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Drohender Lockdown und wachsender Widerstand

In Israel ist die Zahl der Infektionen zuletzt sprunghaft gestiegen. Als Reaktion schickt die Regierung 30 Orte in einen Lockdown. Weitere könnten folgen, denn in der Bevölkerung regt sich Widerstand gegen die Maßnahmen.
Wie bereits im April wird Bnei Brak bald wieder wegen zu hoher Infektionszahlen zum Sperrgebiet

JERUSALEM (inn) – Gemessen an der Einwohnerzahl ist Israel eines der Länder mit der höchsten Zahl an Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Am Donnerstag meldete das Gesundheitsministerium 2.740 neue Fälle. Als Reaktion auf die steigenden Zahlen beschloss das Corona-Kabinett am späten Donnerstagnachmittag einen Lockdown für 30 Orte. Kriterium für die Restriktionen ist die sogenannte Corona-Ampel. Sie bewertet die Corona-Gefahr. Die betroffenen Orte stehen alle auf „rot“.

Der Lockdown soll allerdings erst am Montag in Kraft treten. Menschen dürfen dann nur noch in dringenden Fällen das Haus verlassen, wie etwa zum Einkaufen von Lebensmitteln oder Medikamenten. Ebenfalls wird der Zutritt in die entsprechenden Gebiete verboten sowie der Schulbetrieb und der öffentliche Nahverkehr eingestellt werden.

Besonders hohe Infektionszahlen gibt es bei zwei Bevölkerungsgruppen: Den arabischen Israelis und den ultra-orthodoxen Juden. Einem Bericht der Tageszeitung „Ha’aretz“ zufolge entfallen 28 Prozent aller Corona-Fälle auf Araber und 22 Prozent auf Ultra-Orthodoxe. In vielen der als „rot“ eingestuften Orte leben vornehmlich Mitglieder einer der beiden Bevölkerungsgruppen.

Kritik am Corona-Beauftragten

Zudem regt sich Widerstand aus ultra-orthodoxen Kreisen an den staatlichen Richtlinien. Ein führende Rabbiner, Chaim Kanievsky, rief am Donnerstag Religionsstudenten auf, sich nicht auf das Virus testen zu lassen. Ein möglicherweise positiver Befund und die anschließende Quarantäne gefährde das Bibelstudium. Mitarbeiter des 92-jährigen Rabbiners beteuerten anschließend, die Aussagen bezögen sich nur auf jene Religionsschulen, die ohnehin bis zum Feiertag Jom Kippur am 27. September isoliert sind.

Israels Corona-Beauftragter Roni Gamsu sagte daraufhin, solche Aussagen „gefährden die ultra-orthodoxe Öffentlichkeit“. Als Reaktion forderten ultra-orthodoxe Zeitungen am Donnerstag den Rücktritt Gamsus. Der Fraktionsvorsitzende der mitregierenden Partei Vereinigtes Tora-Judentum, Jitzchak Pindros, sagte: „Ich schlage vor, dass Gamsu sich nicht in etwas einmischt, das Tausende Jahre bewiesenen Erfolgs hinter sich hat.“

Kritik muss Gamsu auch wegen eines Briefes an den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij einstecken. Darin warnte er vor den hohen Infektionsraten unter den Ultra-Orthodoxen und bat, die Ende September vorgesehenen Pilgerfahrten religiöser Juden zum Grab von Rabbi Nachman von Bratzlaw in Uman abzusagen.

Auch innerhalb der arabischen Bevölkerung regt sich Widerstand und es werden Anordnungen der Regierung ignoriert. Der Bürgermeister der Stadt Umm el-Fahm, Samir Mahamid, bemängelte eine „komplette Laxheit“ der arabischen Gesellschaft. So würden kranke Menschen weiter zur Arbeit gehen und Quarantäne-Maßnahmen ignorieren.

Verteidigungsminister Benny Gantz (Blau-Weiß) kündigte ebenfalls am Donnerstag an, hunderte Soldaten zur Unterstützung der Polizeikräfte bei der Durchsetzung der Corona-Bestimmungen einzusetzen. Das berichtet das Nachrichtenportal „Arutz Scheva“.

40 Prozent der COVID-19-Todesfälle unter dem Durchschnittsalter

Unterdessen hat das Gesundheitsministerium 936 Todesfälle, die mit dem Coronavirus in Verbindung gebracht werden, ausgewertet. Demnach waren 65 der Verstorbenen unter 60 Jahre alt, 113 zwischen 60 und 70 Jahre und 236 waren zwischen 70 und 80 Jahre alt. Damit verstarben 406 Israelis unter dem Durchschnittsalter des Landes. Das entspricht 40 Prozent aller COVID-19-Todesfälle. In Israel liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei 82,5 Jahren. Nach Angaben des Ministeriums war der jüngste Verstorbene 19 Jahre, die Älteste 102 Jahre alt.

In Israel sind bislang 991 Menschen im Zusammenhang mit COVID-19 gestorben. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gilt der Zustand bei 416 Patienten als kritisch, 123 Israelis müssen beatmet werden.

Von: mas

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