Der europäischen und deutschen Kritik an Israel im Vorgehen gegen die Hamas und den Iran liegt ein Problem zugrunde: Außer Sanktionen gibt es keine wirklichen Handlungsoptionen gegen Staaten und Regimes, die die europäische Friedens- und Nachkriegsordnung ablehnen. Geleitet von Lektionen der eigenen Geschichte hat die Bundesrepublik zu Recht den Militarismus abgelehnt und sich dem Multilateralismus und der „Friedenspolitik“ verschrieben.
Nach dem Ende des Kalten Krieges nahm die Überzeugung zu, dass Europa nicht länger gefährdet sei und Deutschland keine größeren militärischen Fähigkeiten mehr brauche. Damit entledigte sich unser Land jedoch auch mancher Optionen und Möglichkeiten der eigenen und verbündeten Machtprojektion – auch für die nicht allzu seltenen Fälle, dass internationale „Partner“ die Regeln der friedlichen Konfliktlösung ablehnen und auf die Macht des Stärkeren rekurrieren.
Mike Huckabee, seit April US-Botschafter in Israel, sagte im Juni bei einem Gebetsfrühstück für christliche Unterstützer Israels in Jerusalem sinngemäß: „Natürlich bevorzugen wir die Diplomatie, um Konflikte zu lösen. Aber wenn diese scheitert, tauchen in der Regel die Soldaten auf. Daher müssen wir dankbar dafür sein, Soldaten zu haben.“
„Friedenspolitik“ weitgehend machtlos im Nahen Osten
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem Februar 2022 hat Deutschland aus dem sprichwörtlichen Dornröschenschlaf aufgeweckt. Die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) damals proklamierte „Zeitenwende“ zeigt, dass eine „Friedenspolitik“ ohne ausreichendes Abschreckungs- und Verteidigungspotenzial zum Scheitern verurteilt ist. Die „Friedensmacht“ Deutschland kann weder Russland noch den Iran abschrecken.
Was Europa seit dem Februar 2022 erlebt, kennt Israel seit den frühesten Versuchen, den Judenstaat im britischen Mandatsgebiet aufzubauen und ihn weiterzuentwickeln. Von Anfang an musste sich Israel militärisch stark genug aufstellen, um unter hoher Opferbereitschaft seine Freiheit und Unabhängigkeit zu verteidigen, und gleichzeitig immer wieder die Hand zum Frieden auszustrecken. Es musste auch immer den politischen und gesellschaftlichen Willen für beides aufbringen.
Ein zentrales Problem der deutschen und europäischen Außenpolitik ist der Mangel an realistischer Erkenntnis, dass der Islamismus und Israelhass in der arabisch-islamischen Welt nicht nur für Israel, sondern auch für Europa und den Westen eine Bedrohung sind und sich nicht durch „Appeasement“ befrieden lassen. Solange sich der Islam nicht reformiert, wird der Nahe Osten kaum Israels Existenz akzeptieren.
Ein weitestgehend säkularisierter Westen kann die gesellschaftliche und kulturelle Durchdringung von religiösen Überzeugungen, wie sie im Nahen Osten vorherrschen, nicht mehr verstehen. Weil die Ablehnung Israels zum Teil religiös begründet ist, können die westlichen beziehungsweise säkularen Vorstellungen für einen Frieden im Nahen Osten nicht greifen, auch wenn sie rational einen Sinn ergeben, wie zum Beispiel das Konzept der „Zwei-Staaten-Lösung“.
Israel als strategischer Partner der westlichen Wertegemeinschaft
Voraussetzung für eine sinnvolle Nahostpolitik ist das Verständnis, dass Israel ein strategischer Partner im Nahen Osten ist. Zudem muss auf doppelte Standards verzichtet werden. Ursache und Wirkung dürfen nicht verwechselt werden. Genauso selbstverständlich, wie für Israel das Völkerrecht und Kriegsvölkerrecht gilt, sollten die gleichen Forderungen auch an Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen, an die Iraner, Katarer und andere gestellt werden – auch wenn zum Beispiel die Palästinenser von den meisten Staaten nicht als Völkerrechtssubjekt anerkannt sind.
Warum gilt „Übertreibt’s nicht!“ für Israel, und nicht für die Hamas? Wo bleibt die „Höchste Sorge“ beim Schicksal der Geiseln, wie sie für die Zivilbevölkerung in Gaza ausgedrückt wird?

Der Iran mit seinen Proxys Hamas und Hisbollah, genauso wie das gegenwärtige Russland, lassen sich in keine „Friedensordnung“ einbeziehen – im Gegenteil, sie bekämpfen diese europäische Friedens- und Werteordnung und erkennen die Prinzipien des Völkerrechtes nicht an. Sie bekämpfen nicht nur den jüdischen Staat, sondern die gesamte westliche, liberale und demokratische Ordnung.
