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„Dein muslimischer Ehemann ist ein Jude“

JERUSALEM (inn) - Im Jahr 1952 hatte Israel Spione des Inlandsgeheimdienstes Schabak (Schin Bet) in palästinensische Dörfer und Städte geschickt. Die Agenten bauten sich dort unter falschem Namen eine Identität auf. Noch heute, 60 Jahre danach, leiden deren Familien unter den Folgen.

"Dein Ehemann ist nicht der, für den Du ihn hältst", sagte ein Mossad-Offizier den zehn Frauen, die ihm im Jahr 1964 in Paris gegenübersitzen. "Er ist kein Araber. Dein Ehemann ist ein Jude, der in Deinem Dorf eine Mission für das israelische Verteidigungsministerium ausführte." So erfuhren die palästinensischen Frauen, dass die Väter ihrer Kinder als Spione für den Schabak arbeiteten, berichtet die Tageszeitung "Jediot Aharonot".

Ein ranghoher Mitarbeiter des Schabak, Schumel Moriah, hatte die jungen Männer Anfang der 1950er über ein Jahr lang als Spione ausgebildet. Sie erlernten den palästinensischen Dialekt, studierten den Koran und erwarben spezielle Spionage-Techniken. Sie wurden zu Palästinensern gemacht. Anschließend sandte der Geheimdienst sie in palästinensische Ortschaften aus. Dort lebten sie unter falscher Identität und mit einer geschickt erdachten Lebensgeschichte: Sie waren Flüchtlinge, die im Unabhängigkeitskrieg gedient hatten. Das zumindest erzählten sie ihren Freunden dort.

Es war eine Unterwanderung des Feindes. In dem Fall, dass ein Krieg ausbrechen sollte, wollte der Schabak kompetente Männer vor Ort haben. Aus diesem Grund mussten die jungen Männer ihre Mission vor den eigenen Familien geheimhalten. Auch der Familie war es untersagt, Informationen über den Aufenthaltsort und die Tätigkeit ihrer Söhne zu sammeln. Die echten Namen sind bis heute noch vertraulich, berichtet die "Jediot Aharonot".

Heirat erwünscht

Schnell wurde klar, dass die zehn Männer sich Ehefrauen suchen mussten, um das Vorhaben auch in den palästinensischen Ortschaften geheim zu halten. "Unsere Jungs hatten keine andere Wahl", sagte Moriah, "Es wäre verdächtig gewesen, wenn starke junge Männer alleine geblieben wären." Der Schabak trug ihnen nicht auf, zu heiraten. Aber die Erwartung sei vorhanden gewesen, erzählt Moriah in der "Jediot Aharonot". Die meisten Agenten seien in dieser Zeit die Ehe mit jungen arabischen Frauen eingegangen.

Anfang der 1960er Jahre wuchs der Druck auf den Schabak, die Agenten in ihre Heimat zurückzuholen. Die Spionage-Erfolge waren mäßig, der Aufwand daher nicht lohnenswert. Der Geheimdienst entschied sich schließlich für eine Heimkehr der Spione. Diese wiederum gerieten nun in ein Dilemma: Sie konnten ihre Frauen und Kinder in den palästinensischen Dörfern zurücklassen oder sie bitten, zum Judentum zu konvertieren.

Folgen bis heute sichtbar

Da die Spione ihre Familien nicht verlieren wollten, heißt es in der "Jediot Aharonot", konvertierten die Frauen 1964 in Paris schließlich zum Judentum. Der Mossad hatte die Frauen zur Übermittlung dieser Informationen extra in die französische Hauptstadt fliegen lassen. Auf Grund eines speziellen Dispens konnten auch deren Kinder zum Judentum übertreten.

Bis heute haben sowohl die Angehörigen als auch die Agenten selbst mit den Folgen zu kämpfen. Viele begaben sich in psychologische Behandlung. "Wir haben versucht, die betroffenen Menschen zu rehabilitieren. Aber wir waren nicht erfolgreich", sagte Moriah. "Vor allem die Kinder erlitten ein schwerwiegendes Trauma." Sie hätten versucht, ihre Vergangenheit und ihren Ursprung zu vergessen, aber es sei ihnen nicht gelungen. Viele litten noch heute an den Folgen der Vergangenheit.

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