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Diplomatische Bemühungen um einen Waffenstillstand

Zwischen Weihnachten und Silvester waren die Diplomaten der Welt nicht ansprechbar - beziehungsweise wollten es nicht sein. In Israel wurde durchaus wahrgenommen, wer sich hinter dem Weihnachtsbaum verkroch und dadurch dem jüdischen Staat freie Hand gab bei der Offensive gegen die radikal-islamische Hamas-Miliz im Gazastreifen. Doch mit dem neuen Jahr war die Schonzeit für Israels Diplomaten vorbei. Seither geben sich westliche Diplomaten im Nahen Osten die Türklinken in die Hand.

Russlands Vizeaußenminister Alexander Saltanov und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy waren die Ersten. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg leitete als „EU-Präsident“ eine EU-Delegation, der sein schwedischer Kollege Carl Bildt und der französische Außenminister Bernard Kouchner genauso angehörten, wie die EU-Gesandten Javier Solana und Benita Ferrero-Waldner. Weitere hochrangige Besucher in Israel und den umliegenden Staaten waren der Quartett-Gesandte Tony Blair, NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, Brasiliens Außenminister Celso Amorim gefolgt von seinem spanischen Pendant Miguel Moratinos, der Präsident des Internationalen Roten Kreuzes, Jakob Kellenberger, und UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier reiste Mitte Januar gleich zwei Mal innerhalb einer Woche nach Israel, Ägypten und in die Palästinensischen Autonomiegebiete.

Was wollen Steinmeier und seine Diplomaten-Kollegen im Krisengebiet um den Gazastreifen? Einige deutsche Medien betonen unermüdlich, der Bundesaußenminister sei auf „Vermittlungsmission“. Doch damit wissen Journalisten offensichtlich mehr, als der Außenminister selbst, der betont: „Von Vermittlung war niemals die Rede!“

„Vermittlung“ ist ganz intuitiv das Richtige, wenn es darum geht, einen gewaltsamen Konflikt in einen Waffenstillstand zu führen. Doch zwischen wem sollen die wohlwollenden, politisch engagierten Damen und Herren vermitteln?

Arabische Regime begrüßen teilweise Schlag gegen Hamas

Offen sagen dürfen sie das nicht, aber die arabischen Regime, einschließlich der Palästinensischen Autonomiebehörde unter Präsident Mahmud Abbas, sehen gar nicht so ungern, was der Hamas durch die israelische Militäroffensive widerfährt. Die Hamas ist der palästinensische Zweig der radikal-islamischen Moslembruderschaft, die in den 1920er Jahren in Ägypten gegründet wurde. Das „Hamastan“ im Gazastreifen war das erste konkret politische Experiment der strenggläubigen Sunniten. Mit ihm wird ein Gespenst zusammengebombt, das pro-westliche arabische Regime von Nordafrika bis in den Jemen bedroht.

Zwischen der Hamas und Israel könnte Steinmeier auch nicht vermitteln. Dann müsste er nämlich die bislang von den Europäern als „Terrorgruppe“ gebrandmarkte „Islamische Widerstandsbewegung“ als Gesprächspartner anerkennen. Auch Israel müsste zu einer deutschen Vermittlung Ja sagen, bleibt aber bislang hart: Mit Terroristen wird nicht verhandelt!

Aber um Vermittlung geht es gar nicht. Im Blick darauf, wie es den Menschen in Gaza geht, meint Frank-Walter Steinmeier: „Das lässt keinen kalt, auch mich nicht!“ Das ist der eigentliche Grund für die hektische Nahostreise: „Man muss doch etwas tun!“ Der deutsche Außenminister befürchtet, dass „aus einer humanitären Krise eine humanitäre Katastrophe“ werden könnte. Mehr als 1.000 Palästinenser sind bis Mitte Januar ums Leben gekommen – auf israelischer Seite werden 13 Tote beklagt. Einen Waffenstillstand zu fordern scheint selten falsch. Menschliches Elend anzuprangern scheint immer richtig.