Ähnlich brachte dies im Juni 2025 der ukrainische Parlamentsabgeordnete Oleksii Honcharenko bei einer parlamentarischen Versammlung des Europarates auf den Punkt:
„Israel schützt die Grundwerte, die wir alle hier teilen. Wir sprechen von Frauenrechten. Wer schützt die Frauenrechte im Nahen Osten? Israel. Wir sprechen von Demokratie. Was ist Demokratie im Nahen Osten? Israel. Wir sprechen über Menschenrechte und die Herrschaft des Rechts. Israel, Israel, Israel. Anstelle der Kritik an Israel sollten wir Israel unterstützen.“
Politiker der Mitte in Deutschland gestehen der Ukraine zu Recht zu, dass diese nicht nur ihre Heimat, ihr Land und ihr Volk, ihre Geschichte und Kultur vor der revisionistischen Aggression Russlands verteidigt, sondern auch Europa und damit unsere geteilten Werte. Die Ukraine verteidigt unsere Freiheit und Demokratie dadurch, dass sie unter großen Opfern ihre Nation und ihr Staatsgebiet zu schützen sucht.
Die Wirksamkeit universaler liberaler Werte, wie Menschen- und Bürgerrechte und des Völkerrechts, ist daran gebunden, dass sie durch einen nationalen Rechtsstaat nach innen und außen durchgesetzt werden. Auf dem ukrainischen Staatsgebiet, das inzwischen von Russland völkerrechtswidrig besetzt ist, gibt es keine freien Wahlen, Meinungsfreiheit oder Rechtsstaatlichkeit mehr.
Bedrohung durch den Islamismus
Parallel dazu darf unsere Politik verstärkt die Erkenntnis darüber erlangen, dass auch Israel nicht nur sein Land und seine eigene Demokratie und Freiheit verteidigt, sondern auch die liberalen Werte der gesamten westlichen Welt. Angela Merkel (CDU) hatte auf diese moralische, strukturelle Verbundenheit zwischen Israel und Europa beziehungsweise Deutschland im liberalen Demokratie- und Staatsverständnis in ihrer wegweisenden Ansprache in der Knesset 2008 verwiesen. Tatsächlich ist es seit Jahren der politische und extremistische Islam im Nahen Osten, der genau diese unsere gemeinsamen Werte bekämpft.

Vermutlich war der Angriff Israels auf den Iran, mit amerikanischer Unterstützung, die einzige realisierbare Möglichkeit, das Atomwaffen- und Raketenprogramm der Islamischen Republik und seine völkerrechtswidrigen Absichten zur Auslöschung Israel außer Dienst zu stellen, sofern dies denn ausreichend gelungen sein mag.
Aktuell scheint es, dass in der Bundesregierung mehrheitlich Einvernehmen dazu herrscht. Damit mag diese gegenwärtig dem Anspruch der „deutschen Staatsräson“ gerecht werden: Israels Bedrohung ernst zu nehmen und Israel sich seiner Verantwortung für die eigene Sicherheit und Existenz gerecht werden zu lassen – und es wo nötig durch Waffenlieferungen dazu zu befähigen.
Daher ist und bleibt es richtig, die Rüstungskooperation mit dem jüdischen Staat uneingeschränkt fortzuführen. Israel muss zu jeder Zeit die nötigen militärischen Ressourcen haben, um sich eigenständig und im Zweifelsfalle auch nach eigenem Ermessen verteidigen zu können.
Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Verteidigungszusammenarbeit mit Israel auch für die Bundesrepublik, die Bundeswehr und die Terrorismusbekämpfung hierzulande über Jahrzehnte hinweg vorteilhaft war. Bei seinem Solidaritätsbesuch Ende Juni in Israel erlebte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), wie nützlich auch für Deutschland eine Kooperation mit Israel im Bereich der Cybersicherheit und dem Bevölkerungsschutz sein wird.
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Ablehnung von Israels Existenz
Israel Existenz, nicht seine Grenzen oder spezifische Regierungspolitik oder Militäroperationen, ist der eigentliche Vorwand für den Hass Vieler in der Region auf den Judenstaat. Und damit ist dieser Hass auf Israel das größte Hindernis für einen Frieden im Nahen Osten. Wenn sich Deutschland also zur Existenz Israels bekennt, muss diese Erkenntnis allem Handeln Israel gegenüber zugrunde liegen.
Daraus ergibt sich eine Empfehlung zur Frage, wie sich die „Staatsräson“ denn nun gestalten sollte: Ein unmissverständlicher Einsatz der deutschen Diplomatie zugunsten der Anerkennung Israels bei allen Partnern, mit denen die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen pflegt, sollte vorausgesetzt werden können. Der Antisemitismus, Antizionismus und die Leugnung des Holocaust müssen auch auf dem internationalen Parkett mit Nachdruck und mit solider außenpolitischer Priorität bekämpft werden.
Die Verflechtung zwischen Antisemitismus und Antizionismus auf nationaler und internationaler Ebene ist bei anti-israelischen und pro-palästinensischen Demonstrationen in Europa und den USA nur allzu offenkundig. Daher müssen diese Phänomene auf beiden Ebenen im Verbund bekämpft werden.
