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Dem Untergang entgegen? Der Iran und Israel

„Es gibt zweierlei Iran“, betont der iranisch-amerikanische Journalist Amir Taheri. „Der Iran als Nationalstaat hat überhaupt keinen Grund zur Feindschaft gegen Israel. Es gibt keine Streitigkeiten über Grenzen, Märkte oder natürliche Ressourcen.“ Auch sollte nicht vergessen werden, dass zu Zeiten des Schah der Iran einer der wichtigsten Handelspartner und strategischen Verbündeten des jüdischen Staates im Nahen Osten war.

Viele Iraner informieren sich durch die britische BBC. Sie sind überzeugt, dass die BBC im ganzen Iran Agenten hat. Daneben sind aber vor allem die persischen Sendungen des israelischen Senders „Kol Israel“, der „Stimme Israels“, sehr beliebt. „Die Israelis haben den Ruf, alles zu wissen“, erzählt ein Exiliraner, der heute in Israel lebt, „wenn die Israelis etwas sagen, dann muss das einfach wahr sein“. „Es gibt keine anti-israelischen oder antisemitischen Ressentiments in der iranischen Gesellschaft“, meint Taheri, und der in Isfahan aufgewachsene Israeli Meir Dschavedanfar behauptet, dass viele Iraner die israelische Befreiungsaktion der Geiseln von Entebbe im Juni 1976 kennen und bewundern. Für sie ist der Staat Israel ein Vorbild im Blick darauf, wie er seine Bürger schützt.

Im islamistischen Iran hat Israel das Image des „Teuflischen“ und zugleich „Mächtigen“. Aber der Iranexperte Dr. Schmuel Bar vom Interdisziplinären Zentrum in Herzelia ist der Überzeugung, „dass die Iraner im Durchschnitt keinen Konflikt mit Israel wollen. Ich denke, die Dämonisierung Israels kann unter einem anderen Regime rückgängig gemacht werden.“

„Der Iran als Frucht der islamischen Revolution muss Israel hassen und sich verpflichten, es zu zerstören“, beschreibt Amir Taheri die zweite Seite des Iran. 2005 machte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad Schlagzeilen mit der Forderung, den „Schandfleck Israel“ „von der Landkarte zu wischen“. Diese Ansicht ist keineswegs originell sein eigene, sondern lediglich eine Wiederholung dessen, was bereits sein geistiger Vater Ajatollah Ruhollah Chomeini in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts propagiert hatte. Seit der islamischen Revolution des Jahres 1979 weigert sich der Iran, das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat anzuerkennen.

Mahmud Ahmadinedschad begnügt sich nicht damit, die israelische Regierung als „Gruppe von Terroristen“ zu bezeichnen, der das Handwerk gelegt werden müsse. Er droht jedem Land, das Israel unterstützt, mit demselben Schicksal. An die USA und ihre Verbündeten gerichtet meinte er: „Es ist in Ihrem eigenen Interesse, sich von diesen Kriminellen zu distanzieren“, um dann hinzuzufügen: „Dies ist ein Ultimatum. Beschweren Sie sich morgen nicht.“

Ein ehemaliger Mitarbeiter im Regime des Schah, der darum bat, namentlich nicht genannt zu werden, besuchte Anfang Januar 2007 als Gast des ersten israelischen Botschafters im Iran, Meir Esri, Israel. Bei der Eröffnung des Esri-Zentrums für iranische Studien an der Universität Haifa warnte er: „Sie müssen sich Sorgen machen wegen Ahmadinedschad. Er ist unberechenbar und in der Lage, die ganze Region in Brand zu stecken.“

Bereits vor ein paar Jahren meinte der im Westen als gemäßigt geltende ehemalige iranische Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani: „Eine islamische Atombombe könnte Israel zerstören. Selbst wenn Israel dann noch einige muslimische Städte zerstören könnte, wäre es das doch wert.“ Sein Nachfolger Ahmadinedschad dagegen will vom Einsatz einer Atombombe bislang nichts wissen.

In einem Interview mit dem amerikanischen TIME-Magazine erklärte er im Herbst 2006, wie er sich ein Verschwinden Israels von der Landkarte konkret vorstellt: „Fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge sollen nach Hause zurückkehren. Dann sollen die Leute in diesem Land ihr eigenes politisches System wählen. Das ist demokratisch.“ Kurze Zeit später unterstrich er dies in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN noch einmal: Juden, Christen und Muslime in Israel und den Palästinensergebieten sollten gemeinsam über ihr Schicksal entscheiden dürfen.

