In dem Bericht beruft sich "Ha´aretz" auf einen nicht namentlich genannten ranghohen israelischen Vertreter. Nach dessen Angaben sei im engen Kreis von acht Ministern die Mehrheit gegen eine militärische Operation im Iran. Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak hätten unlängst Außenminister Avigdor Lieberman überredet, einen solchen Schritt zu unterstützen. Dieser habe zuvor einen Militärschlag abgelehnt.
Am Freitag hatte die israelische Zeitung "Yediot Aharonot" eine Kolumne von Nahum Barnea abgedruckt, in der ein besorgter Tonfall bezüglich der iranischen Bedrohung vorherrschte. Der Artikel erschien unter der Hauptschlagzeile "Atomarer Druck". Dies hat nach Ansicht von "Ha´aretz" die Debatte aus den geschlossenen Räumen auf die Titelseiten der Medien zurückgebracht: "Journalisten konnten plötzlich den Premierminister und den Verteidigungsminister fragen, ob sie vorhaben, den Iran in naher Zukunft anzugreifen – und die politische Szene ging drunter und drüber."
Netanjahu warnte am Montag in der Knesset vor der wachsenden Macht und dem zunehmenden Einfluss des Iran. Am Dienstag machten Minister öffentlich Andeutungen, dass Israel die Islamische Republik angreifen könnte. Barak forderte, der jüdische Staat solle sich nicht einschüchtern lassen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Israel die Nuklearanlagen im Iran angreifen werde. "Wir verbergen unsere Gedanken nicht. Doch es gibt Themen, die wir nicht in der Öffentlichkeit diskutieren", sagte der Verteidigungsminister. "Wir müssen auf jede mögliche Weise handeln und keine Optionen sollten ausgeschlossen werden." Nach seiner Meinung müssten diplomatischer Druck und Sanktionen gegen den Iran zum Tragen kommen.
Der Minister für Strategische Angelegenheiten, Mosche Ja´alon, würde einen amerikanischen Angriff einem israelischen vorziehen. "Ein militärischer Schritt ist der letzte Ausweg", sagte er.
"Öffentlichkeit muss nicht alles erfahren"
Geheimdienstminister Meridor äußerte gegenüber der Tageszeitung "Ma´ariv" Kritik an der Diskussion. "Eine öffentliche Debatte über ein solches Thema ist schlicht ein Skandal. Ich denke nicht, dass es jemals eine solche Debatte gab. Es handelt sich um eine Schädigung der grundlegenden Fähigkeit des Staates, geführt zu werden. Nicht alles muss zu einer öffentlichen Diskussion werden."
Meridor wies die Vorstellung zurück, die Öffentlichkeit habe ein Recht, über das Thema informiert zu werden. "Die Öffentlichkeit wählt eine Regierung, die über solche Dinge geheim entscheidet. Das Recht der Öffentlichkeit beinhaltet keine Diskussion über ein solches Thema." Er forderte Medien, Politiker und Öffentlichkeitsvertreter auf, verantwortungsvoll mit dem Thema umzugehen. "Es gibt Themen, bei denen man es der Regierung ermöglichen muss, Entscheidungen abseits der Kameras zu treffen."
Außenminister Lieberman sagte am Mittwoch im Gespräch mit dem israelischen Rundfunk, der Iran stelle die größte, gefährlichste Bedrohung für die gegenwärtige Weltordnung dar. Israel erwarte von der internationalen Gemeinschaft, dass sie die Bemühungen intensiviere, dagegen vorzugehen. Die öffentliche Diskussion kritisierte auch er: "99 Prozent aller Berichte haben keine Verbindung zur Wirklichkeit."
Ein Sprecher Netanjahus wollte sich am Mittwoch nicht zu dem Thema äußern. "Wir kommentieren nicht jede Spekulation in der Zeitung", sagte Mark Regev laut der Nachrichtenagentur dpa.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) will am 8. November einen neuen Bericht vorlegen. Dieser könnte entscheidende Wirkung auf Israels Beschlüsse haben. Westliche Experten halten einen Angriff im Winter für fast unmöglich. Dichte Wolken würden die Luftwaffe an einer Operation hindern.