Dies kann zum Beispiel geschehen, indem Projektpartnern der Bundesrepublik sowie ausländischen Regierungen die Kooperation und Förderung verweigert wird, wenn diese sich hier nicht eindeutig genug positionieren. Auch in den Vereinten Nationen hat Deutschland regelmäßig die Möglichkeit, die richtigen Signale zu senden. Bei Abstimmungen in der Vollversammlung, Ausschüssen und dem Sicherheitsrat bleibt die deutsche Unterstützung für Israel in ihrer Klarheit und Eindeutigkeit weiterhin ausbaufähig.
Die Feindschaft gegen Israel politisch bekämpfen
Die „Staatsräson“ heißt vor allem, dass alle „Akteure“, die Israels Existenz und Sicherheit bedrohen, die Waffen gegen Israel richten und nutzen, von Deutschland aktiv politisch bekämpft werden müssen. Deutschland, Europa und die USA werden die Hamas, die Hisbollah, die Muslimbruderschaft, sowie den Iran, nicht entwaffnen und die Macht des politischen Islam nicht unschädlich machen können – aber sie können Israel befähigen, dies in seinem geopolitischen Umfeld zu tun, soweit es überhaupt möglich ist. Vor allem kann Deutschland dabei helfen, die entsprechenden finanziellen Netzwerke zu zerstören.
Wenn deutsches, europäisches und westliches Regierungshandeln sich darauf fokussierte, käme das Ideal einer „Staatsräson der Sicherheit Israels“ und einer stabilen Friedensordnung im Nahen Osten vielleicht ein Stück näher – möglicherweise haben das israelische und amerikanische Handeln im Juni tatsächlich einen kleinen Beitrag dazu geleistet.
6 Antworten
Ich stimme Ihnen bei vielen zu, aber nicht in allen.
Niemand darf einen anderen wegen seiner Religion, Rasse, Hautfarbe oder Konfession ein Haar krummen.
Wer hält sich an dieses Gebot?
Es ist nicht zu übersehen, dass von den fast 200 Nationalstaaten viele nach eigenem Gutdünken halten und walten ohne dabei größere Konsequenzen zu befürchten. Niemand entgeht, dass keine Werte, sondern Interessen im Vordergrund liegen. Im Klartext sobald jemand im Interesse des einen ist, dann ist sein Handeln rechtens. Ob es recht ist sei dahingestellt. Solange wie die Öl Monarchen den Steinzeit Islam finanzieren, fördern, solange wird genug Wasser auf die Mühlen fallen. Das Rad dreht sich aber für wen? Profitieren gewisse Wirtschaftsmächte oder der Staat Israel nicht genug davon. Solange es keine gravierenden Exzesse gibt, ist der Umstand „Gut“ Noch ein persönliches Wort an alle „Es nicht in Ordnung, wenn gegenteilige Meinungen mit Anti Jüdisch gleichgesetzt werden. Jede Kritik im Keim erstickt wird. Es gibt genug Menschen die Handlungen und nicht Gerede betrachten. Habe selbst mit einem Jüdischen Professor gearbeitet und wir haben viele Gedanken ausgetauscht. Unrecht ist unrecht an den Juden an den Palästinensern, Indianer, Farbigen, Tibetern, Uiguren, Aberrierens ………….. Was die Hamas gemacht hat ist unrecht. Was die Siedler machen ist ebenfalls unrecht.
Unrecht ist unrecht
@Baki Sayan
Differenzieren ist gut, relativieren (wie in Ihrem Fall) ist schlecht, sagt meine Ehefrau und sie hat immer Recht.
Albert, genau das tut Baki Sayan doch, er differenziert, im übrigen gehe ich mit seinen Ansichten durchaus konform, ebenso mit dem gesamten Artikel,und zwar alle drei Teile…………………………SHALOM
@Klaus
Juden, Palästinensern (PLO/HAMAS), Uiguren ( Terror-Anschlägen im Westen Chinas)
in einen Topf werfen? Nein.
@ Israelnetz
Vielen Dank an Herrn Dreyer für diese phänomenal gute Zusammenfassung der Gründe, die die Solidarität mit Israel, aber auch mit der Ukraine, erfordern und untermauern!
Und größte Anerkennung ebenso für das hervorragende Aufzeigen der Folgen und Möglichkeiten, die daraus erwachsen bezüglich der Umsetzung! Endlich einmal eine konkrete Darstellung, welch vielfältige Handlungsoptionen unseren politisch Verantwortlichen zur Verfügung stehen, wollen sie tatsächlich und aufrichtig dem Ziel des Friedens im Nahen Osten und der restlichen Welt ein Stück näher kommen!
Auch dieser sehr gut recherchierte Artikel macht die Schwierigkeiten von Israel und den westlichen Nationen deutlich. Er zeigt aber auch sehr klar, dass wir mit menschlicher Weisheit nicht weiter kommen. Die Mächte der Finsternis, sind doch die eigentlichen Herrscher dieser Welt und diese wollen alles vernichten, was der lebendige Gott lieb hat – das Eigentumsvolk Gottes und die Gemeinde.
Nur der Friedefürst Jesus wird zu seiner Zeit diesen Frieden aufrichten können.
Lieber Gruß Martin