Im allgemeinen Trubel um den Iran als werdende Atommacht sind diese doch sehr viel toleranter klingenden Aussagen des iranischen Präsidenten fast ungehört verklungen. Ein Rückkehrrecht von palästinensischen Flüchtlingen aus aller Welt in das Land zwischen Jordan und Mittelmeer scheint vielen zur Lösung des Nahostkonflikts durchaus plausibel. Der Alptraum einer demografischen Lösung für das Problem des Judenstaates ist deshalb manchem Experten in Israel sehr viel drängender, als die Befürchtung, in einem Atominferno unterzugehen. Hinzu kommt, dass ein frommer Muslim wie Mahmud Ahmadinedschad wohl kaum das Fortbestehen der drittheiligsten Stätte des Islam, der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem, durch einen Atomschlag gefährden würde. Berechtigt steht so die Frage im Raum, ob ein atomar aufgerüsteter Iran nicht eine viel größere Gefahr für den „dekadenten Westen“ wäre, als für das jüdische Israel.

In den vergangenen Monaten kam dann noch eine konzertierte Anstrengung hinzu, den Holocaust als „Mythos“ zu „entlarven“. Auch im Blick auf die Leugnung des Holocaust gibt sich Mahmud Ahmadinedschad harmloser, als vielfach dargestellt: „Ich habe nur Fragen gestellt. Und ich habe keine Antworten auf meine Fragen bekommen.“ Und: „Wenn es passiert ist, war es ein historisches Ereignis. Warum lässt man dann keine unabhängige Forschung zu?“ Den Angriff auf seine „Fragen“ schließlich beantwortet er geschickt mit einer Gegenfrage: „Warum ehrt man eigentlich sechs Millionen Tote von den insgesamt 60 Millionen Toten des Zweiten Weltkriegs so viel mehr?“

Anfang Januar 2007 setzte der Ahmadinedschad-Berater Mohammad Ali Ramin dem Geschichtsrevisionsgebräu aus Teheran noch das Sahnehäubchen auf mit der Behauptung, Hitler sei eigentlich der Sohn einer jüdischen Hure gewesen. Von jüdischem Selbsthass motiviert habe seine Politik auf die Errichtung des jüdischen Staates gezielt. Und der iranische Präsident selbst gab zu Protokoll: „Dieselben Leute, die um Hilfe für die Juden flehten, haben durch ihre Verschwörungen veranlasst, dass die Juden aus Europa und anderen Ländern fliehen mussten.“ Meir Dschavedanfar erklärt: „Was Ahmadinedschad über den Holocaust und den Westen sagt ist das, was Muslime gerne sagen würden, es aber nicht wagen, weil ihre Länder unter der Kontrolle der USA stehen.“

Kein Widerspruch indes zur offiziellen Einstellung der Islamischen Republik Iran ist, dass Israelis bis heute Persien bereisen können. In den vergangenen zwei Jahren haben ungefähr hundert Israelis ein Besuchsvisum für den Iran erworben, meist über das iranische Konsulat in Istanbul. Da der Iran keine Visa in Pässe mit israelischen Stempeln erteilt, müssen Israelis, die das Land bereisen wollen, entweder einen iranischen Pass oder aber spezielle Reisedokumente beantragen.

Wiederholt ist es vorgekommen, dass Israelis im iranischen Konsulat in Istanbul stundenlangen Verhören unterzogen wurden. Einigen Israelis wurde nach der Einreise in den Iran die Reisepapiere entzogen. Sie wurden verhört und saßen in manchen Fällen mehrere Monate lang im Iran fest. Um iranisch-stämmige Israelis unter Druck zu setzen, ist es auch vorgekommen, dass deren Verwandte im Iran verhaftet wurden. Inoffiziellen Angaben zufolge sollen 100.000 persische Juden in Israel leben. Die größten persisch-stämmigen Gemeinden gibt es in Holon, Bat Jam und Jerusalem.

Nach Erkenntnissen des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Beit haben sich zehn Israelis, darunter einige Juden, während eines Iranaufenthalts vom persischen Geheimdienst anwerben lassen. In einem Fall gab ein Israeli gegenüber Schin Beit-Ermittlern zu, von iranischen Agenten gebeten worden zu sein, einen Verwandten, der für israelische Sicherheitsdienste gearbeitet hat, zu rekrutieren. „Die Iraner betreiben eine intensive Spionage im Blick auf Israel“, erklärte ein hoher Schin Beit-Vertreter und forderte gleichzeitig, den Iran endlich rechtlich zum Feindland zu erklären, was eine Reise dorthin für israelische Staatsbürger illegal machen würde. Menasche Amir, ein Iran-Experte, der für die persisch-sprachigen Sendungen von Radio „Kol Israel“ arbeitet, befürchtet, dass eine verschärfte Gesetzgebung gegenüber dem Iran vor allem zur Folge haben würde, dass Israelis im Iran als Geiseln festgehalten werden.

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