JERUSALEM (inn) – Nach der Entscheidung der israelischen Regierung über die Auflösung des Religionsministeriums bemühen sich Premierminister Ariel Scharon und die Abgeordneten der National-Religiösen Partei (NRP) um eine Lösung der schweren Regierungskrise. Die NRP-Fraktion hatte angedroht, die Koalition zu verlassen – eine endgültige Entscheidung wird jedoch erst nach den Sukkot-Feiertagen in acht Tagen erwartet.
Die Regierung hatte am Donnerstag mit 18 zu drei Stimmen der Auflösung des Religionsministeriums zugestimmt. Die Rabbinergerichte und die beiden Oberrabbiner Schlomo Amar und Jona Metzger sollen künftig Justizminister Tommy Lapid (Shinui) unterstellt werden. Die Auflösung des Religionsministeriums war Inhalt der Koalitionsvereinbarung zwischen Scharons Likud-Block und der radikal-säkularen Schinui-Partei unter Lapid.
Kurz vor der Abstimmung der Regierungskoalition hatten der Vorsitzende der NRP und Wohnungsbauminister Effi Eitam sowie Sozialminister Sevulun Orlev (ebenfalls NRP) den Sitzungsraum verlassen. Tourismusminister Benny Elon und Transportminister Avigdor Liebermann von der Nationalen Union sowie der Likud-Abgeordnete Usi Landau stimmten gegen die Auflösung des Religionsministeriums.
Sozialminister Orlev kritisierte die Entscheidung mit scharfen Worten. „Das bedeutet eine Religionskrise“, sagte Orlev. „Es kann nicht sein, daß der Bock zum Gärtner gemacht wird. Der Oberste Rabbi der Säkularen soll die Kontrolle über die religiösen Rabbinergerichte erhalten: Tommy Lapid die Verantwortung über die Rabbinergerichte zu übertragen ist wie (den arabischen Abgeordneten) Achmed Tibi zum Verteidigungsminister zu ernennen“, sagte Orlev.
Die beiden Obersten Rabbiner Israelis, Schlomo Amar und Jona Metzger, drohten unterdessen mit Rücktritt. Auch wenn die Auflösung des Religionsministeriums bereits in der Koaltionsvereinbarung festgelegt und seitens der National-Religösen Partei verabschiedet worden sei, so habe Scharon mit der Unterstellung der Rabbinergerichte unter die Kontrolle des säkularen Justizministers Lapid eine falsche Entscheidung getroffen, lautete die Begründung.
Da die Schinui-Partei in der Koalition mit 15, die NRP jedoch lediglich mit fünf Abgeordneten vertreten ist, sei Scharon die Zustimmung zur Forderung von Schinui-Chef Lapid relativ leicht gefallen, so politische Beobachter. In Kreisen der Regierung wird bereits über einen Beitritt der linksgerichteten Arbeitspartei (Avoda) in die Koalition gesprochen, sollte die NRP ihre Rücktrittsdrohungen wahr machen.
Ob es jedoch wirklich zum Rücktritt der NRP-Abgeordneten aus der Regierungskoalition kommt, steht noch nicht fest. Eine endgültige Entscheidung wird in einer Sitzung nach den Sukkot-Feiertagen am 18. Oktober erwartet.