SYDNEY (inn) – Nach dem Terroranschlag auf Teilnehmer einer Chanukkafeier in Australien ist der israelische Diasporaminister Amichai Schikli am Dienstag in Sydney eingetroffen. Der Likud-Politiker ist auch zuständig für den Kampf gegen Antisemitismus. Am Ort des Massakers betete er für die Angehörigen der 15 Ermordeten und für die Verwundeten. Er hat zudem eine Delegation von Traumatherapeuten und Psychologen nach Sydney geschickt.
„Diejenigen, die den Herrn lieben, hassen das Böse“, zitierte Schikli laut der Nachrichtenseite „All Israel News“ aus einem jüdischen Gebet. Er fügte hinzu: „Lassen Sie diejenigen, die uns töten wollen, wissen, dass wir stolz darauf sind, die Feinde des Bösen zu sein.“
Der Minister besuchte auch Verwundete im Krankenhaus. Zu ihnen zählt der Aktivist Arsen Ostrovsky, der einen Streifschuss am Kopf erlitt. Er zog vor wenigen Monaten von Israel nach Australien und arbeitet er in der jüdischen Gemeinde von Sydney mit. Am 7. Oktober 2023 überlebte er in Israel das Terrormassaker der Hamas.
Auch der israelische Botschafter in Canberra, Amir Maimon, besuchte die Stätte des Attentates am Brondi-Strand. Nach der Rückkehr von einer Israelreise legte er dort einen Kranz nieder.
Sydney wiederum bekundete Solidarität: Auf eines der Segel der berühmten Oper wurde ein Chanukkaleuchter projiziert.
The sails of the Sydney Opera House have tonight lit up with a Menorah, in message of love and resilience in the wake of the Bondi terror massacre.
— Arsen Ostrovsky 🎗️ (@Ostrov_A) December 15, 2025
Quite a contrast to the mob of hate, who descended there calling for Jewish blood two days after Oct 7 attack. pic.twitter.com/PO2EYaPx0K
Kritik an australischer Regierung
Schikli indes wiederholte die Kritik an der australischen Regierung, die bereits Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) und Staatspräsident Jizchak Herzog geäußert hatten: Gegenüber dem australischen Sender „Sky News“ sagte er, Regierungschef Anthony Albanese (Labor) habe von Israel Warnungen erhalten, nachdem der Antisemitismus in Besorgnis erregender Weise angestiegen sei.
Australien habe genügend Zeit gehabt, nach zwei Jahren Demonstrationen, bei denen Hassrede im gesamten Land zu hören gewesen sei, sagte der israelische Minister. Er sei nicht überrascht gewesen, als er von dem Anschlag hörte.
„Vor vier Monaten sahen wir hier in Sydney eine riesengroße Demonstration“, erläuterte Schikli. „Wir sahen IS-Flaggen. Wir sahen Al-Qaeda-Flaggen. Wir sahen Hamas-Flaggen. Wir hörten, was sie sagten: ‚Globalisiert die Intifada‘, ‚Vom Fluss bis zum Meer‘. All diese Slogans, deren Bedeutung wir genau kennen.“ Er hoffe auf einen Wandel nach dem Anschlag.
Spenden für muslimischen „Helden“
Indes wird der aus Syrien stammende Muslim Ahmed Al Ahmed weiter als Held gefeiert. Er hatte einem der beiden Attentäter durch einen Ringergriff die Schusswaffe entwendet und war durch Schüsse vom anderen verwundet worden.
Albanese besuchte ihn im Krankenhaus und dankte ihm im Namen der Australier. Anschließend schrieb der Regierungschef auf X: „Ahmed, Sie sind ein australischer Held. Sie haben Ihr Leben riskiert, um andere zu retten, indem Sie auf die Gefahr am Bondi-Strand zuliefen und einen Terroristen entwaffneten.“
Eine Online-Spendenkampagne für Al Ahmed brachte bereits am ersten Tag 1,3 Millionen US-Dollar zusammen. Der größte Einzelbeitrag kam vom amerikanisch-jüdischen Milliardär Bill Ackman: Er gab 66.000 Dollar und bewarb die Kampagne in den Sozialen Medien. Einige der etwa 34.000 Spender geben an, dass sie jüdisch seien. Teilweise stellten sie symbolische Beträge wie 180 Dollar zur Verfügung, die mit der Zahl 18 zusammenhängen: Der hebräisch Zahlwert setzt sich aus den Buchstaben Chet und Jod zusammen. Sie ergeben das Wort „chai“ – „lebendig“.
Mittlerweile ist von einem weiteren Helden die Rede: In einem chinesischen sozialen Netzwerk wurde ein Video verbreitet, auf dem ein Zivilist mit einem lilafarbenen Oberteil zu sehen ist. Die Aufnahme entstand von einem Auto aus. Der Mann, dessen Identität unbekannt ist, kämpft mit einem der Bewaffneten. Er kann sich der Feuerwaffe bemächtigen und richtet sie auf ihn. Das Video endet damit, dass er zu Boden fällt. Wie es ihm weiter erging, wird nicht klar.
Ehepaar erschossen, das Angreifer aufhalten wollte
Auch Sofia und Boris Gurman versuchten am Sonntag, die Angreifer aufzuhalten. Das russisch-jüdische Ehepaar wurde von einer an einem Auto angebrachten Kamera gefilmt. Es stellte sich den Bewaffneten entgegen, nachdem diese ihr Fahrzeug abgestellt hatten. Boris Gurman versuchte, einem von ihnen die Waffe fortzunehmen. Beide wurden erschossen.