Die Resolution 1860 des UNO-Sicherheitsrates wurde am 8. Januar mit 14 Ja-Stimmen angenommen. Nur die USA haben sich enthalten. Deutschlands Chef-Diplomat wertet sie als „entscheidenden Schritt“ in die richtige Richtung. Problem ist nur: Die Hamas will die Waffenstillstandsforderung nicht anerkennen. Sie sei bei den Beratungen nicht einbezogen gewesen, so die Begründung. Aber auch Modifizierungen an dieser grundsätzlichen Forderung durch die Ägypter sind für die Hamas nicht akzeptabel.

Ausweg bleibt unklar

„Jede Regierung der Welt hat die Aufgabe, die eigene Bevölkerung zu schützen“, sichert sich Steinmeier in Richtung Israel ab, aber: „Ein Ausweg muss gefunden werden!“ Was man freilich tun muss und wie der Ausweg aussieht, bleibt nebulös. „In Israel hoffen alle auf die Antwort, die Amos Gilad aus Ägypten mitbringt“, erklärt Steinmeier bei seinem zweiten Nahosttrip und hofft, dass „damit der Raketenbeschuss aufhört“. Aber das Hoffen hätte er eigentlich auch von Deutschland aus tun können, ohne deutsche Steuergelder zu verpulvern.

Was also will der Bundesaußenminister mit seinem Mitarbeiterstab zum zweiten Mal in einer Woche hier? Gemeinsam mit den Franzosen und Amerikanern sollen den Israelis Garantien gegeben werden. Es geht um die Südgrenze des Gazastreifens, über die – oder besser: unter der hindurch – das ganze Rüstungsarsenal, das Israel so zu schaffen macht, in den kleinen Küstenstreifen geschmuggelt wurde. Vor allem technische Unterstützung will Deutschland den Ägyptern bereitstellen, um die kurze Grenze bei Rafah effektiv überwachen zu können. Steinmeier: „Es geht darum, denen zu helfen, die Verantwortung übernehmen!“ Und so hofft er dann, dass eine humanitäre Waffenruhe in einen stabileren Waffenstillstand hinübergleiten könnte.

Wenn der deutsche Außenminister den Waffenschmuggel in den Gazastreifen eindämmen will, dann vertritt er damit nichts anderes als die israelische Position. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regev, fordert als Voraussetzung für einen Waffenstillstand nämlich nicht nur einen Stopp des Raketenbeschusses, sondern auch „einen funktionierenden Mechanismus, der die Wiederaufrüstung der Hamas verhindert“. Aus israelischer Sicht ist der Albtraum einer Waffenruhe wahr geworden: Die Hamas hat während der sechsmonatigen „Tahadije“ in der zweiten Jahreshälfte 2008 die Reichweite ihrer Raketen von 20 auf 40 Kilometer ausgebaut.

Arabische Vorbehalte gegen ausländische Präsenz

Problematisch an der Unterbindung des Waffenschmuggels ist auch: Um Israel Garantien geben zu können, müssten ausländische Truppen die Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen kontrollieren können. Doch die Ägypter sähen durch ausländische Truppen im Sinai ihre Souveränität eingeschränkt. Und in Israel muss man lange suchen, bis man Fans einer internationalen Präsenz findet. „UN = Unwanted Nobodies“ ist ein populärer Aufkleber im jüdischen Staat. Natürlich lehnt auch die Hamas eine internationale Präsenz in der Gegend ab.

Und Politbürochef Chaled Mascha´al doziert aus Damaskus, für einen Waffenstillstand habe man ganz genaue Forderungen: „Erstens, die Aggression muss aufhören; zweitens, die israelischen Streitkräfte müssen sich aus dem Gazastreifen zurückziehen… sofort natürlich; drittens muss die Belagerung aufgehoben werden und viertens müssen alle Grenzübergänge geöffnet werden.“

Spannend bleibt der Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Barack Obama am 20. Januar. Obama möchte „vom ersten Tag an“ an einer umfassenden Lösung des Nahostkonflikts arbeiten und dazu Syrien und Iran mit einbeziehen. „We can do it!“ – „Wir schaffen es!“ ist ein Slogan, der untrennbar mit der Person des charismatischen Neuen im Weißen Haus verbunden ist. Bleibt abzuwarten, ob er das auch im Blick auf den ideologisierten Politsumpf Nahost gemeint hat – oder ob er sich bald revidieren muss.

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