergiften.

Mitte der 1960er Jahre war ein Unterausschuss der Vereinten Nationen damit beauftragt, eine Konvention gegen Rassismus zu erarbeiten. Ursprünglich sollte bei der Aufzählung der verschiedenen Ausprägungen Antisemitismus dabei sein. Die Sowjets sahen das jedoch als Schelte für ihre Innenpolitik. Sie forderten daher, auch „Zionismus“ einzubringen. Am Ende der Verhandlungen fanden weder Antisemitismus noch Zionismus Eingang in den Text.

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Der Drang, Zionismus als Übel zu kennzeichnen, liegt auch an den Umständen des Kalten Krieges. Die Sowjets waren um die Treue arabischer Länder bemüht. Sie verbreiteten zu diesem Zweck die Sicht, die jüdische Nationalbewegung sei ein imperialistischer Plot, der dazu den Weltfrieden gefährde.

Im Jahr 1973 riefen die Vereinten Nationen ein Jahrzehnt des Antirassismus aus. Die Initiative zielte zunächst auf die Apartheid in Südafrika. Doch schon damals sprach die Generalversammlung in einer Resolution von einer „unheiligen Allianz zwischen portugiesischem Kolonialismus, südafrikanischem Rassismus, Zionismus und israelischem Imperialismus“.

In so einer Atmosphäre war es zur Zionismus-als-Rassismus-Resolution nicht mehr weit. Nach Verabschiedung der Resolution wurde „internationaler Zionismus“ ein Schimpfwort. Die verfeindeten Länder Iran und Irak warfen sich wechselseitig vor, vom „internationalen Zionismus“ beeinflusst zu sein.

Israelnetz Magazin

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Amerikanischer UN-Botschafter: Verkehrung der Wirklichkeit

Israel setzte sich damals mit dem Argument zur Wehr, das bei linken Kräften verfangen sollte, die beim Stichwort „Befreiung“ hellhörig werden: Der israelische UN-Botschafter und spätere Staatspräsident Chaim Herzog (1918–1997), der Vater des aktuellen Staatspräsidenten Jizchak Herzog, sprach in seiner Rede zur Resolution zunächst von einem „Angriff auf das Judentum“. Er wies darauf hin, dass dies ausgerechnet am Jahrestag der „Kristallnacht“ (9./10. November 1938) geschehe.

Dann fuhr er fort mit der Erklärung, „Zionismus“ sei schlicht die Nationalbewegung der Juden, vergleichbar mit den Befreiungsbewegungen in Afrika oder Südamerika. Er schloss mit einem Gedanken, der auch in die Gegenwart passt: „Wir sehen die Zwillingsübel dieser Welt am Werk: Der blinde Hass der arabischen Antragssteller und die abgrundtiefe Unkenntnis und Bösartigkeit ihrer Unterstützer.“

Die USA sprangen Israel zur Seite. Der amerikanische UN-Vertreter Daniel Patrick Moynihan (1927–2003) stellte fest, dass die Resolution obszön und widersinnig sei: Zionismus sei im Kern antirassistisch, weil er, anders als andere Nationalbewegungen, eine Gruppe im Blick habe, die vor allem durch ihren Glauben definiert sei. „Der Staat Israel könnte theoretisch vieles sein oder werden, auch Unerwünschtes, aber er könnte nie rassistisch sein oder werden, es sei denn, er hört auf, zionistisch zu sein.“

Der amerikanische UN-Botschafter Moynihan stellte sich gegen die Resolution, mit der die UN-Generalversammlung Zionismus als Rassismus einstufte Foto: UN Photo/Teddy Chen
Der amerikanische UN-Botschafter Moynihan stellte sich gegen die Resolution, mit der die UN-Generalversammlung Zionismus als Rassismus einstufte

Derlei Einwände verhallten jedoch ungehört. Immerhin: 1991 hob die UN-Generalversammlung die Resolution mit 111 zu 25 Stimmen wieder auf; kein arabischer Staat stimmte dafür. Auch hier genügte ein Satz, der aber das Problem nicht benennt, sondern nur Verweischarakter hat: „Die Generalversammlung beschließt, die in ihrer Resolution 3379 vom 10. November 1975 enthaltene Feststellung zu widerrufen.“

