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Die Weihnachtsbombe

Bis Weihnachten, in knapp zwei Wochen, könnte der Iran eine Atombombe haben. Das hat der Chef der Wiener Atombehörde, Mohammed el-Baradei, prophezeit. Gleichwohl hatte er zuvor die iranischen Drohgebärden als Rhetorik abgetan. Ein amerikanischer Geheimdienstreport hatte behauptet, dass der Iran schon 2003 sein Atomprogramm eingestellt habe. Gleichzeitig protzt Irans Präsident Ahmadinedschad immer wieder mit Tausenden Zentrifugen für Uran-Anreicherung in Natanz.

Niemand weiß wirklich, wie weit der Iran mit dem Bau einer Bombe ist. Und wer es tatsächlich weiß, dürfte schweigen, um seine Informationsquellen zu schützen. Es gibt es auch jene, die standhaft behaupten, dass der Iran gar keine Atombombe anstrebe, sondern nur auf dem Recht bestehe, genauso wie andere Atommächte, selber Uran anreichern zu dürfen.

Ähnliche Verwirrung besteht rund um das iranische Raketensystem. Teheran macht große Propaganda mit seinen Erfolgen bei der Entwicklung von Trägerraketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern, die bis nach Tel Aviv reichen, oder gar von 3.000 Kilometern, die sogar Berlin treffen könnten. Doch eine Analyse von Fotos eines Raketentests im Iran entblößte einen Flop. Mit einem Bildbearbeitungsprogramm für Computer war da kräftig nachgeholfen worden, um zu beweisen, dass wirklich alle auf Lastwagen montierte Raketen aufgestiegen waren. Die Iraner hatten die Rauchfahnen einfach vervielfältigt. Dann kamen Meldungen, wonach der Iran Trägerraketen mit der Fähigkeit erprobe, den Munitionskopf in 600 Metern Höhe über dem Ziel explodieren zu lassen. Das ist eine Technik, die einzig für Atombomben benötigt wird. Denn wenn sie am Boden explodieren, richten sie vergleichsweise geringen Schaden an.

Gefahrenpotential wird auf Israel geschoben

Diesem Wust an kaum nachprüfbaren oder von Propaganda motivierten „Informationen“ steht eine echte oder vermeintliche israelische Drohkulisse gegenüber. Sprüche einzelner Politiker, wie des Verkehrsministers Schaul Mofas, Behauptungen namentlich nicht genannter „Experten“, ehemaliger Geheimdienstleute oder allein die von Premier Ehud Olmert offen ausgesprochene „Sorge“ reichten aus, das Gefahrenpotential weg vom Iran und den Israelis zuzuschieben. Plötzlich bedroht nicht mehr das iranische Streben nach der Atombombe die Sicherheit der Welt, sondern allein Israels Ankündigung, eine iranische Bombe nicht akzeptieren zu können – zumal der Iran, die Araber und der Rest der Welt fest davon überzeugt sind, dass Israel über 200 Atombomben im Keller versteckt halte.

Mangels genauer Informationen berufen sich israelische Experten auf die wenigen bekannten Fakten. So belehrt ein Diplomat beim Hintergrundgespräch, dass der Iran sein Atomprogramm schon unter dem Schah mit amerikanischer (und vielleicht auch israelischer) Hilfe begonnen habe. „Für den Iran ist der Besitz einer Bombe Teil seines Selbstverständnisses als Hegemonialmacht in der Region“, sagte der namenlose Beamte. Israel sei nur der „kleine Satan“, sagte ein Iranexperte bei einem anderen nicht zitierfähigen Gespräch am gestrigen Donnerstag. Eigentlich seien der Westen und die arabische Welt das wahre Ziel des Iran. Doch vermutlich hätte es längst Krieg gegeben, wenn der Iran das NATO-Land Türkei, den Ölproduzenten Saudi-Arabien oder gar die im Irak stationierten US-Truppen ebenso lautstark bedroht hätte, wie Ahmadinedschad. Er kann ungestraft sogar vor der UNO in New York von seinem Ziel reden, „das zionistische Regime in Jerusalem“ auslöschen zu wollen. Die Aufschrift „Tel Aviv“ auf Trägerraketen bei der Militärparade in Teheran kann als primitive Drohgebärde, oder aber als gefährliche Absichtserklärung aufgefasst werden. Ein französischer Militärattaché verließ deshalb aus Protest die Ehrentribüne, sein deutscher Kollege blieb sitzen.

Fragwürdige Methoden

Die Verantwortlichen in Israel befinden sich in einer Zwickmühle. Obgleich an Vernichtungsrhetorik gewöhnt, die vom „Juden ins Meer Werfen“ des früheren ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser bis hin zur „illegitimen Entstehung Israels“ aus Sicht deutscher Linkspolitiker reichen, haben die jüdischen Israelis ein Trauma. Fast alle Juden in Israel sind Überlebende von Vernichtungslagern, Todesmärschen von Äthiopien durch die Wüsten des Sudan, Pogromen und Verfolgungen in der arabischen Welt. Sogar der Versuch des Präsidenten der UNO-Generalversammlung Miguel d’Escoto Brockmann, eine Rede der israelischen Botschafterin Gabriela Schalev als Repräsentantin der Ländergruppe „Westeuropa und andere“ zu unterbinden, zählt zu den fragwürdigen Methoden, Israel und die Juden auszuschalten. So geschehen im Vorfeld des 60-Jahre- Festaktes zur Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Der Terror der Selbstmordattentäter speziell gegen Juden in Israel und Buenos Aires, die Attacken auf Synagogen in Paris, Wien oder Istanbul und zuletzt auf das Chabad-Zentrum im Mumbai erinnern die Israelis täglich daran, dass anti-jüdische Rhetorik beim Wort genommen werden müsse. Wer dieses israelische Grundprinzip sieht, kann verstehen, warum die Israelis geradezu unberechenbar agieren, wenn sie glauben, dass ihr physisches Überleben, ihre pure Existenz bedroht wird. Das war nicht nur 1981 so, als Premier Menachem Begin den Befehl zur Bombardierung des Osirak-Atomreaktors im Irak gab. Man sieht es auf allen Flughäfen der Welt bei den Sicherheitsmaßnahmen rund um Israel-Flüge. Doch als Staat muss Israel auch Reaktionen anderer Länder und weitere Interessen berücksichtigen. Deshalb setzte Israel auf die internationalen diplomatischen Bemühungen und Sanktionen gegen den Iran.

Es wird immer wieder über einen israelischen Militärschlag gegen den Iran spekuliert. Ob der praktisch machbar ist, obgleich 2.000 Kilometer, die Türkei, Syrien, Jordanien und der von den Amerikanern kontrollierte Luftraum des Irak dazwischen liegen, dürften nur solche Experten wissen, die ihre Erkenntnisse nicht mit Journalisten teilen. Die Amerikaner könnten mit den gleichen Kampfflugzeugen, bunkerbrechenden Bomben und anderen Mitteln einen Schlag gegen den Iran viel besser vollbringen, weil sie vor Ort sind, im Irak und im persischen Golf.

Was passiert, wenn der Iran Bombe und Trägerrakete besitzt und die Welt es nicht geschafft hat, Teheran am Spiel mit dem Feuer zu hindern, bleibt reine Spekulation. Wer jedoch Israel kennt, darf damit rechnen, dass der jüdische Staat nicht tatenlos abwarten und ein „zweites Auschwitz“ zulassen wird.

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