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„Der Tag, als ich ins Paradies wollte“ – Kinopremiere der 60-minütigen ARD-Dokumentation

Was treibt einen sechzehn Jahre alten Jungen an, sich inmitten von Unschuldigen, Zivilisten, Frauen, kleinen Kindern, in die Luft zu sprengen? Ist es sein eigener Entschluss? Wenn nicht: Wer hat ihn dann dazu gebracht?

Mohammed Besharat ist ein Junge aus dem Westjordanland, der eines Tages zum Selbstmordattentäter in Israel werden soll. So haben es andere für ihn bestimmt. Der 2. August 2001 ist für Mohammed „Der Tag, als ich ins Paradies wollte“, wie die Filmautorin Esther Schapira ihre ARD-Dokumentation nennt. Darin zeichnet die Journalistin den Weg einer „lebenden Bombe“ nach, begleitet Mohammed auf seinem Weg zum geplanten Attentat.

Der Anschlag scheitert, weil der israelische Busfahrer, dessen Bus Mohammed besteigen will, merkt, dass etwas mit dem Jungen nicht stimmt. Dem Fahrer gelingt es daraufhin in letzter Sekunde, Mohammed aus dem Fahrzeug zu drängen und zu überwältigen. Die Bombe wird nicht gezündet, Mohammed festgenommen und verurteilt.

Bewusster Kontrast zu „Paradise Now“

Esther Schapira spricht in ihrem Film mit dem jungen Attentäter, fragt ihn nach seinen Beweggründen. Offen äußert sich Mohammeds Familie über die Rekrutierungspraxis der radikalen Terror-Organisationen – und widerlegt vor laufender Kamera das ebenso gern bemühte wie falsche Klischee von den jungen, verzweifelten Männern, die keinen Ausweg sehen, als sich selbst und andere zu töten. Und setzt dabei bewusst einen Kontrast zu dem fiktiven deutsch-palästinensischen Kinofilm „Paradise now“, der genau dieses Klischee aus Sicht von Esther Schapira sattsam bedient.

Bei ihrer Arbeit im Westjordanland erfährt die Autorin vor allem von dem enormen Gruppendruck, den radikale Organisationen wie die Hamas oder der Islamische Dschihad auf junge Männer wie Mohammed ausüben. Wer laut verkündet, etwas gegen den „zionistischen Feind“ unternehmen zu wollen, wer auffällt, indem er öffentlich gegen Israel protestiert, wird beim Wort genommen, wird ausersehen, eine lebende Bombe zu werden. Umzingelt von Aufmerksamkeit, bedrängt von der Gruppe der vermeintlichen Freunde, gelingt es den wenigsten, sich diesem Schicksal wieder zu entziehen.

Was „Paradise Now“ ignoriert

Ein teuflischer Mechanismus aus Manipulation und politischer Propaganda, der meist im Blutbad endet. Während der fiktive Streifen „Paradise Now“ diesen Aspekt völlig ausblendet, geht die ARD-Dokumentation „Der Tag, als ich ins Paradies wollte“ darauf ein. Eine Stimme erhalten dabei nicht nur die Täter, wie in „Paradise Now“, sondern auch ihre vielen unschuldigen Opfer.

Thematisiert werden schließlich auch die Auswirkungen der Selbstmordattentate auf die palästinensische Zivilgesellschaft. Ein Aspekt, den der fiktive deutsch-palästinensische Kinostreifen dagegen völlig außer Acht lässt. „Paradise Now“, sagt Esther Schapira, „bleibt weit hinter der politischen Debatte zurück, die die Palästinenser selber längst führen“.

Am 29. September, dem Tag, an dem „Paradise Now“ in die deutschen Kinos kommt, feiert auch Esther Schapiras 60-minütige ARD-Dokumentation „Der Tag, als ich ins Paradies wollte“ ihre Kinopremiere.

Ein bewusst gesetzter Kontrapunkt zu dem noch immer unternommenen Versuch, Terror gegen Zivilisten – der nichts anderes ist als Terror – zu entschuldigen, zu erklären und zu rechtfertigen. „Paradise Now“, so der Vorwurf nicht nur Esther Schapiras, unternimmt genau diesen Versuch, auch wenn seine Macher das bestreiten.

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