„Ein großes Übel wurde auf die Welt gelassen. Dem Gräuel des Antisemitismus wurde der Anschein internationaler Zustimmung verliehen. Die Generalversammlung spricht heute den Mördern von mehr als sechs Millionen europäischen Juden die symbolische Amnestie – und mehr – aus. Das ist so schon bösartig, doch weitaus unheilvoller ist, was sich uns nun aufdrängt: dass das nicht geschehen wäre, wenn es die Generalversammlung nicht gäbe.“ – Der amerikanische UN-Botschafter Daniel Patrick Moynihan am 10. November 1975 in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung

Gerufener Geist

Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan (1938–2018) bezeichnete die Resolution von 1975 bei einem Besuch in Israel 1998 als „Tiefpunkt unserer Beziehungen“. Doch während sie aufgehoben sein mag, weht ihr Geist noch immer durch die Flure der Vereinten Nationen. Die Verunglimpfung Israels gehört dort weiterhin zum guten Ton. Ein Beleg von vielen ist der Umstand, dass sich der sogenannte UN-Menschenrechtsrat in seinen Sitzungen obligatorisch mit Israel befasst – für kein anderes Land gibt es so eine Regelung.

Aufgrund dieser Entwicklungen ist es nicht verwunderlich, dass israelische Diplomaten und Politiker für ein Ende der Vereinten Nationen eintreten. Oppositionsführer Jair Lapid (Jesch Atid) wies Anfang September in einem Beitrag für das amerikanische Medium „Fox News“ darauf hin, dass nur 25 der 193 Länder als „echte Demokratien“ gelten, 46 weitere als „mangelhafte Demokratien“. Damit hätten Nicht-Demokratien immer eine automatische Mehrheit. Lapid forderte, Vereinte Nationen der Demokratien zu gründen, um die Machtverhältnisse und Finanzflüsse verantwortungsvoller zu gestalten.

Der Blick in die Geschichte zeigt, dass Israel nicht erst in der Gegenwart mit diplomatischen Angriffen zu kämpfen hat. Das mag die Hoffnung nähren, dass der jüdische Staat auch die aktuellen Widrigkeiten übersteht. Eine Sache hat sich freilich verändert: Damals standen westliche Regierungen noch an der Seite Israels, auch wenn sie die Minderheit darstellten. Heute bricht auch dieser Rückhalt weg.

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9 Antworten

  1. Die Mächte der Finsternis sind tonangebend in der UN, und verkehren damit die Wahrheit zur Lüge!
    Lieber Gruß Martin

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  2. Damals standen westliche Regierungen noch an der Seite Israels. Heute sind westliche Staaten wie Spanien, Irland, Slowenien in Bezug auf Israel Schurkenstaaten.

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  3. Die „Achse des Bösen“ wie es im Jahre 2002 Präsident Bush nannte, ist nicht mehr nur auf Iran, Irak und Nordkorea beschränkt. Wenn ich sehe, wie sich demokr. Staaten wie Spanien und Frankreich verhalten, dann stelle ich die Frage, die Petrus Jesus auch stellte: „Quo vadis, domine?“ Abgewandelt: Wohin führt der Weg der UNO bzgl. Israel?

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  4. Weiß die UN überhaupt, dass 20 % der israelischen Bevölkerung arabischer Herkunft sind und die gleichen Bürgerrechte genießen?

    Weiß die UN überhaupt, dass Israel die einzige Demokratie im nahen Osten ist?

    Weiß die UN überhaupt, dass Angehörige anderer Religionen, wie Christen, Muslime und Drusen, in Israel sicherer sind als irgendwo sonst im Nahen Osten?

    Weiß die UN überhaupt, dass Israel der sicherste Ort im Nahen Osten für homosexuelle und LGBTQ-Menschen ist, wo sie nicht verfolgt werden?

    ,, Zionismus ist Rassismus,,-Resolution.

    Wie wäre es, wenn die UN Rassismus und Antisemitismus gleichsetzen würde? Denn das würde die Realität entsprechen.

