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Beim gefährlichsten „Feind“ des Iran

"Tod den Israelis", brüllten die Männer in der Teheraner Universität, als der geistige Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, den Westen beschuldigte, die Unruhen im Iran zu schüren. Besonders hob er BBC, "Voice of America" und das "israelisch-zionistische Radio" hervor, schreibt Ulrich W. Sahm.

In der engen Königin Helena-Straße in Jerusalem steht ein heruntergekommener Palast der Mutter des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie. Während der britischen Mandatszeit sendete von hier der Radiosender „Stimme Jerusalems“, bis die jüdische Terrorgruppe Etzel am 2. August 1939 an dem Ort eine Bombe legte. In dem völlig verbauten Gebäude in einem Wirrwarr aus Baracken und Anbauten hat sich später „Kol Israel“, der israelische Rundfunk, bei den äthiopischen Eigentümern eingemietet. Bis heute hängen Kabel und Stromleitungen wie Girlanden zwischen den alten Bäumen.

„Studio 9“ gleicht einer Rumpelkammer mit vorsintflutlichen Tonbandgeräten und einem 17-Zoll Computer-Röhrenbildschirm. Am Mikrofon hinter der Glasscheibe sitzt Menasche Amir, 69. Seine Stimme ist im ganzen Iran bekannt und in Israel gilt er als Iranexperte.

Geschätzte zwei bis sechs Millionen Iraner hören regelmäßig die persischen Sendungen von „Kol Israel“. Amir berichtet: „Ajatollah Chomeini war ein begeisterter Hörer, erzählte mal seine Frau. Ein iranischer Premierminister gestand, uns jeden Tag anzuhören, weil er von uns die glaubwürdigsten Informationen erhalte. Unter Premierminister Itzhak Schamir streikten zwei Monate lang Israels Radio und Fernsehen. Im Iran ging der Witz um, dass Chomeini in einer geheimen Botschaft Schamir angeboten habe, die Gehälter der Mitarbeiter von Kol Israel zu bezahlen, weil Chomeini wieder erfahren wollte, was in seinem Land passiert.“

Aus Liebe zu den Hörern

Amir hat ab 17 drei Jahre lang bei der Teheraner Zeitung „Kehan“ gearbeitet, bevor er nach Israel auswanderte. Seit 1959 arbeitet er in der „persischen Abteilung“ der „Stimme Israels“. Obgleich seit vier Jahren pensioniert, ist er weiter auf Sendung, „weil ich meine Hörer so liebe“. Über Chamenei, der vor den Sendungen aus Jerusalem warnte, sagt Amir: „Ich bin überzeugt, dass auch er ein treuer Hörer ist.“

Während BBC sechs Stunden persische Fernsehsendungen täglich in den Iran ausstrahlt, sendet „Kol Israel“ fünf Mal wöchentlich 85 Minuten Nachrichten ab 18.30 Uhr (iranische Zeit). Freitags und am Samstag ist es jeweils eine Stunde. Die Sendungen können über den Satelliten „Hotbird“ auf 2 Kanälen gehört werden, sowie auf zwei Internetseiten und per Kurzwelle.

„Das Regime will den Iran von der Außenwelt abschneiden“, sagt Amir. Die BBC habe auf „Arabsat“ ausweichen müssen, da sogar der Satellitenempfang gestört werde. Doch die Iraner seien sehr geschickt und fänden immer Auswege. Das sehe er anhand der IP-Adressen der Besucher der beiden persischen Internetseiten, die er für das israelische Außenministerium betreut. Dann gebe es viele Anrufe aus dem Iran, doch an zwei Tagen in der vergangenen Woche sei das Telefonnetz komplett gesperrt gewesen. Die Hörer meldeten sich bei Telefonnummern in Deutschland und würden nach Jerusalem weitergeleitet, wo sie dann auf Sendung ihre Gefühle schildern oder Augenzeugenberichte zu den Vorgängen abliefern, ohne Namen oder Wohnort zu nennen. „Wir wollen die Menschen nicht gefährden, haben aber noch nie gehört, dass jemand verhaftet worden wäre, weil er bei uns auf Sendung ging.“

Amir liefere mit seinem hochmotivierten Team ehemaliger Iraner die zuverlässigsten Informationen „von Käsepreisen bis hin zu Arbeitslosigkeit und Debatten im Parlament“. Er wollte nicht verraten, wie er brisante Mitschnitte erhält. Eine Abgeordnete habe mal in Teheran die Regierung kritisiert. Der Parlamentsvorsitzende rief ihr zu: „Hören Sie auf, der israelische Rundfunk wird das noch senden.“ Amir sendete den O-Ton noch am selben Tag.

Wahlbetrug auf dem Weg zur Atombombe

Schon drei Monate vor den Wahlen im Iran berichtete Amir über die Vorbereitungen zum umfassenden Wahlbetrug. Obgleich Mir Hossein Mussawi populärer war, wusste er, dass Mahmud Ahmadinedschad wieder „ernannt“ werden würde. Dieser sei auch vor vier Jahren durch Wahlbetrug an die Macht gelangt, um die Reformen seines Vorgängers Mohammed Chatami wieder rückgängig zu machen. Jetzt habe Ahmadinedschad die Mission, den letzten Schritt bis zur Atombombe zu vollenden, „weil er der Einzige ist, der dem internationalen Druck widerstehen kann“, so Amir.

Der Israeli wagt keine Prognose, behauptet gleichwohl, dass Chamenei einen „schweren Fehler“ begangen habe, indem er sich mit Ahmadinedschad und dem gefälschten Wahlergebnis identifiziert habe. So bleibe den Iranern keine Alternative, sich gegen das ganze Ajatollah-Regime zu erheben. Zu den Kontrahenten Ahmadinedschad und Mussawi sagt Amir, dass es bei ihnen außenpolitisch keinen Unterschied gebe. Doch innenpolitisch, bei den Bereichen Wirtschaft, Frauen, Freiheit und Demokratie, gibt Amir Mussawi den Vorzug.

Amir betont, keinerlei Verbindungen zum israelischen Geheimdienst Mossad zu haben. Er war vor einigen Tagen „schockiert“ über Behauptungen des Mossad-Chefs Meir Dagan, wonach die Wahlen im Iran „sauber und demokratisch“ verlaufen seien. „Wenn das die Meinung des Mossad ist, muss ich mir ernsthafte Sorgen machen, wie informiert die eigentlich über den Iran sind.“

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