…ist die Homosexuellen-Parade, die für den 10. November 2006 in Jerusalem geplant ist. Davon sind Tausende von ultra-orthodoxen Juden überzeugt, die gegen den geplanten Marsch von Homosexuellen und Lesben auf dem Sabbat-Platz im Orthodoxen-Viertel Ge´ulah demonstrierten.
Der zweite Libanonkrieg brach aus, „sobald die die Homosexuellen-Parade angekündigt wurde“, meinte ein Ultra-orthodoxer aus dem Jerusalemer Viertel Mea Schearim. Und Rabbi Mosche Sternbuch, der Vorsitzende des ultra-orthodoxen rabbinischen Gerichts „Edah“, weiß: „Wegen der Promiskuität im Lande hatten wir keinen Erfolg im Libanon.“
Weiter zitierte der ultra-orthodoxe Rabbiner einen Rabbi Wassermann, der als Ursache des nationalsozialistischen Völkermords in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts in Europa den säkularen und politischen Zionismus zu erkennen meinte. Rabbi Sternbuch ist davon überzeugt: „Der Zionismus hat die Heiligkeit des Landes Israel zerstört. So nahmen die Leiden des Holocaust ihren Anfang. Und deshalb müssen wir jetzt aktiv gegen den moralischen Verfall vorgehen.“
Die Rabbiner befürchten einen weiteren Krieg, sollte die Homosexuellen-Demonstration in Jerusalem stattfinden, und haben Juden in der Diaspora aufgefordert, sich gegen das geplante Ereignis und für die Bewahrung der Heiligkeit Jerusalems auszusprechen. Demonstrationsplakate verkündeten: „Jerusalem ist die Heilige Stadt. Jerusalem ist nicht Sodom. Jerusalem ist nicht Amsterdam. Jerusalem ist nicht New York.“ Und auf Flugblättern, die Anfang Juli in orthodoxen Jerusalemer Stadtteilen in Briefkästen gesteckt wurden, wird unter der Überschrift „Tod den Sodomiten“ eine Belohnung von umgerechnet 3.700 Euro jedem geboten, der „den Tod von einem der Sodom-und-Gomorra-Leute verursacht“.
Als Zeichen Gottes bewerten die jüdischen Eiferer, dass am Sabbat nach der Parade in den Synagogen der Tora-Abschnitt „Vajera“ aus 1. Mose 18-22 verlesen wird, in dem der Untergang der Städte Sodom und Gomorra verzeichnet ist. Die Städte, die zur Zeit des Erzvaters Abraham in der Gegend am Toten Meer lagen, wurden von Gott wegen ihrer Unmoral und Gottlosigkeit mit Feuer und Schwefel vom Himmel vernichtet.
Auch radikale zionistische Juden sprechen sich gegen die Homosexuellen-Parade aus. Der 10. November 2006 folgt einen Tag auf den 16. Jahrestag der Ermordung des radikalen Rabbi Meir Kahane. Dessen Anhänger wollen sich nicht nur am Grab des Rabbi, der für seinen Araberhass bekannt war und in New York erschossen wurde, auf dem Ölberg versammeln, sondern die Gelegenheit auch nutzen, um die „Gay-Parade“ zu bekämpfen.
Der Rechtsextremist Baruch Marsel aus Hebron erklärte einen „heiligen Krieg“ gegen das Ereignis, und dass man alles tun wolle, um es zu verhindern. Der Bericht des Radiosenders der jüdischen Siedler in Judäa und Samaria, „Arutz-7“, betont, dass der Marsch just am Jahrestag der Reichskristallnacht von 1938 geplant ist.
Obwohl sich Jerusalems Stadtrat mehrheitlich und sein frommer Bürgermeister Uri Lupolianski gegen die Love-Parade in der Heiligen Stadt ausgesprochen haben, machen ihn seine Glaubensgenossen direkt für die „fürchterliche Gräuelparade“ verantwortlich.
Auch muslimische Kreise meldeten Widerstand gegen die Homosexuellendemonstration in Jerusalem. In den vergangenen Jahren haben geplante „Love-Paraden“ interessante Gegen-Koalitionen, die ansonsten unerhört sind, ermöglicht. So sprachen sich Christen, Juden und Muslime, evangelikal-konservative Christen und national-religiöse und ultra-orthodoxe Juden gemeinsam gegen die Demonstration der freien Liebe aus.
Ursprünglich war die Parade für den 10. August 2006 geplant, wurde dann aber wegen des zweiten Libanonkrieges abgesagt. Nach mehreren Verfahren bis vor das Oberste Gericht in Israel soll die „Gay Parade“ im Rahmen eines Kompromisses mit israelischen Menschenrechtlern jetzt am 10. November durchgeführt werden. Am 21. September, kurz vor den „Hohen Festen“ des Judentums, wurde laut israelischer Polizei aus Sicherheitsgründen nicht nur die „Pride Parade“ (im Englischen „Parade der Homos“, aber auch „Parade der Stolzen“) verboten, sondern auch eine „Parade der Demütigen“, eine Gegendemonstration ultra-orthodoxer Juden.
Bereits im vergangenen Jahr wurde die Demonstration der gleichgeschlechtlichen Liebe in Jerusalem verschoben, und zwar wegen der Räumung des Gazastreifens. Als dann die Parade doch durchgeführt wurde, kam es zu Zusammenstößen der 4.000 Teilnehmer mit ultra-orthodoxen Gegnern, wobei ein junger Ultra-orthodoxer drei Demonstranten durch Messerstiche verletzte. Dreizehn fromme Juden wurden verhaftet, nachdem sie versucht hatten, den Homosexuellen-Umzug durch Straßensperren aufzuhalten.
Das „Offene Haus“, das die Organisation der Homosexuellen-Demonstration in Jerusalem vorantreibt, erklärte, man werde sich nicht von der Veranstaltung abbringen lassen. Die „Pride and Tolerance Parade“ in Jerusalem sei eine „Menschenrechtsdemonstration“, in der es darum gehe, „Meinungsfreiheit und Pluralismus zu fördern“, meinte die Vorsitzende des „Offenen Hauses“, Noa Satatt. Laut der Organisation „Mischpachah Chadaschah“ (Neue Familie) sind ein Prozent der israelischen Haushalte homosexuelle Lebensgemeinschaften.