HAMBURG (inn) – In einem Beitrag für die Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ hat der niederländische Schriftsteller Leon de Winter scharfe Kritik an der einseitigen Berichterstattung europäischer Medien über den Nahost-Konflikt geübt – und Europa eine Mitschuld an der anhaltenden palästinensischen Gewalt gegeben.
De Winter kritisierte in seinem Beitrag mit dem Titel „Ich klage an“ die mangelnde Darstellung von Hintergründen, auf der der Kampf der Palästinenser gegen Israel beruht.
„Im kollektiven Gedächtnis der öffentlichen Meinung verschwinden die Tatsachen mit rasender Geschwindigkeit. In den letzten Tagen ist die Ursache der massiven Anwesenheit israelischer Soldaten in den Städten des Westjordanlandes kaum mehr erwähnt worden. Es scheint mir sinnvoll, Folgendes in Erinnerung zu rufen: Israelische Panzer stehen in Ramallah und Hebron, weil am 27. März dieses Jahres in Netanja ein Anschlag verübt worden ist. Im Park Hotel sprengte ein Mann aus dem palästinensischen Dorf Tulkarem sich selbst und 26 Juden in die Luft. Diese Juden waren zusammengekommen, um miteinander Pessach zu feiern, den wichtigsten Abend in der jüdischen Tradition. (…)
Der Selbstmörder, der am Seder-Abend das Park Hotel von Netanja betrat, um möglichst viele Juden zu vernichten, hat damit auch einen Anschlag auf diese Werte begangen. Seine Tat drückt Verachtung aus, nicht nur für sein eigenes Leben und das Leben der Menschen, die er in den Tod jagte, sondern auch Verachtung der jüdischen Kultur, der Würde und Wahrheit des Lebens. Seine Tat war keine Äußerung des Widerstands gegen die israelische Besetzung seines Dorfes, sondern es war eine Tat, die von jedem Juden der Welt nur auf eine Art verstanden werden konnte: als Botschaft, dass im Nahen Osten Juden niemals geduldet würden. Sein Anschlag war eine Kriegserklärung. Israel hatte keine andere Wahl, als gegen die palästinensischen Städte vorzugehen, die Menschen wie den Selbstmörder von Netanja hervorbringen.“
Den Medien in Europa wirft der Schriftsteller zudem „Bequemlichkeit, mangelnde Kenntnis und die Political Correctness der Stunde“ vor. So sei auch die Berichterstattung über Vergeltungsmaßnahmen der israelischen Armee nicht ausgewogen und ignoriere wesentliche Fakten:
„(…) Wenn ein Gebäude zerstört wird, werden die Palästinenser im Voraus gewarnt. Und die Palästinenser vertrauen darauf. Sie wissen, dass die Israelis nie mit gleicher Münze zurückzahlen und niemals gut besuchte Restaurants, Cafés oder Hotels in Hebron oder Ramallah in die Luft jagen würden, sondern dass sie als westliche Demokratie immer peinlich genau die Verantwortlichen für die Anschläge herausfinden müssen und dass sie bei einem Irrtum unerbittlich durch die eigene und die westliche Presse gestraft werden. Die Straßensperren sind einer kultivierten Nation unwürdig und die Vergeltungsaktionen nicht immer verhältnismäßig – trotzdem sind es unbedeutende Maßnahmen, verglichen mit der Art, wie sich Araber gegenseitig oder die arabischen Obrigkeiten ihre Untertanen behandeln.
Die palästinensische Propaganda und die westeuropäischen Medien wollen es so darstellen, als mache sich Israel eines Genozids schuldig. Täglich werden Berichte über Massenexekutionen verbreitet. Bequemlichkeit, mangelnde Kenntnis und die Political Correctness der Stunde geben den Journalisten offenbar das Gefühl, sie sollten nicht übermäßig differenzieren und die Bilder grausamer Panzer, die unschuldige Bürger terrorisieren, für sich selbst sprechen lassen. Aber Bilder sprechen selten für sich selbst. Eine Reportage der ARD hat unlängst ernsthafte Zweifel über den Tod jenes palästinensischen Jungen geäußert, der am 6. Oktober 2000 durch gezielte israelische Schüsse in den Armen seines Vaters starb. Er wurde noch am selben Tag zum Poster-Boy des Aufstands. Die deutsche Reportage nannte nun Indizien, nach denen der Junge möglicherweise nicht durch israelische, sondern durch palästinensische Kugeln getötet worden sei. Aber scheinbar genierte sich die niederländische Presse des Zweifels – es kam zu keiner diesbezüglichen Meldung.“
Daher seien parteiliche Journalisten und feige Politiker, so de Winter, mitverantwortlich für die Gewalt gegen Israel. Israel sei eine Demokratie nach westlichem Vorbild „in einem Meer von arabisch-islamischen Diktaturen“ und werde von Europa sträflich allein gelassen.
Die vollständige Vernichtung des israelischen Staates sei das Ziel einflußreicher palästinensischer Kreise, und diese Haltung werde von der europäischen Politik insgeheim gebilligt. Palästinenserführer Arafat sei ein „Räuberhauptmann“, dessen „korruptes, unrechtmäßiges Regime“ von der europäischen Politik unterstützt werde.
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