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  5. Die sollen mal genau definieren, was am Zionismus rassistisch,sein soll.
    Alles, was bisher von Seiten der UNO und ihrer Anhängsel dazu geäußert worden ist, wirkt ausweichend, verschleiert und sehr schwammig.
    Es gibt eine sehr klare Definition des Zionismus
    durch Herzl und Weizmann, und nur die zählt.
    Alles andere dazu ist antisemitischer Dreck.
    SHALOM

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  6. Es ist traurig, das zu lesen. Ich hatte lange Zeit an eine bessere, Israel-freundliche Zeit in dieser Welt geglaubt, diese wird kommen, aber liegt in der Zukunft. „Denn der Herr wird Seinem Volk Recht schaffen und über seine Knechte wird er sich erbarmen.“ (aus dem Lied des Moses).
    Alle Israelis und Israel-Freunde müssen an dem Glauben an die Verheißungen für Israel festhalten.
    Rassismus darf nicht verfälscht werden, schlimmer Rassismus ist Hass auf eine andere Hautfarbe, Martin Luther King hat die Welt verändert, aber heute regiert leider über all der Hass gegen die Juden, Rassismus gibt es an anderer Stelle auch, und nach Stalin gibt es einen Nachahmer, Putin, der sich anschickt, die Welt zu zerstören, mit vielen bösen Mächten. Aber es kommt eine bessere Zeit, in der die WAHRHEIT regieren wird.

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  7. Die UN ist zu einer Lachnummer von Zirkusveranstaltungen geworden. Sie unterliegt zu weiten Teilen Menschen, die Israel schaden wollen, allen voran Antonio Guterres. In 1 Jahr endet seine Amtszeit. Aber ich glaube nicht, dass etwas Besseres nachkommt. Unsere allseits beliebte Anna-Lena Baerbock, jetzt noch Präsidentin, scharrt schon mit den Hufen, zumindest will sie die UN reformieren. Wahrscheinlicher ist, dass Guterres sich zu einer 2. Amtszeit entschließt. Die Spannungen zwischen UN und Israel sind so alt wie der Hass der Palästinenser gegen Israel. Die Ungleichheit von Resolutionen der UN zu Israel gegenüber anderen Nationen bestätigt die negative Haltung. Die UN fördert den Terrorismus, indem sie Israel andauernd Genozid vorwirft.

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  8. Teile die Kritik, grundsätzlich. Nur scheint mir ein leichter Wandel zu beobachten sein. Weil, immer mehr originäre Feinde Israels denken lieber an den eigenen Wohlstand, die eigene Sicherheit vor den Mullahs als an das ewige Resolutionsgeplärre und den ollen Allah. Latürlich muss man nach aussen Haltung zeigen, schon um die Millionen Prolls in den muslimischen Staaten nicht zu verwirren oder gar randalieren zu lassen. Aber mittlerweile kann man in Dubai in die Synagoge gehen und das höchste Gebäude der Welt mit Kippa besuchen. Und die christliche Minderheit Libanons will 2025 einfach nur in Frieden leben, gerne auch mit Israel. Etc.pp.

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  9. Die UNO ist einfach ein Trauerspiel ! Aber leider muss man feststellen, dass das Abgleiten der UNO, auch zusammen hängt mit der Dekolonisierung, die einen Schwung arabischer und afrikanischer Staaten in die Organisation gebracht hat, die von Demokratie, Menschenrechten, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung der Frau usw. nicht viel halten, dafür aber sehr sensibel reagieren auf grosszügige Spenden der reichen Ölstaaten, die natürlich nur den Herrschenden zu gute kommen, nicht der Bevölkrung dieser Länder. Israel erweckt natürlich auch Neid : eine Handvoll Juden, die aus einem Haufen Sand mit Salzwasser drum herum eine moderne High-Tech-Nation gemacht haben ! Dazu noch eine Demokratie , das passt ja gar nicht in die Umgebung ! Mit Minderheiten, die volle Gleichberechtigung genissen, davon können Kurden zum Beispiel nur träumen (das tun sie übrigens auch, sehr zum Ärger von Erdogan). Frauen, die in Kampfeinheiten dienen, statt zu Hause Couscous zu bereiten, wo kommen wir dahin (Hnweis : die letzten Sätze können Spuren von Spott oder Humor enthalten). Wie auch immer, der Verein sollte abgewickelt werden (das ist jetzt ernst gemeint). Ein Hoffnungsschimmer ist immerhin, dass einzelne afrikanische Staaten feststellen, dass es weitaus interessanter ist, mit Israel zusammen zu arbeiten, als sich von den Arabern gängeln zu lassen.

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