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Die „Nacht der Kraft“

In der Nacht zum 27. des Monats Ramadan, des muslimischen Fastenmonats, begehen Muslime die „Lailat al-Kadr“, die „Nacht der Kraft“ oder die „Nacht der Bestimmung“. Im Jahr 2014 fiel dieses Datum auf den 25. Juli.
Neben dem Gebet wollen viele Muslime auch ein politisches Zeichen setzen.

JERUSALEM (inn) – In der „Nacht der Kraft“ versammeln sich Muslime zum Gebet in der Moschee. Die bedeutenden Moscheen in Mekka und Medina sind besonders beliebte Ort für diesen Anlass. Aber auch Jerusalem und der Tempelberg, beziehungsweise „das edle Heiligtum“, wie Muslime diesen zu nennen pflegen, mit der darauf stehenden Al-Aksa-Moschee und dem Felsendom ist bevorzugtes Ziel.
Nach koranischem Bericht ist „im Ramadan der Koran als Rechtleitung für die Menschen herab gesandt worden“ (Sure 2,185). Die 97. Sure heißt „al-Kadr“, „die Bestimmung“. Sie lautet: „Wir haben ihn (den Koran) in der Nacht der Bestimmung herabgesandt. Aber wie kannst du wissen, was die Nacht der Bestimmung ist? Die Nacht der Bestimmung ist besser als tausend Monate. Die Engel und Gabriel kommen in ihr mit der Erlaubnis ihres Herrn herab, mit göttlichem Befehl und Befugnis. Sie ist voller Heil, bis die Morgenröte sichtbar wird.“ Außerdem scheint sich Sure 44,2 auf diese Nacht zu beziehen: „Wir haben sie in einer gesegneten Nacht hinabgesandt. Und wir haben (die Menschen damit) gewarnt.“
So kommt es, dass manche Muslime ihr tägliches rituelles Gebet in dieser Nacht in der Moschee verrichten und sich unmittelbar danach auf den Heimweg begeben. Andere bleiben für mehrere Stunden und viele beten die ganze Nacht hindurch. Wichtig, um den Segen der 1.000 Monate zu bekommen, ist, dass man überhaupt in dieser Nacht der Pflicht zum Gebet nachkommt. Auch viele Muslime, die sonst eher selten ihr Pflichtgebet verrichten, besuchen in dieser Nacht eine Moschee. Ein Mann ist überzeugt: „Wenn ich in dieser Nacht bete, werden mir viel mehr Sünden vergeben als sonst.“
Die 21-jährige Afnan ist mit ihrer Schwester und Cousine aus einem galiläischen Dorf angereist: „Wir sind mit einem ganzen Bus gekommen. Es ist wichtig für uns, hier zu beten. Jedes Jahr im Ramadan kommen wir mindestens zweimal nach Jerusalem. Es ist wichtig, der Welt zu zeigen, dass wir Palästinenser uns nicht durch die Besatzung abschrecken lassen. Und dass wir unseren Glauben nicht aufgeben.“ Die drei jungen Frauen tragen die traditionelle Bekleidung der Frauen in der Region – ein Kopftuch und ein langes Gewand. Um den Hals haben sie sich außerdem Tücher gelegt, auf denen „Palästina“ steht. Außerdem ist darauf ein Bild des Felsendoms und die palästinensische Flagge abgebildet.

Zugang zum Tempelberg eingeschränkt

In ruhigen Zeiten strömen Zehntausende aus dem In- und Ausland und aus den palästinensischen Gebieten zu den Gebetsstätten in Jerusalem. Die Händler in und um die Altstadt herum freuen sich dann über das florierende Geschäft. Doch in diesem Jahr klagen sie: Aufgrund des aktuellen Krieges in Gaza und der gewalttätigen Demonstrationen im Westjordanland blieb vielen Muslimen der Zugang nach Jerusalem und zum Tempelberg verwehrt. In und um die Altstadt ist verstärkt Polizei im Einsatz. Die, die trotzdem gekommen sind, dürfen die zahlreichen Polizeisperren nicht passieren. So bleiben die Händler auf ihren Waren sitzen.
Einige Dutzend Männer haben sich vor den Toren der Altstadt zum Gebet eingefunden. Sie beten nahe des Damaskustors in Richtung des Felsendoms, in einer Linie nach Mekka und Medina. Mit lauter Stimme leitet ein Muezzin aus einem benachbartem Ort das Gebet. Die Männer stimmen mit ihm, erheben und verneigen sich auf ihren Gebetsteppichen.
Ein Bus ist aus Be‘er Scheva gekommen. Einer der Männer erklärt: „Die Nacht der Bestimmung gilt als die heiligste im islamischen Kalender, denn in dieser Nacht ist dem Propheten Muhammad der Koran offenbart worden. Deshalb komme ich in jedem Jahr hierher, um in der Al-Aksa zu beten.“ Der Mittvierziger mit dem dunklen Bart erklärt weiter: „In diesem Jahr dürfen nur Frauen und Männer über 50 Jahren ‚das edle Heiligtum’ betreten. Sie“, er zeigt in Richtung der israelischen Polizisten „sie wollen, dass wir nicht beten in der Nacht. Aber ich bete trotzdem hier. Das Gebet in dieser Nacht ist soviel wert, wie sonst tausend Monate.“ Er unterhält sich mit seinem Nachbarn: „Eigentlich wissen wir nicht genau, ob es tatsächlich der 27. Ramadan war, vielleicht war es auch der 21., 23., 25. oder 29. Ramadan, aber der 27. hat sich durchgesetzt.“ Eben weil das Datum nicht genau festgelegt ist und theoretisch auch an jedem anderen ungeraden Datum der letzten zehn Tage des Ramadan liegen könnte, halten einige Muslime es für besonders verdienstvoll, alle diese Nächte in ihrer örtlichen Moschee zu verbringen. (mh)

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