Die Hinterbliebenen teilten mit: „Während nichts den Schmerz über den Verlust von Boris und Sofia lindern kann, empfinden wir eine überwältigenden Stolz auf ihren Mut und ihre Selbstlosigkeit. Dies bringt auf den Punkt, wie Boris und Sofia waren – Menschen, die instinktiv und selbstlos versuchten, anderen zu helfen.“
Das jüngste Todesopfer des Chanukka-Anschlages ist die zehnjährige Matilda, deren Nachname in den Medien nicht veröffentlicht wird. Sie war mit ihrer Familie bei der Feier, auch mit der jüngeren Schwester. Eine Tante beschrieb sie als fröhliches Kind, das gern zur Schule gegangen sei.
Der 87-jährige Alexander Kleytman überlebte als Kind den Holocaust. In Sibirien schlug sich seine Familie unter schweren Bedingungen durch. Von der Ukraine wanderte er nach Australien aus – auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Seine Witwe Larissa, mit der er 57 Jahre verheiratet war, sagte, er habe sie mit seinem Körper vor den Schüssen der Attentäter geschützt. Kinder und Enkel des Ehepaars nahmen ebenfalls an der Feier teil.
Trauernder Cousin: Irrationale Liebe als Antwort auf Hass
Rabbi Eli Schlanger leitete die Mission der jüdischen Organisation Chabad in Bondi. Er war 18 Jahre lang Rabbiner und gehörte zu den Organisatoren des Festes. Den Namen hatte er von einem Urgroßvater erhalten, der in Auschwitz von den Nazis ermordet wurde. Sein Cousin Rabbi Zalman Lewis sagte australischen Medien, die Täter hätten aus irrationalem Hass gehandelt: „Eli wurde am Bondi-Strand aus irrationalem Hass ermordet. Unsere Antwort muss irrationale Liebe sein – irrationale Güte.“
Peter Meagher war 34 Jahre für die Polizei von New South Wales tätig. Die Feier besuchte der Rentner als freischaffender Fotograf.
Der Franzose Dan Elkayam wiederum war ein talentierter Fußballspieler, er spielte beim „Rockdale Ilenden Football Club“ in der ersten Liga. Er war nach Australien gezogen, um ein besseres Leben zu haben.
Aus der Sowjetunion geflüchtet
Reuven Morrison kam in den 1970er Jahren als Flüchtling aus der damaligen Sowjetunion in den Subkontinent. Nach einem Angriff auf eine Synagoge in Melbourne 2024 sagte er dem australischen Sender „ABC News“, er sei damit aufgewachsen, auf der Hut zu sein. Er habe gehofft, Australien werde ein sicherer Ort für Juden sein.
Tibor Weitzen wanderte 1988 aus Israel nach Australien aus. Der 78-Jährige soll Angehörige mit seinem Körper beschützt haben, als die beiden Attentäter das Feuer eröffneten. Als freiwillige Helferin war Marika Pogany in der jüdischen Gemeinschaft tätig. Sie brachte koscheres „Essen auf Rädern“ zu Juden, die dessen bedurften.
Edith Brutman war ebenfalls aktiv in der jüdischen Gemeinde. Ein weiteres Opfer ist Rabbi Yaakov Levitan. Er arbeitete als Sekretär beim jüdischen Gericht in Sydney.
Von den 42 Verletzten befinden sich 25 noch im Krankenhaus. Zehn von ihnen sind in einem kritischen Zustand.
Militärisches Training bei Islamisten auf den Philippinen
Unterdessen wurde bekannt, dass die beiden Angreifer, Sajid und Naveed Akram, im vergangenen Monat in einem militärischen Lager auf den Philippinen trainiert hatten. Nach Angaben der Einreisebehörde trafen sie am 1. November in der Stadt Davao ein, die sich auf der südlichen Insel Mindanao befindet. Diese gilt seit den 1990er Jahren als Brutstätte für militante Islamisten. Am 28. November seien sie von Davao über die Hauptstadt Manila nach Sydney zurückgeflogen, bestätigte eine Sprecherin der Behörde, Dana Sandoval, gegenüber „ABC News“.
Der Vater Sajid Akram zeigte demnach einen indischen Pass vor, sein Sohn Naveed einen australischen. Gegen Letzteren hatte der australische Geheimdienst ASIO im Jahr 2019 ermittelt. Der damals 18-Jährige standt im Verdacht, Verbindungen zu Mitgliedern einer Terrorzelle des Islamischen Staates in Sydney zu haben. Dies konnten die Agenten jedoch nicht erhärten.
Premier Albanese sagte am Montag, der ASIO habe zudem eine auf sechs Monate angelegte Untersuchung durchgeführt. Dabei habe er keine Belege für eine Radikalisierung von Vater oder Sohn gefunden. Vater Sajid Akram besaß einen Waffenschein.
Nun gehen die Ermittler davon aus, dass die beiden dem IS die Treue geschworen haben. In ihrem Fahrzeug fand die Polizei zwei selbstgemachte Flaggen des Terrornetzwerkes. Der Vater wurde am Sonntag erschossen, der Sohn liegt unter polizeilicher Überwachung im Krankenhaus. (eh)
Eine Antwort
Furchtbar! Was ich nicht verstehe,warum hört man nicht auf die Warnungen,verdammt nochmal? Das denkt sich Israel doch nicht aus. Genau wie bei uns hier in D. Auch schon wieder versuchter Anschlag. Jetzt ist man wieder völlig entsetzt und ja,das muss besser gemacht werden. Und was ist am Ende bzw. nach den Weihnachtsmärkten? Nichts. Wir warten dann auf nächste Weihnachten. Vielleicht wird es dann besser. Ehrlich, langsam frage ich mich, wann die Verantwortlichen endlich mal aus ihrem komatösen Schlaf erwachen! Alles Gutmenschen,die nur rumsafteln. Was muss noch passieren?
Ich bin außer mir.