FRANKFURT/MAIN (inn) – Der Botschafter des Staates Israel in Deutschland, Shimon Stein, hat sich in die Debatte um die geplante Rede von Bundespräsident Horst Köhler vor der Knesset eingeschaltet. In einem Leserbrief in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Freitag wies er darauf hin, dass in Israel noch immer Menschen lebten, die begründete Probleme mit der deutschen Sprache hätten.
Stein reagierte damit auf einen Artikel des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki in derselben Zeitung vom 18. Januar. Reich-Ranicki, der ein Überlebender des Warschauer Gettos ist, hatte die Boykottandrohung einiger israelischer Abgeordneter kommentiert, die gegen eine Rede des Bundespräsidenten in deutscher Sprache waren. „Diese Boykottdrohung ist betrüblich, beschämend und unbegreiflich“, schrieb Reich-Ranicki. Schließlich sei die deutsche Sprache von den Nazis missbraucht worden. Auch Juden wie Heinrich Heine, Franz Kafka, Paul Celan und Theodor Herzl hätten in dieser Sprache geschrieben.
Er respektiere diese Meinung von Reich-Ranicki, so Stein, und er wisse um die Relevanz der deutschen Sprache „in Bezug auf Juden in Politik, Kultur, und Wissenschaft“. Dies sei auch den Israelis bewusst. Manche Menschen in Israel hätten jedoch Schwierigkeiten damit, „diese Sprache in ihrem Parlament zu hören“. Stein leuchte es nicht ein, was an dieser Haltung „betrüblich, beschämend und letztlich unbegreiflich“ sei.
Auf Reich-Ranickis Stellungnahme selbst treffe dies zu, und sie sei darüber hinaus „unerträglich überheblich“, so Stein. Reich-Ranickis Kommentar zeige eine „Intoleranz gegenüber Menschen, die auch heute noch psychisch leiden, wenn sie die deutsche Sprache hören und nie Frieden gefunden haben nach allem, was sie erlitten haben.“
Letzten Endes, so Stein, sei es Bundespräsident Köhler ohnehin erlaubt, seine Rede auf Deutsch zu halten – „genauso wie sein geschätzter Vorgänger Johannes Rau“.