In die Außenministerien in Dublin, London und Berlin einberufene israelische Diplomaten sagten, dass sie bei den Ermittlungen „nicht behilflich sein könnten“, weil sie von nichts wüssten. Über echte Beweise verfügt auch die EU nicht. In Brüssel ist von einem Komplott die Rede, das dem israelischen Geheimdienst Mossad „zugeschrieben“ wird. Weiter heißt es, dass Israel nur „indirekt“, also ohne Namensnennung, wegen der Passfälschungen und der „außergerichtlichen Hinrichtung“ in Dubai verurteilt werden solle. Premier Benjamin Netanjahu sagte bei einem Besuch in Moskau lediglich, er habe etwas in der Zeitung gelesen.
Der Polizeichef von Dubai ist sich „fast hundertprozentig“ sicher, dass der Mossad die Killer geschickt habe, hat aber keinen stichhaltigen Beweis geliefert. Bis heute konnte die Identität der Mörder nicht ermittelt werden, trotz unscharfer Bilder der Überwachungskameras, eingescannter Pässe, Kreditkarten, Simkarten von Handys, abgehörter Telefongespräche und Flugkarten.
Zwischen 11 und 18 Agenten sollen Mabhuh mit Stromschlägen gefoltert und mit einem Kissen erstickt haben. Nicht einmal die wahre Todesursache des Waffenhändlers und Mörders der israelischen Soldaten Ilan Sa´adon und Avi Sasportas 1989 wurde nach pathologischen Untersuchungen in Paris veröffentlicht.
Die Europäer sind über den Missbrauch ihrer mutmaßlich gefälschten Pässe empört. Unklar bleibt, wer sie gefälscht hat und was gefälscht wurde. Ein gewisser Michael Bodenheimer habe in Köln innerhalb von 48 Stunden einen echten deutschen Pass ausgehändigt bekommen, obgleich sich die Bundesdruckerei normalerweise mehrere Wochen Zeit nimmt. Das hat der „Spiegel“ herausgefunden. Nun aber fragt sich, wer dieser spurlos verschwundene „Michael Bodenheimer“ ist. Der einzige in Israel lebende Michael Bodenheimer, ein älterer Rabbi mit weißem Rauschebart, Doppelstaatler mit amerikanischer und israelischer Staatsbürgerschaft, dürfte mit dem in Dubai gefilmten Agenten im Tennis-Dress nichts gemein haben.
„Israelis müssen mit israelischem Pass einreisen“
Eine britische Zeitung habe entdeckt, dass die israelische „Einwanderungsbehörde“ die europäischen Pässe israelischer Staatsbürger „heimlich“ eingescannt habe, um deren Identität für die gefälschten EU-Pässe zu stehlen. Auch diese Behauptung scheint ein Produkt der Fantasie zu sein. In Frankfurt und in Dubai werden die Pässe ganz offen eingescannt. In England und Irland werden Einreisende fotografiert. In Israel wird lediglich der Code am unteren Passrand eingescannt. Zudem sagt Polizeisprecher Mickey Rosenfeld, dass israelische Bürger mit ihrem israelischen Pass nach Israel einreisen müssen und dass nicht nach fremden Zweitpässen gefragt wird: „Das weiß ich aus eigener Erfahrung.“ Sollte es nur um gestohlene Identitäten gehen, also Name, Geburtsdatum und ähnliches, so können derartige Angaben in vielen Fällen offen aus dem Internet bezogen werden.
Eine andere britische Zeitung will erfahren haben, dass Netanjahu die Killer von Dubai getroffen und ihnen Glück gewünscht habe: „Das Volk Israel ist stolz auf Euch“. Der namenlose Informant dieses vermeintlichen Beweises für eine israelische Täterschaft wurde lediglich als jemand beschrieben, „der sich auskennt“. Die israelischen Medien sind fest davon überzeugt, dass es nur der Mossad gewesen sein könnte. Ein Kommentator der Zeitung „Ha´aretz“ forderte schon den Rücktritt des Chefs der „Institution“ (wörtliche Übersetzung von Mossad), Meir Dagan, wegen der „Panne“, so viele Agenten „verbrannt“ und mit der Identität unbescholtener israelischer Bürger ausgestattet zu haben.
Ungute Gefühle produzierte dieser ungelöste internationale Kriminalfall auch bei der Hamas und bei der Palästinensischen Autonomiebehörde. Die Hamas dementierte Berichte, wonach sich Spione des Mossad in die islamistische Organisation eingeschlichen hätten. Doch irgendjemand muss Mabhuh verraten haben. War der Palästinenser etwa so fahrlässig, seine Familie im Gazastreifen über Reisepläne nach Damaskus, Dubai und China über ein abgehörtes Telefon informiert zu haben?
Offene Fragen
Zudem wurden zwei ehemalige Geheimdienstleute der Fatah-Partei in Jordanien festgenommen und nach Dubai ausgeliefert. Hatte der Hamas-Waffenhändler vielleicht andere Feinde, etwa in Ägypten oder Jordanien, im Iran oder an einem anderen Ort? Inzwischen behauptet die Polizei in Dubai, dass auch Diplomatenpässe benutzt worden seien, doch Informationen dazu hält sie noch unter Verschluss. Fast alle Fragen sind noch offen, trotz einer Unmenge an Informationen und schnellen Spekulationen. Vieles wird auch noch in Dubai unter Verschluss gehalten, sodass weiterhin abgewartet werden muss, bis die Täter als Angehörige des Mossad nachgewiesen werden können.